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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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Götter, bitte esst mich nicht, bitte …«
    »Wo bist du, Vishwakarma, Junge?« Steingesichts Atem stank so schlimm, dass Stolperzunge tatsächlich riechen konnte, wie er an ihm vorbeiging. Er erreichte den geschwächten Vishwakarma und hielt ein Messer hinter dem Rücken verborgen. Aber er musste es nicht benutzen. Selbst vom Boden aus konnte Stolperzunge erkennen, dass die Wunde kaum mehr als ein Kratzer war. Andere hatten vielleicht nicht so viel Glück gehabt. Mindestens zwei waren hier vom Dach gestürzt.
    Steingesicht ließ Vishwakarma allein und kehrte zum Platz zurück. Er ging leicht gebeugt, um seine alten Verletzungen nicht zu sehr zu belasten.
    »Ha!«, rief er.
    »Hol alle zusammen«, sagte Stolperzunge zu Kubar. »Stellt fest, ob jemand fehlt.«
    Steingesicht blickte auf etwas am Boden. Mit einer Hand stützte er sich auf einem Steinhaufen ab, mit der anderen hielt er sich den Rücken, als hätte er Sorge, seine Wirbelsäule könnte brechen. Doch seine Miene zeigte eindeutig Triumph.
    Stolperzunge rappelte sich hoch, trat zu ihm und ging in die Hocke. Vor sich sah er einen kleinen Haufen aus rostfarbenen Schuppen, die mit klebrigem schwarzem Blut beschmiert waren.
    »Willst du einen Lebenden, Häuptling? Der gerade noch zum Reden imstande ist?«
    Stolperzunge hatte ein ungutes Gefühl. Der große Mann war ruhiger geworden, seit er so schwer verletzt worden war, dass er beinahe nicht mehr hätte jagen können. Mehrere Male hatte er dem Stamm aus Verzweiflung das Fleisch seines Körpers angeboten, aber wegen ihrer kleinen Anzahl und des Überlebenskampfs gegen die Skelette hatten sie reichlich Nahrung zur Verfügung gehabt, sodass keine Opfer notwendig gewesen waren. Nun war er fast wieder der alte, gut gelaunte Steingesicht. Womit Schwierigkeiten garantiert waren.
    Stolperzunge wollte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter legen, aber es war bereits zu spät.
    »Komm schon«, sagte Steingesicht grinsend. »Wir können ihn immer noch erwischen. Na komm schon!«
    »Steingesicht! Warte! Wir müssen …«
    Doch der große Jäger schien ein schlechtes Gehör zu haben und folgte der Blutspur, so schnell er konnte. Wäre es ein anderer gewesen, hätte Stolperzunge ihn gehen lassen und nicht damit gerechnet, ihn jemals wiederzusehen. Die Erwachsenen des Stammes waren im Dach aufgewachsen und hatten kaum gewusst, wie man überlebte, bis sie ihm begegnet waren. Er hatte ihnen immer wieder eingetrichtert, dass ein einzelner Jäger letztlich eine willkommene Mahlzeit für das erste Rudel Bestien war, das seine Witterung aufnahm.
    Er wandte sich den anderen zu. »Vishwakarma! Dir fehlt nichts. Steh jetzt auf. Sodasi, Kamala, Kubar, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ihr seid die Kundschafter. Bringt alle heil nach Hause. Keine Jagd, keine Alleingänge.«
    Er wartete nicht auf eine Antwort. Steingesicht war bereits auf der anderen Seite des Platzes verschwunden. Stolperzunge lief ihm hinterher. Unterwegs überprüfte er sein Messer und seine Schleuder. Davon abgesehen war er lediglich mit einer Keule bewaffnet. Ihm blieb keine Zeit, sich einen Speer zu holen.
    Er hörte seinen Freund ein paar Straßen weiter rufen und rannte schneller. Sein Bein schmerzte ein wenig, und die Schulter, die er sich am Tag, als Indrani fortgegangen war, ausgerenkt hatte, würde ihm wahrscheinlich für den Rest seines Lebens Schwierigkeiten machen. Dennoch fühlte es sich gut an, wieder allein zu laufen, ohne eine Horde unerfahrener und unbeholfener Jäger, die ihn bremsten. Gebäude sausten an ihm vorbei, und seine Füße klatschten auf Stein oder versanken im Moos, aus dem aufgeschreckte Insekten flüchteten.
    Doch dann kam er um eine Ecke und stieß auf drei Bestien, eine verletzt, zwei unversehrt, die über dem am Boden liegenden Steingesicht kauerten. Menschen waren nicht die einzigen Wesen, die einen Hinterhalt legen konnten.
    Er wusste, dass sein Freund erledigt war. In früheren Zeiten, bevor er von mehreren alten Verletzungen gequält worden war und mit seinem Panzerrückenspeer in der Hand, hätte Stolperzunge sich diesem Kampf vielleicht gestellt, trotz der sehr geringen Erfolgsaussichten.
    Nun lag seine einzige Chance in der Flucht, weil die zwei gesunden Vierbeiner ihn verfolgen würden, sobald Steingesicht tot war. Sie waren stark und hungrig genug, um zwei ausgewachsene Menschen als Nahrung für ihr Rudel nach Hause zu schleppen.
    »Geh!«, rief Steingesicht mit heiserer Stimme. »Verschwinde!«
    »Ich kann nicht«, sagte

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