Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)
Loch in der Oberfläche der Welt. Alle Menschen, die er kannte und liebte, fielen hinein. Auch seine Eltern, die sich mit den Fingernägel festkrallten, bis sich die Felsen lockerten und in die Leere stürzten. Alles bebte. Die Straßen von Menschen-Wege hoben und neigten sich, sodass die Bewohner einer nach dem anderen in den hungrigen Rachen des Bodens rollten. Kubar und Steingesicht rutschten vorbei. Yama und Sodasi folgten ihnen und schleiften Hiresh und die fluchende Jagadamba hinter sich her.
Der Jäger wachte mit Schmerzen auf und schrie, entsetzt, dass ihm das Beben in die reale Welt gefolgt war. Hier schien es sogar noch schlimmer zu sein. Riemen und Stricke fesselten ihn an einen Metallraum, in dem sich längliche w eiche Stühle aneinanderreihten. Darauf lagen andere M enschen. Manche hatten die Augen fest geschlossen, und alle hatten Angst. Lose Gegenstände flogen herum und lösten Schmerzensschreie aus, wenn sie jemanden trafen.
Eine Seite des Raums bestand aus einem großen Fenster. Davor saß Indrani, genauso fest angeschnallt wie Stolperzunge, nur dass ihre Hände frei waren und sie damit einen Tisch voller Knöpfe erreichen konnte. Dharam saß rechts von ihr und brüllte sie an.
»Das ist das letzte Beben! Wir müssen starten! Du hast gesagt, du würdest dich an den Kode erinnern. Jetzt gib ihn ein!«
»Ich versuche es«, sagte Indrani. »Die Brücke ist immer noch da. Ich kann sie nicht ohne Unterstützung des Daches abkoppeln!«
»Wir haben Waffensysteme«, rief er. »Schieß sie weg! Schieß sie einfach weg!«
Innerhalb und außerhalb des Schiffs tobte sich das Beben aus. Auf dem großen Bildschirm erkannte Stolperzunge ganze Wandplatten, die sich von der Schachtverkleidung lösten und in die Tiefe stürzten. Einige waren makellos und spiegelglatt, doch die meisten waren schartig, vom Schleim zerfressen. Ein paar trafen die Brücke, die das Schiff festhielt, doch sie prallten daran ab und verschwanden im Abgrund.
»Ich kann nicht darauf schießen!«, sagte Indrani. »Menschen könnten in der Nähe sein.«
»Du musst es tun! Denk an dein Baby und deinen Wilden! Schieß!«
Obwohl grüne Lichtblitze über den Bildschirm zuckten, schien Indrani es nicht zu schaffen, die Waffen in unmittelbarer Nähe des Schiffs gezielt einzusetzen.
Das Kriegsschiff wurde erschüttert, als ein paar kleinere Trümmer dagegenschlugen. Stolperzunge fragte sich, welche Schäden diese Brocken anrichten könnten. Als kleiner Junge hatte er geglaubt, dass sich Metall durch gar nichts zerstören ließ, außer durch die Zeit. Nachdem er erstmals eine abgestürzte Sphäre gesehen hatte, nachdem Metallstücke auf Menschen-Wege herabgeregnet waren und ein Kind getötet hatten, war er gezwungen gewesen, von seiner Überzeugung abzurücken.
Die Grünlicht-Waffen des Schiffs kamen nicht näher an die Brücke heran.
Dharam schrie: »Schieß! Zerstör das Ding!«
»Ich kann nicht«, schrie Indrani zurück. »Ich …« Dann nahm ihre Miene den Ausdruck an, der bedeutete, dass sie eine Idee hatte.
Die wilde Schießerei hörte für einen Moment auf, während Dharam weiter herumschrie und die Kabine von Treffern erschüttert wurde. Dann zielte Indrani mit einem Lichtstrahl auf eine Stelle, die weit von der Brücke entfernt war. Die einzige Wirkung bestand darin, dass sich ein glänzender Teil der Wand nach außen wölbte. Dann feuerte sie noch einmal darauf, und alle keuchten auf, als der Strahl von der glatten Oberfläche zur Brücke reflektiert wurde. Zwei weitere Schüsse, dann spürte der Jäger, wie er gegen die Rückenlehne gedrückt wurde und die Vibrationen nac hließen. Vor seinen Augen glitten die Wände immer schneller in die Tiefe.
»Wir sind unterwegs«, sagte Indrani mit zitternder Stimme.
In die falsche Richtung , dachte Stolperzunge. Fort vom Stamm. Fort. Nun waren sie alle zusammen zu Deserteuren geworden.
Er fragte sich, warum Indrani die Pilotin war. Ihre Flucht von der Oberfläche in einer gestohlenen Sphäre hatte bewiesen, dass sie vielen anderen überlegen war. Aber wie konnte Dharam ihr vertrauen? Davon abgesehen, dass sie hier im Kriegsschiff genauso viel zu verlieren hatte wie die Feiglinge in der Kommission.
Stolperzunge spürte Tränen in den Augen. Er weinte um seinen Stamm, er weinte vor Wut auf seine Dummheit. Er hatte es nicht geschafft, das Schiff zu erobern, sondern war selbst gefangen genommen worden. Wie der letzte Idiot. Wenn Indrani ihre Aufgabe erfüllt hatte, würde zweifellos
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