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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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in Wirklichkeit andersherum war. Flammenhaar gehörte jetzt ihm – jetzt und für immer. Ein unerwarteter Grund zur Freude.
    »Ich bin mir sicher«, sagte er und lächelte so breit, dass die völlig verschmutzte Tarini über ihn lachen musste.
    »Dann komm«, sagte sie. »Wir werden sie zurückholen.«

23
    Die Saat
    Stolperzunge und Tarini betraten das Kriegsschiff durch eine klobige Metalltür, die ganz anders als die übrigen im Dach aussah. Sie fanden sich in einem langgestreckten Raum wieder, in dem sämtliche Flächen mit Riemen und Haltegriffen ausgestattet waren.
    »Hier ist es so still«, sagte Tarini.
    »Und müsste er hier nicht Wächter geben?«, fragte Stolperzunge, dessen Stimme ein leises Echo erzeugte. Schließlich war dies hier das große Geheimnis. Der einzige Fluchtweg aus einer sterbenden Welt mit so vielen verzweifelten Menschen, dass ihre Anzahl sein Vorstellungsvermögen überstieg. Auch für seinen Stamm war dies der einzige noch mögliche Ausweg, rief er sich ins Gedächtnis.
    »Ich weiß gar nicht, ob sie Wächter brauchen. Sie wissen bereits, dass wir hier sind. Schau mal dort, Häuptling!«
    Stolperzunge blickte nach oben und sah eine seltsame kleine Maschine, an der ein roter Lichtpunkt blinkte. Er wusste nicht, was das bedeutete, aber das Gerät hatte ihnen bislang keinen Schaden zugefügt und machte auch nicht den Eindruck, als würde es demnächst irgendetwas unternehmen. Ihn interessierte nur, dass seine Familie in der Nähe war. Dieser Gedanke gab ihm neue Kraft.
    Sie mussten zu einer weiteren Tür hinaufklettern, was nach den Anstrengungen, die hinter ihnen lagen, keine leichte Aufgabe war. Dann stießen sie schließlich doch auf ein paar Wachen, zwei Männer und zwei Frauen in schmutzigen weißen Overalls. Alle hielten Metallpistolen in den nervös zitternden Fingern. Alle wirkten müde, aber gut genährt. Zwei von ihnen, ein Mann und eine Frau, hatten graues Haar.
    »Ihr seid keine Wärter, nicht wahr?«, sagte der Jäger, worauf Tarini mit einem verächtlichen Schnaufen reagierte. Sie schien keine Angst vor den Waffen zu haben, und Stolperzunge fragte sich, ob das Mädchen, das den Mut aufgebracht hatte, am Rand des Abgrunds entlangzuklettern, überhaupt zu solchen Emotionen fähig war.
    »Bleib, wo du bist, Wilder«, sagte der grauhaarige Mann mit hörbarer Furcht.
    »Ich werde dich nicht essen«, sagte Stolperzunge. Trotzdem überlegte er, ob er sich die Lippen lecken sollte. Als sie nun endlich an Bord waren, schien ihm die Aufregung zu Kopf zu steigen.
    Die jüngste Frau gestikulierte mit der Waffe in seine Richtung. »Hör nicht auf diesen Primitiven«, sagte sie. »Deserteuren kann man nicht über den Weg trauen.«
    Das Lachen, das Stolperzunge zurückgehalten hatte, platzte nun heraus, und mehr als ein nervöser Finger legte sich fester auf den Auslöser.
    »Deserteure?«, sagte der Jäger. Er blickte die Leute der Reihe nach an. »Wollt ihr damit sagen, dass ihr keine Deserteure seid? Werdet ihr dieses Schiff verlassen, bevor es losfliegt und alle Bewohner des Daches zurücklässt?«
    »Was?«, fragte Tarini schockiert. »Sie wollen was tun?«
    Der grauhaarige Mann ließ die Waffe sinken.
    »Wir dürfen sie nicht an Bord lassen, Gurdeep!«, rief die j üngere Frau. Dann sah sie, dass der Mann weinte. Er schlu g die Hände vors Gesicht, und sein ganzer Körper bebte unter seinen schlaffen Armen.
    »Ich … ich kann nicht hierblieben«, sagte Gurdeep.
    Stolperzunge klopfte dem Mann auf die Schulter. »Ich suche nur meine Familie«, sagte er. »Lasst uns einfach vorbei.«
    »Ich werde schießen!«, sagte die Frau.
    »Das wäre euren Häuptlingen gar nicht recht«, erwiderte der Jäger. »Komm, Tarini.« Er schob sich zwischen den Wachen und den Waffen hindurch und betrat einen weiteren Korridor.
    »Sie wollen desertieren?«, fragte Tarini. »Aber warum? Wohin wollen sie fliehen? Warum bleiben sie nicht, bis das Heilmittel gewirkt hat?«
    Er blieb stehen und blickte ihr in die Augen. »Ich habe jetzt keine Zeit, es dir zu erklären, Tarini. Aber ich bitte dich, mir trotzdem zu vertrauen.«
    »Ich habe einen Freund …« Sie deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Da draußen …«
    »Hiresh«, sagte der Jäger. »Ich weiß. Es tut mir leid. Es tut mir unendlich leid.«
    »Woher weißt du …? Warte! Ist er … ist er tot? Willst du mir sagen, dass er tot ist?«
    »Er ist von uns gegangen«, flüsterte Stolperzunge. »Bitte vertrau mir. Ich würde dich nicht

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