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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Empfehlungen.
    Der Ausschuss ruhte sich nicht auf seinen Lorbeeren aus und sprach in den nachfolgenden Jahren weitere Empfehlungen aus. Es
     stand viel auf dem Spiel. In einem Bericht aus dem Jahr 1997 hielten die Ausschussmitglieder fest: »Schwächen des Bankwesens
     eines entwickelten und in Entwicklung befindlichen Landes können die Stabilität des nationalen und internationalen Finanzsystems
     gefährden.« 29 In diesem Sinne wurde im Jahr 2004 ein neuer Basler Akkord unter dem Namen Basel II verabschiedet. Doch dessen Empfehlungen
     wurden nicht mehr vollständig umgesetzt. (Mehr zu den Basler Akkorden erfahren Sie in Kapitel 8.)
    Der Grund war ganz einfach der, dass nicht allen Akteuren im Bankwesen gleichermaßen an Stabilität gelegen war. Seit den achtziger
     Jahren erkannte eine wachsende Zahl von Finanzdienstleistern, dass man viel Geld verdienen konnte, wenn man bereit war, bei
     dem Drahtseilakt auf ein Sicherheitsnetz zu verzichten. Sie erkannten mit anderen Worten, dass es Möglichkeiten gab, Geldgeschäfte
     ohne Regulierung zu tätigen, auch wenn man dazu auf den Schutz, den andere Banken genossen, verzichten musste. Damit begann
     ein ganz neues Spiel: Wie konnte man die Regulierungen gezielt umgehen, um seinem Ziel – der Ausweitung der Gewinne – näher
     zu kommen? So entstanden die Schattenbanken.
    Diese neuen Banken hatten keine Schalterräume und keine Filialen an den Hauptstraßen. Ihre Namen waren merkwürdige Abkürzungen
     oder das, was Paul McCulley treffend als »eine ganze Buchstabensuppe von Refinanzierungsstrukturen, Zweckgesellschaften und
     Anleiheversicherern« beschrieb, 30 von denen sich viele in den Bilanznischen konventioneller Banken versteckten. Die Schattenbanken kamen in den verschiedensten
     Verkleidungen daher: Es handelte sich um private Hypothekenverleiher, Zweckgesellschaften |115| und Refinanzierungsstrukturen, die sich über komplexe Schuldverschreibungen mit kurzen Laufzeiten finanzierten; Investmentbanken,
     die sich über Übernacht-Repos (Kredite mit 24-stündiger Laufzeit) oder Rückkaufvereinbarungen mit Geld versorgten; Geldmarktfonds,
     die mit kurzfristigen Anleihen von Anlegern arbeiteten; Hedge-Fonds und Kapitalbeteiligungsgesellschaften; und selbst von
     staatlichen und kommunalen Stellen herausgegebene Anleihen mit langen Laufzeiten wie Auction Rate Securities und Tender Option
     Bonds, die in wöchentlichen Auktionen zu variablen Zinssätzen refinanziert werden mussten. Die meisten Angehörigen des Schattenbankwesens
     hatten eines gemeinsam: die divergierenden Laufzeiten. Sie nahmen kurzfristig Geld auf und legten es in nicht liquiden Anlagen
     mit langen Laufzeiten an. So sehr sie sich rein äußerlich von George Baileys Kleinstadtbank unterschieden, im Grunde waren
     sie gegenüber einem Run genauso verwundbar wie diese.
    Das wäre nicht weiter problematisch gewesen, wenn diese Schattenbanken wie herkömmliche Kreditinstitute einer staatlichen
     Aufsicht unterstanden und einen Anspruch auf Kredite der Notenbanken und die Entsprechung einer Einlagensicherung gehabt hätten.
     Doch das war nicht der Fall. Schlimmer noch, am Vorabend der Krise hatten sich die Schattenbanken zu Rivalen der konventionellen
     Banken gemausert und bewegten vergleichbare Summen. Kein Wunder, dass das Schattenbankwesen im Zentrum des größten aller Bankenruns
     der Geschichte stand.
     
     
    Die Welt schwimmt im Geld
     
    Diese Faktoren – Innovationen auf dem Geldmarkt, das Versagen der Unternehmensaufsicht, leicht verfügbares Geld, das Versagen
     des Staates und der Aufstieg des Schattenbankwesens – führten gemeinsam die Krise herbei. In vielen dieser Punkte übernahmen
     die Vereinigten Staaten und andere Staaten der englischsprachigen Welt |116| die Führung. Doch auch der Rest der Welt trug dazu bei, der Krise den Weg zu ebnen, auch wenn dies wohl kaum in seiner Absicht
     lag.
    Alan Greenspan erkannte das Problem als einer der Ersten. Als er in den Jahren zwischen 2004 und 2006 die Leitzinsen von 1
     auf 5,25 Prozent anhob, beobachtete er, dass Anleihen mit langen Laufzeiten und festverzinsliche Wertpapiere kaum reagierten.
     Greenspans verspätete Politik der Geldverknappung griff nicht mehr. Dies hatten die Lehrbücher so nicht vorgesehen. Theoretisch
     hätten die Zinsen für Anleihen mit langen Laufzeiten dem Leitzins folgen müssen.
    Greenspan sprach von einem »Rätsel des Anleihenmarktes«. 31 Dieses Rätsel hatte jedoch eine ganz einfache Erklärung. In

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