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Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Titel: Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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der Medizinischen Hochschule in Yale. [Ref 210] Wenn mein Gehirn das Signal erhält: »Da drüben ist etwas Leckeres, und ich weiß, wie gut das ist«, erinnere ich mich an meine Regeln, die mir sagen: »Nicht stehen bleiben. Weitergehen. Blick zur anderen Seite.« Wenn man sich eine solche Regel gibt und sich daran hält, lässt das Verlangen mit der Zeit nach.
    Diese Strategie ist wissenschaftlich belegt. Bei Erwachsenen, die entweder eine kohlenhydratarme, proteinreiche Diät oder eine kalorien- und fettarme Diät einhielten, entstand kein Heißhunger auf das Verbotene. [Ref 211] Sobald die Reize verschwinden, die mit bestimmten Lebensmitteln einhergehen, lässt auch der Appetit auf diese Speisen nach.

    Regeln sind nicht dasselbe wie Willenskraft. Willenskraft lässt die Macht der verstärkenden Reize gegen die eigene Entschlossenheit zu widerstehen anrennen. Dieses Ringen kann äußerst unangenehme Formen annehmen.
    »Worin liegt der Unterschied, ob ich einfach durch meinen Willen widerstehe oder eine Regel habe?«, frage ich Silvia Bunge, die sich an der Universität Kalifornien in Berkeley mit kognitiver Kontrolle beschäftigt.
    »Eine selbst entwickelte, hemmende Regel ist wirkungsvoller, weil Sie damit eine Art vernünftige Begründung haben, warum Sie sich überhaupt etwas versagen sollen«, erläutert sie [Ref 212] »Eine Regel macht klar, dass es negative Folgen hat, den eigenen Impulsen nachzugeben, und positive, wenn man durchhält. Ohne eine derartige Motivation gibt es letztlich keinen Grund, warum man sich der Reaktion des Habenwollens widersetzen sollte.«
    Regeln werden durch höhere Hirnfunktionen gesteuert, meint Bunge, und man muss sie »im Hinterkopf behalten«, bis sie das unbewusste Handeln ersetzen können. Damit begegnen wir wieder der Vorstellung eines inneren Bildes: Wir benutzen bewusst Wörter und Gedanken, um der Macht der Gewohnheit eine neue Reaktion entgegenzusetzen. »Je genauer die Regeln, desto leichter kann man sie behalten und für eine Ersatzhandlung verwenden«, so Bunge. Dabei sind kategorische Regeln wie: »Ich esse keine Pommes frites«, oder: »Ich nehme keinen Nachtisch«, am leichtesten zu befolgen.
    Mit der nötigen Übung können diese neuen Reaktionen genauso automatisch ablaufen wie die alten. »Wieso können Regeln die Wirkungen eines ›heißen‹ Reizes überwinden, auch wenn ich geködert werde, gestresst bin und mein Verlangen einsetzt?«, frage ich Mischel.

    »Das können sie erst, wenn sie so oft geübt wurden, dass auch sie automatisch ablaufen«, stellt er fest. »Aus der guten Idee muss ein automatisches Verhaltensmuster werden, sonst bleiben alle guten Vorsätze Schall und Rauch.«
    Mischel zieht Alkohol zum Vergleich heran, als er betont, dass es nicht reicht zu sagen: »Diese Sucht bringt mich um, darum will ich wirklich nicht mehr trinken.« Der Gedanke allein bewirkt nichts. Damit aus dem Willen, sich anders zu verhalten, Taten werden, muss man sich Regeln geben und diese einüben, bis sie zum programmierten Verhalten werden.
    In Mischels Augen ist es das Ziel, »Regeln zu finden, welche die Steuerung nicht den Außenreizen überlassen, sondern dem Ich.« Erst dann gelingt der entscheidende Schritt vom Wunsch nach Veränderung zur tatsächlichen Veränderung.

    Wann immer ich den Imbissbereich am Flughafen von San Francisco betrete, bekomme ich Appetit auf Frühlingsrollen. Der ganze Ablauf ist in meinem Gehirn eingebrannt–ich sehe vor mir, wie ich mir das Gericht hole, und kenne die Belohnung. Allerdings wartet mein Gehirn auch mit einem zweiten Ablauf auf: Widerstehen und weitergehen. Diese gegensätzlichen Bilder kämpfen miteinander um die Vorherrschaft. »Es ist ein Wettkampf zwischen diesen Aktionsmustern, bei dem das stärkere gewinnt«, meint Silvia Bunge.
    Ihrer Beobachtung zufolge erweist sich die Gier nach Zucker, Fett und Salz gern als stärker. »Der unbewusste Trieb, sich das Schmackhafte zu sichern, lässt uns stehenbleiben.« Das entspricht Lernerfahrungen sowie der Gewohnheit und setzt damit
unsere Neuronen in Gang. Diese Reaktion würde mein Grundbedürfnis erfüllen.
    Doch um andere Ziele zu erreichen, zum Beispiel mein Gewicht zu halten und mich gesünder zu ernähren, muss ich mich anders verhalten. Leider hat mein Gehirn noch keine eingeübte Reaktion parat, wenn der Gedanke aufkommt: »Nein, für meine Gesundheit und mein Aussehen wäre es besser, wenn ich das nicht mache.« Die Verlockung der unmittelbaren Belohnung für

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