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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Bewegungen des Marktes bestimmt.« 10
    Den Mythos des effizienten Marktes infrage zu stellen ist eine Sache, aber zu erklären, warum Märkte ineffizient sind, eine
     ganz andere. Diese Aufgabe fiel den Vertretern einer neuen Denkrichtung zu: der Verhaltensökonomik und der aus ihr abgeleiteten
     verhaltensorientierten Finanzierungslehre. Die Forscher auf diesen Gebieten versuchten, »Modelle der menschlichen Psychologie
     in Bezug auf die Finanzmärkte« zu entwickeln, wie Shiller später erklärte. 11 In den letzten Jahren haben sich zahllose Wirtschaftswissenschaftler für diese beiden Diziplinen interessiert. Viele von
     ihnen führten Experimente durch, um zu untersuchen, wie das Verhalten von Teilnehmern an Aktienbörsen und anderen Märkten
     zur Entstehung von Spekulationsblasen und Paniken führen kann.
    |65| Neueste Untersuchungen auf dem Gebiet der verhaltensorientierten Finanzierungslehre haben beispielsweise gezeigt, wie sich
     Spekulationsblasen aufblähen und sich selbst erhalten, um schließlich zu zerplatzen und die gesamte übrige Wirtschaft in Mitleidenschaft
     zu ziehen. 12 Die Feedback-Theorie erklärt zum Beispiel, wie sich Anleger, die irgendwo einen Preisanstieg beobachten, plötzlich für eine
     bestimmte »heiße« Anlage begeistern und mehr von ihr kaufen. Damit locken sie immer neue Anleger an, die das Spekulationsfieber
     weiter anheizen. Aufgrund dieses Feedbackmechanismus entbehren die Preise irgendwann jeder rationalen Grundlage und schrauben
     sich so lange nach oben, bis es nicht weitergeht. Dann stürzen sie plötzlich ab, schaffen eine »negative Blase«, und die Preise
     fallen ins Bodenlose. Dieser Preissturz ist genauso irrational wie der vorhergehende Anstieg, und so wie die Anlagen zuerst
     extrem überbewertet waren, können sie nun extrem unterbewertet sein.
    Vertreter der Verhaltensökonomik haben eine Reihe von Faktoren ausgemacht, die diesen Feedbackmechanismus verstärken. Zu diesen
     »fundamentalen Parametern des menschlichen Verhaltens«, wie Shiller sie nennt 13 , gehört unter anderem die »irrtümliche Selbstzuschreibung« 14 . Das heißt, Anleger, die an einer Spekulationsblase teilhaben, schreiben ihre Gewinne ihrer eigenen Weitsicht zu, und nicht
     etwa der Tatsache, dass Tausende andere gleichermaßen blinde Narren eine Spekulationsblase geschaffen haben. Wissenschaftler
     haben inzwischen eine ganze Reihe solcher Fehleinschätzungen, Verzerrungen und irrationalen Tendenzen identifiziert, die Spekulationsblasen
     nähren. Dazu gehören auch die sonderbaren Theorien, mit denen sie regelmäßig erklärt werden, allen voran die Behauptung, die
     alten Regeln besäßen keine Gültigkeit mehr und es sei »eine neue Ära« der Wirtschaft angebrochen.
    Diese Untersuchungen der irrationalen Dimension des wirtschaftlichen Verhaltens zeichnen ein weniger schmeichelhaftes Bild
     vom Funktionieren – oder Nichtfunktionieren – der Märkte. |66| Die Arbeiten von Shiller und anderen zeigen, dass der Kapitalismus alles andere als ein reibungslos schnurrendes, sich selbst
     regulierendes Gefüge ist. Im Gegenteil, es handelt sich um ein äußerst instabiles System.
    Diese Erkenntnis ist im Grunde nicht neu. Lange bevor die Verhaltensökonomik den Mythos vom effizienten Markt zerstörte, hatten
     schon zahlreiche Denker des 19. Jahrhunderts beobachtet, dass der Markt zwar großen Wohlstand erzeugen, dass er aber gleichzeitig
     extreme Boom-und-Bust-Phasen hervorbringen konnte. Diese Denker werden heute zwar kaum noch gelesen, doch sie sind nicht minder
     wichtig, weil ihre Ideen zeigen, wie unterschiedlich sich Krisen und ihre Konsequenzen verstehen lassen.
     
     
    Die Anfänge der Krisenwirtschaft
     
    Amerikaner stehen im Ruf, Optimisten zu sein. Deshalb waren es vermutlich auch sie, die sich die Hypothese des effizienten
     Marktes zu eigen machten. Europäer gelten dagegen eher als Pessimisten. Daher passt es, dass die ersten Krisentheorien aus
     Europa kamen.
    Der politische Denker und Wirtschaftstheoretiker John Stuart Mill war einer der Ersten, der sich ausführlicher mit der Krise
     beschäftigte. In seinem Buch
Grundsätze der politischen Ökonomie
(1848) versuchte er zu erklären, warum die Auf- und Abschwünge in seiner Zeit zum wirtschaftlichen Alltag gehörten. Mit seinen
     Beschreibungen nahm Mill moderne Verhaltensökonomen wie Shiller vorweg. Seiner Ansicht nach begannen Spekulationsblasen auf
     einen äußeren Anstoß hin – etwa die Entstehung eines neuen

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