Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
hoch verarbeitete Produkt in jedem Restaurant frisch zusammengerührt, indem man den getrockneten Kartoffeln einfach Wasser hinzufügt. Dann allerdings »schmeckt es wie aufgeschäumte Stärkemasse«, wie der Lebensmitteldesigner unumwunden einräumt. Die geschmackliche Lösung ist »ein Schuss Sauce« und damit eine kräftige Portion Stärke, Zucker, Salz, Natriumglutamat, Zuckerkulör (ein Farbstoff) und Aromastoffe (ohne jegliches Eiweiß, Ballaststoffe oder Mikronährstoffe).
Seine rhetorische Frage–»Was esse ich wirklich?«–beantwortet er selbst: »Wir essen sehr leicht verdauliche Stärke, die sich sofort auflöst. Man schluckt sie, ohne zu kauen. Ehe man sich’s versieht, hat man Unmengen Stärke und damit Kohlenhydrate verdrückt, ohne sich besonders satt zu fühlen.«
Er ging noch andere Angebote beliebter Fastfood-Ketten mit mir durch. Der Whopper von Burger King ist ein gutes Beispiel für ein Produkt, das bereits allen drei Kriterien entsprach, dann aber noch einmal getoppt wurde. Schon in seiner ursprünglichen Form triefte der Burger geradezu vor Fett, Zucker und Salz. Als Burger King jedoch mehr Fleisch, zusätzlichen Käse oder eine Lage Speck hinzufügte, mutierte der Whopper zur Geheimwaffe.
McDonald’s hingegen eroberte neues Terrain, indem dort Essen zu jeder Tages- und Nachtzeit bereitsteht. Die deutsche Tradition, die Lebensmittelläden von Samstagabend bis Montag früh zu schließen, öffnete den Fastfood-Ketten, die rund um die Uhr geöffnet haben, Tür und Tor. Man bekommt so leicht etwas zu essen, dass man auch zwischen den Hauptmahlzeiten zugreift. »Das große Wachstumspotential für McDonald’s war der Snack zwischendurch«, erklärt der Lebensmitteldesigner. »Damit war die Schranke durchbrochen. Du wirst hungrig, du willst etwas essen, das Gehirn verdrängt, was du eigentlich brauchst, und am Ende holst du dir einen Hamburger und eine Riesencola oder Pommes frites.«
Die Restaurantmanager fanden auch heraus, dass sie ihren Profit mit einem fett- und salzreichen Frühstück weiter steigern konnten. »Sie zogen ihre Schlüsse aus den Menüs für mittags und abends und übertrugen dies auf das Frühstück. Der McMuffin mit Würstchen oder Ei ersetzt den Hamburger. Im Prinzip isst man einen Hamburger zum Frühstück.«
Wahrscheinlich unterstützen die traditionellen deutschen Ernährungsgewohnheiten den Siegeszug von KFC, Burger King und McDonald’s in Deutschland. »Das amerikanische Fastfood passt von Natur aus gut zur deutschen Ernährung«, meint mein Informant. »Man könnte Deutschland mit seinen Bäckereien und Currywurstbuden sogar als Erfinder der Imbisskultur bezeichnen.«
Aus diesem Blickwinkel ist die Ausbreitung der Fastfood-Ketten in Deutschland nur die Fortsetzung eines anhaltenden kulturellen Austauschs. Der Hotdog ist die amerikanisierte Version des deutschen Würstchens. »Wie man einen Hotdog macht, haben sich die Amerikaner von den Deutschen abgeschaut. Wir nehmen Fleisch, machen eine Emulsion aus Wasser und Fett und erhalten die optimierte Fettbombe. Jetzt haben die Amerikaner zurückgeschlagen, indem sie den Deutschen zeigen, wie man mit Hamburgern und Hähnchenteilchen drei Fliegen mit einer Klappe schlägt–das ist unsere Rache«, meint der Insider.
Als er mich gegen Ende unseres Gesprächs zur Tür seines Büros begleitet, hält er inne, als würde er seine Worte sorgfältig wählen. Dann stellt er mit der Überzeugung des Insiders fest, die Nahrungsmittelindustrie »manipuliert die Gehirne und Wünsche ihrer Kunden«.
5 | Das persönliche Wohlfühlgewicht
Jahrelang fragte ich mich, warum ich dick bin. Die Wissenschaft suggerierte mir, das wäre Schicksal. Die »Setpoint-Theorie« [Ref 31] besagt, dass das Gewicht eines Erwachsenen ein individuell feststehender Wert ist und dass sich Energiezufuhr und Energieverbrauch so einpendeln, dass dieses Gewicht erhalten bleibt. Dieser Theorie zufolge war ich dick, weil mein körpereigener Thermostat zu hoch eingestellt war. Die Fähigkeit, mit unzureichender oder übertriebener Nahrungsaufnahme fertig zu werden, spiegelt die Aktivität des homöostatischen Systems. Wenn ich also abnehme, bemüht sich mein Körper, das alte Gewicht wiederzuerlangen, indem er meinen Stoffwechsel drosselt, bis ich wieder bei dem mir bestimmten Setpoint bin. Damit liefert die Homöostase eine nette Erklärung, warum Diäten so oft ins Leere laufen.
Wenn der Setpoint jedoch funktionierte, sollte er mich nicht nur vor
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