Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
Geschäft beteiligt sind. Dieser respektvolle Umgang spiegelt, ähnlich wie die
Hochachtung vor dem britischen Pfund hundert Jahre zuvor, den realen und symbolischen Stellenwert des US-Dollars als internationale
Reservewährung wider. Wird der Yuan in den Rechnungsbüchern weltweit verstärkt akzeptiert, untergräbt er damit diesen Status
des Dollars.
Der Renminbi hat einen schweren Aufstieg vor sich, wenn er zur vorrangigen Weltwährung werden will. Selbst die Chinesen sind
nicht unbedingt daran interessiert, dass das zu schnell passiert. Damit wäre der Wechselkurs stärkeren Schwankungen ausgesetzt,
und der Renminbi würde noch weit mehr an Wert zulegen als bislang. Das wiederum würde Chinas Exporte verteuern. Außerdem müsste
China einige unliebsame Reformen durchführen – zum Beispiel die Beschränkungen für den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr
lockern und seine Währung voll konvertierbar machen. Außerdem müsste China die Reformen seines Finanzsystems vorantreiben
und deutlich mehr auf Yuan lautende Schuldtitel auflegen.
Obwohl die Chinesen eindeutig eine wichtigere Rolle für den Renminbi anstreben, sind sie nicht allzu erpicht darauf, dass
er in absehbarer Zeit zur globalen Reservewährung wird. Im Jahr 2009 schlug Zhou Xiaochuan, Chef der chinesischen Zentralbank,
etwas ganz anderes vor: eine neue supranationale Reservewährung als |348| Konkurrenz zum Dollar. 18 Zhous Vorschlag läuft auf eine Neuauflage der sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR) hinaus. Diese Quasiwährung, die 1969
unter der Leitung des IWF ins Leben gerufen wurde, kann nicht wie Papierdollars oder Euro von einer Hand in die andere übergehen.
Sie ist vielmehr eine Recheneinheit des IWF, deren Wert von vier zugrundeliegenden Währungen abgeleitet wird. Diese werden
unterschiedlich »gewichtet«. Der größte Anteil entfällt auf den Dollar, gefolgt vom Euro, dem Yen und dem Pfund. Wer Sonderziehungsrechte
hält, hat Anspruch auf die verschiedenen im »Basiskorb« befindlichen Währungen. Solche Instrumente können für viele Zwecke
eingesetzt werden, allen voran natürlich zur Abgeltung von Verbindlichkeiten gegenüber dem IWF.
Der prozentuale Anteil der Währungen im Korb wird alle fünf Jahre neu berechnet, und Zhous Vorstoß ließ keinen Zweifel daran,
dass China künftig eine Berücksichtigung seiner eigenen Währung erwartet. Mit am Tisch sitzen zu wollen ist aber nicht dasselbe
wie den ganzen Laden zu schmeißen. Tatsächlich berief sich Zhou auf das Triffin-Dilemma und trat vehement für die Schaffung
»einer internationalen Reservewährung ein, die von Einzelstaaten losgelöst und in der Lage ist, langfristige Stabilität zu
gewährleisten, um so die durch den Einsatz kreditbasierter Nationalwährungen verursachten inhärenten Unzulänglichkeiten zu
beseitigen.«
Bei der Entwicklung dieses Vorschlags blickte Zhou in die Vergangenheit und zur Konferenz von Bretton Woods im Jahr 1944.
Damals drängte John Maynard Keynes die Teilnehmer dazu, über die Einführung einer globalen Superwährung nachzudenken, den
sogenannten »Bancor«, dessen Wert auf einem Korb aus 30 Basisrohstoffen beruhen sollte. Die Amerikaner lehnten den Gedanken
seinerzeit ab und setzten den Dollar als globale Reservewährung durch – ein schicksalhafter Schritt, den Zhou als falsch kritisierte.
Keynes, so behauptete er, sei »weitsichtig« gewesen, und die Sonderziehungsrechte könnten ein Weg sein, seine Überlegungen
wieder aufleben zu lassen. 19
|349| Für den Augenblick ist die Vorstellung, dass die Sonderziehungsrechte zur globalen Reservewährung werden könnten, noch sehr
fantastisch. Die breite Einführung würde erfordern, dass eine beträchtliche Zahl privater und öffentlicher Parteien sie als
Recheneinheit verwendet. Dafür gibt es bislang keine Anzeichen. Die Sonderziehungsrechte sind vorerst eine Schöpfung des IWF.
Dessen ungeachtet macht das wachsende Interesse an einer Ausweitung ihrer Rolle deutlich, wie dringend China und viele andere
Schwellenländer den Dollar durch eine Währung ersetzt sehen möchten, die mehr Stabilität und Widerstandsfähigkeit gegen Krisen
und Zusammenbrüche bietet.
Doch ohne internationale Zusammenarbeit wird das nicht gehen. Das wiederum erfordert die Reform einer weiteren Einrichtung,
die aus jener entscheidenden Konferenz im Jahr 1944 hervorging: der Internationale Währungsfonds.
Globale Führungsprinzipien
Der rasche
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