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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Gesetzesänderungen in den neunziger
     Jahren gezwungen waren, auch Subprimehypotheken zu vergeben. 23 Im Jahr 1997 stammten beispielsweise 42 Prozent aller Kredite von Personen mit für ihren Wohnort unterdurchschnittlichem
     Einkommen. Bei einem unbekannten Anteil dieser Anleihen handelte es sich um Subprimehypotheken. Es wäre trotzdem falsch zu
     behaupten, dass die Krise allein auf das Konto von Fannie Mae und Freddie Mac ging.
    |110| Es stimmt allerdings, dass die amerikanische Regierung den Erwerb von Wohneigentum lange gefördert und dafür gesorgt hat,
     dass der Kauf von Immobilien billiger und einfacher wurde. Zu den Fördermaßnahmen des Bundes gehört die steuerliche Absetzbarkeit
     von Hypothekenzinsen sowie der Haus- und Grundsteuern der Gemeinden. Auch Kapitalgewinne aus dem Verkauf eines Eigenheims
     werden zum Teil von der Versteuerung ausgenommen. Vor allem aber gibt es zahlreiche staatliche Einrichtungen – nicht nur Fannie
     Mae, Freddie Mac und FHA, sondern auch die Federal Home Loan Bank und andere –, die den Eigenheim- und Hypothekenmarkt unterstützten
     und subventionieren. Diese Subventionen mögen die Immobilienblase nicht verursacht haben, doch sie haben ihr mit Sicherheit
     den Boden bereitet.
     
     
    Die Schattenbanken
     
    Die Politik begünstigte also die Entstehung der Spekulationsblase, und die Deregulierung beseitigte bestehende Auflagen für
     Finanzunternehmen. Doch auch die Unfähigkeit des Staates, mit den Innovationen auf dem Finanzmarkt Schritt zu halten, spielte
     eine entscheidende Rolle. Dies geht weit über die mangelnde Kontrolle exotischer Derivate und den Erhalt des Bonussystems
     der Finanzunter-nehmen hinaus. Gemeint ist vielmehr die dramatische, wenngleich wenig beachtete Veränderung der vergangenen
     etwas mehr als 30 Jahre: die Entstehung dessen, was Paul McCulley von der Pacific Investment Management Company als »Schattenbankwesen«
     bezeichnet hat. 24
    Das Schattenbankwesen besteht aus Finanzunternehmen, die aussehen wie Banken, sich verhalten wie Banken, Geld leihen und verleihen
     wie Banken, aber – und das ist das Entscheidende – nicht derselben staatlichen Aufsicht unterstehen wie Banken. Um dies zu
     verstehen, müssen wir knapp definieren, was eine Bank ausmacht. Vereinfacht gesagt, ist eine Bank ein Unternehmen, das |111| kurzfristig Geld aufnimmt, in der Regel über die Spareinlagen, die ihr von den Anlegern geliehen werden. Diese Einlagen sind
     die Verbindlichkeiten der Bank: Die Anleger können sie jederzeit zurückfordern, und die Bank hat keine andere Wahl, als sie
     auszuzahlen.
    Doch die Banken sitzen nicht einfach auf ihren Einlagen, sondern verleihen sie in Form von Hypotheken, Unternehmenskrediten
     und anderen Krediten mit langen Laufzeiten weiter. Das heißt, sie leihen sich das Geld der Einlagen, vergeben Kredite und
     erwirtschaften über die Zinsen, die sie verlangen, einen Gewinn. Die Sache hat allerdings einen Haken: Während die Passiva
     der Bank (die Einlagen) liquid sind, sind ihre Aktiva nicht liquid, sondern in Land, Maschinen und anderen Vermögenswerten
     gebunden, die nicht sofort zu Geld gemacht werden können.
    In der Regel stellt dies kein Problem dar: Es ist unwahrscheinlich, dass alle Kunden gleichzeitig ihr Guthaben abheben wollen.
     Gelegentlich passiert jedoch genau das, und die Weltwirtschaftskrise liefert eindringliche Beispiele dafür, was passiert,
     wenn Anleger in Panik eine Bank stürmen. Frank Capra stellt die Gefahren dieser Dynamik eindrucksvoll in seinem Film
Ist das Leben nicht schön?
dar, in dem es um das Auf und Ab im Leben des Kleinstadtbankiers George Bailey geht.
    Als Bailey eines Tages von besorgten Sparern belagert wird, die ihr Geld wiederhaben wollen, improvisiert er eine kurze Einführung
     in das Bankwesen. »Ihr habt völlig falsche Vorstellungen von einer Bank«, erklärt er den Sparern, die meinen, ihr Geld liege
     ungenutzt im Tresor herum. »Das Geld liegt nicht im Safe. Es steckt im Haus von Joe, … und im Haus der Kennedys, und im Haus
     von Mrs. Macklin, und in hundert anderen.« 25 Die liquiden Spareinlagen wurden mit anderen Worten in nicht liquide Investitionen verwandelt, die sich nicht so ohne weiteres
     wieder zu Geld machen lassen. Wie Bailey seinen Kunden erklärt: »Ihr leiht ihnen das Geld, um Häuser zu bauen, und sie zahlen
     es euch so gut zurück, wie sie können.«
    |112| Das Problem von Baileys Bank war typisch für die dunkelsten Momente der

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