Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
übermäßigen Verzehr von Nahrung begünstigen. Als er Tieren fettreiches Futter verabreichte, nahmen diese stärker zu als Tiere, welche die üblichen, eher langweiligen Pellets für Laborratten bekamen, doch die Ergebnisse waren nicht besonders auffällig.
Dann setzte er eine Ratte im Labor zufällig neben einen heruntergefallenen Froot Loop–reichlich Kalorien und jede Menge Zucker. Er war fasziniert, wie schnell das Tier nach dem Getreideprodukt schnappte und zu fressen begann.
Sclafani verwandelte diese Zufallsbeobachtung in ein echtes Experiment. Nachdem er Versuchstiere mit dem Geschmack von Froot Loops vertraut gemacht hatte, ließ er sie auf einem Feld frei laufen. Ratten bleiben normalerweise lieber in den Ecken und würden sich kaum auf freies Gelände wagen, um Pellets zu fressen, doch wenn es Froot Loops gab, liefen sie sofort dorthin.
Als Nächstes prüfte Sclafani die Wirkung der typischen »Supermarktnahrung«. Was er seinen Tieren anbot, war in jedem Laden erhältlich: gesüßte Kondensmilch, Schokoladenkekse, Salami, Käse, Bananen, Marshmallows, Milchschokolade und Erdnussbutter. Nach zehn Tagen wogen die Tiere mit der Supermarktkost deutlich mehr als andere, die ihr Einheitsfutter bekamen. Und die Ratten mit der Supermarktdiät nahmen weiter zu, bis sie schließlich doppelt so schwer waren wie die Tiere der Kontrollgruppe. Sclafani folgerte daraus, dass eine »abwechslungsreiche, schmackhafte Ernährungsweise mit Lebensmitteln aus dem Supermarkt« bei erwachsenen Ratten »besonders effektiv zu ernährungsbedingtem Übergewicht« führt.
Warum fraßen sie weiter? Was war mit der homöostatischen Fähigkeit, Energiezufuhr und Energieverbrauch aufeinander abzustimmen? Warum waren die Ratten gegen die Gewichtszunahme machtlos?
Diese Fragen beantwortet Sclafani mit einem einzigen Satz: »Für eine normale Ratte reicht der freie Zugang zu schmackhaftem Futter aus, um Übergewicht zu begünstigen.«
Zusammen mit den Ergebnissen anderer Forscher stützen Sclafanis Erkenntnisse die Vorstellung, dass das biologische System zur Aufrechterhaltung der Energiebilanz durcheinandergeraten kann, wenn Tiere leichten Zugang zu unterschiedlichen Nahrungsmitteln mit viel Zucker und Fett haben.
Experimente mit Menschen ergaben weitgehend dasselbe, besonders wenn man den Versuchspersonen Dinge anbot, die sie mochten. [Ref 28] In einer Studie wurden die Teilnehmer gebeten, sieben Tage lang alles aufzuschreiben, was sie verzehrten, und parallel dazu auf einer Skala von 1 bis 7 anzugeben, wie gern sie es aßen. Die meisten Menschen gaben Lebensmitteln mit hohem Fett-und Zuckergehalt eine höhere Punktzahl. Es überrascht wenig, dass sie auch mehr davon aßen, und zwar fast 44 Prozent mehr bei den Speisen, die sie bei 7 einstuften, als bei denen, die sie mit 3 oder weniger bewertet hatten.
In einer anderen Studie mussten männliche Teilnehmer auf einer Station bleiben, wo ihre Nahrungszufuhr überwacht werden konnte. [Ref 29] In den ersten Tagen erhielten die Männer eine Ernährung, mit der sie ihr gegenwärtiges Gewicht halten sollten. Da viele von ihnen deutlich übergewichtig waren, bedeutete das durchschnittlich knapp 3000 Kalorien pro Tag, von denen etwa 50 Prozent aus Kohlenhydraten stammten, 30 Prozent aus Fett und 20 Prozent aus Eiweiß. Anschließend gestattete man den
Teilnehmern freien Zugriff auf zwei Lebensmittelautomaten mit den unterschiedlichsten Gerichten und Zwischenmahlzeiten. Auf diese Weise hatten sie 24 Stunden am Tag Zugang zu Fleisch, Käse und Brot, Tortillas mit Bohnen, Frühstücksflocken, Kuchen und Desserts, Pommes frites, Popcorn und Chips, aber auch Obst, Gemüse, Nüssen und Getränken. Die Teilnehmer wurden gebeten, sich so normal wie möglich zu ernähren.
Das Ergebnis ist leicht zu erraten. Sobald die Teilnehmer nach Belieben essen konnten, konsumierten sie im Durchschnitt 4500 Kalorien am Tag, also 150 Prozent von dem, was sie brauchten, um ihr Gewicht stabil zu halten. Einer aß fast 7000 Kalorien–das entspricht mehr als 20 Cheeseburgern. Insgesamt nahmen die Teilnehmer während des unreglementierten Zeitraums erheblich mehr Fett und weniger Eiweiß zu sich. Die typische Auswahl bestand zu 48 Prozent aus Kohlenhydraten, zu 40 Prozent aus Fett und zu zwölf Prozent aus Proteinen.
All dies ist der wissenschaftliche Beweis für das, was die meisten Menschen aus Erfahrung wissen: Angesichts eines mannigfaltigen Angebots und großer Portionen zucker-, fett- und salzreicher
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