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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Prozent ihrer Gewinne aus dem Wertpapierhandel beziehen, doch im Jahr 1996 hob der Notenbankrat
     diesen Anteil auf 25 Prozent an. Im Jahr darauf kaufte mit dem Bankers Trust die erste Geschäftsbank eine Investmentbank auf,
     und schon bald folgten andere Banken diesem Beispiel.
    Den Todesstoß erhielt der Glass-Steagall Act mit dem geplanten Merger von Travelers und Citicorp. Dieser Zusammenschluss sollte
     das traditionelle Bankengeschäft, das Versicherungsgewerbe und den Wertpapierhandel unter einem Dach vereinen und erzwang
     eine Entscheidung, denn das neue Finanzmonstrum wäre nach der bestehenden Gesetzgebung illegal gewesen. Nach intensiver |108| Lobbyarbeit löste der Kongress den Glass-Steagall Act Ende 1999 durch ein Gesetz zur Neuordnung des Geldmarktes ab. Damit
     war der Weg frei für weitere Zusammenschlüsse von Investmentbanken, Geschäftsbanken und Versicherungsunternehmen.
    Eine der Schlüsselfiguren bei der Abschaffung des Glass-Steagall Act war der Wirtschaftswissenschaftler und republikanische
     Senator Phil Gramm. Gramm setzte seinen Kreuzzug gegen die Regulierung des Finanzmarktes fort – besonders intensiv im Jahr
     2000, als er einem Haushaltsentwurf ein Gesetz zur Neuordnung des Waren-Futures-Marktes anfügte. Dieses Gesetz, das weder
     im Senat noch im Abgeordnetenhaus je diskutiert wurde, nahm weite Teile des Derivatmarktes von der staatlichen Regulierung
     aus. Zu den von der Kontrolle ausgenommen Instrumenten gehörten auch die Kreditausfallversicherungen, die es dem Käufer ermöglichten,
     sich gegen Ausfälle bei einfachen Anleihen (beispielsweise Anleihen von Automobilherstellern) und extrem komplexen Anleihen
     (beispielsweise hypothekenbesicherten Wertpapieren) zu versichern. Diese Kreditderivate schossen im vergangenen Jahrzehnt
     wie Pilze aus dem Boden und erreichten im Jahr 2008 einen Nominalwert von 60 Billionen US-Dollar. Sie waren das größte der
     sogenannten »systemischen Risiken«, die das gesamte Finanzsystem in Gefahr brachten (mehr dazu in Kapitel 8).
    Doch die Deregulierer saßen nicht nur im Kongress. Im Jahr 2004 begannen die fünf größten Investmentbanken mit intensiver
     Lobbyarbeit vor der Security and Exchange Commission (SEC), der Börsenaufsicht der Vereinigten Staaten, in der Hoffnung, die
     gesetzlichen Verschuldungsobergrenzen zu lockern. Über eine Sonderregelung konnten die Finanzunternehmen auf Milliarden von
     Dollars zugreifen, die sie als Reserve gegen etwaige Verluste vorhalten mussten. Damit vergrößerten sich zwar ihre möglichen
     Profite, doch gleichzeitig schwand das Sicherheitspolster, das Investmentbanken anlegen mussten. Die Börsenaufseher stimmten
     dem Wunsch der Investmentbanken einstimmig zu, obwohl sie durchaus einräumten, dass diese Entscheidung ein gewisses Risiko |109| barg. »Wir haben uns gesagt, das sind große Jungs«, meinte einer der Aufseher in einer schwach besuchten Kongressanhörung.
     »Das heißt aber auch, wenn etwas schief geht, dann geht es richtig schief.« 21 Investmentbanken reagierten auf diese Deregulierungsmaßnahme mit einer massiven Aufstockung ihres Fremdkapitalanteils bis
     zu einem Verhältnis von 1: 20 (von Eigen- zu Fremdkapital), 1:25 und mehr, gegenüber dem Verhältnis von 1:12,5, wie es für
     die stärker regulierten Geschäftsbanken galt.
    Natürlich teilen nicht alle die Ansicht, dass die Deregulierung die Schuld an der Krise trägt. Konservative Kommentatoren
     behaupten, nicht ein Zuwenig an Regulierung sei für die Krise verantwortlich, sondern ein Zuviel. Ihrer Ansicht nach hat der
     Community Reinvestment Act aus dem Jahr 1977 entscheidend zu der Spekulationsblase beigetragen. 22 Dieses Gesetz, mit dem verhindert werden sollte, dass Banken bei der Kreditvergabe die ärmeren Stadtteile diskriminierten,
     sollte den Angehörigen von einkommensschwachen Gesellschaftsschichten und Minderheiten den Zugang zu Hypotheken erleichtern.
     Nach Ansicht der Konservativen habe dieses Gesetz, unterstützt von Fannie Mae und Freddie Mac, dazu beigetragen, den Markt
     der Schrotthypotheken aufzublähen und schließlich den Zusammenbruch herbeizuführen.
    Die Argumentation ist interessant, aber so nicht haltbar. Die Schrotthypotheken wurden nicht in erster Linie von Fannie Mae
     und Freddie Mac ausgegeben, sondern von privaten Hypothekenverleihern wie Countrywide. Das Gesetz wurde außerdem lange vor
     dem Immobilienboom verabschiedet. Es stimmt zwar, dass Fannie Mae und Freddie Mac nach

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