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Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Das Ende des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Das Ende des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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Stolperzunge. Ihm war klar, dass er fliehen sollte. Schließlich war er der Häuptling. Alles andere wäre Unsinn.
    Eins der Wesen, die sich über Steingesicht beugten, zog den Arm zurück und zielte mit den Krallen genau auf den Hals des Jägers am Boden. Stolperzunge würde es auf keinen Fall schaffen, rechtzeitig einzugreifen. Er schwang die Keule über dem Kopf und dachte, dass er die Vierbeiner vielleicht lange genug aufhalten konnte, um einen letzten selbstmörderischen Angriff zu starten. Die zwei anderen Bestien hatten sich wieder auf alle viere herabgelassen, um genau darauf vorbereitet zu sein. Ihre Kiefer mahlten, als könnten sie sein Fleisch bereits schmecken.
    »Halt!«, rief eine Stimme.
    Alle erstarrten, der Mensch und die Bestien. Stolperzunge erkannte, dass es nahezu lautlose Worte waren, die er nur mithilfe des Sprechers hören konnte.
    Er drehte sich langsam um.
    »Oh, jetzt steckst du mit drin, Junge«, sagte Steingesicht.
    Hinter ihm warteten weitere drei Bestien. Eins der Geschöpfe war wesentlich kleiner als alle anderen, die Stolperzunge bisher gesehen hatte. Wenn es sich auf die Hinterbeine erhob, erreichte es kaum die Höhe eines großen Menschen.
    »Gute Suppe braucht menschliche Knochen«, sagte es.
    Stolperzunge hob seine dürftige Keule. Die zwei Vierbeiner, die ihren Sprecher bewachten, spannten ihre Muskeln kampfbereit an, aber das Wesen selbst beachtete sie nicht weiter, sondern richtete den Blick auf die Waffe des Menschen.
    »Eine stumpfe Kralle tötet nicht gut.«
    »Das ist nur eine Keule«, sagte Stolperzunge. »Wir wollten einen von euch lebend fangen. Um zu reden. Wir haben schon ein paarmal versucht, mit euren Jagdgruppen zu reden, aber sie haben entweder Jagd auf uns gemacht oder sind geflüchtet.«
    Das Wesen schien ihn aufmerksam zu mustern, aber wer konnte bei Bestien schon genau sagen, was in ihnen vorging!
    »Magier, die zu allen Wesen sprechen können …«, sagte es. »Vielleicht gibt das Fleisch deiner Schnauze mir und meinen Schwestern dieselbe Macht.«
    Es kam etwas näher. Stolperzunge konnte das leichte Schimmern seiner Schuppen erkennen. Tagsüber waren sie rot, und manchmal sorgten die Wesen dafür, dass sie leichter zu verfolgen waren, indem sie sie abwarfen oder an einer Mauer abrieben.
    Die Bestie war dem Jäger jetzt so nahe, dass er ihr den Schädel hätte zertrümmern können. Sein Herz klopfte rasend schnell und wurde noch schneller, als zwei Krallenhände seine Schultern packten.
    »Töte ihn!«, rief Steingesicht keuchend. »Warum erschlägst du ihn nicht?«
    Das Wesen drückte seine klebrige, stinkende Schnauze an Stolperzunges trockene Nase. Es sagte oder flüsterte vielleicht nur: »Der kleine Magier muss gut reden, um seine Knochen vor der Suppe zu retten.«
    Stolperzunge nahm einen tiefen, zitternden Atemzug. In unmittelbarer Nähe kratzte der beißende Geruch der Bestie in seiner Kehle und machte ihn schwindlig. Er hoffte, dass er bei ihr nicht Ähnliches auslöste.
    »Wir wollen ein Bündnis«, sagte er. »Wir werden aufhören, euch zu jagen, wenn ihr aufhört, uns zu jagen. Aber wir werden unsere Toten gegen eure tauschen. Wir werden sogar bei der Jagd mit eurem Volk zusammenarbeiten. Wir sind nicht so stark wie ihr, aber wir können schneller rennen. Und wir bauen gute Fallen. Ihr dürft bei uns Schutz suchen, wenn ihr gejagt werdet. Wir …«
    »Gut«, sagte das Wesen und trat zurück. »Die Schuppenlosen werden unsere Schwestern sein.« Während es sprach, bewegte sich die spitze Schnauze seitlich hin und und her. Stolperzunge zuckte zusammen, als es ihn erneut berührte und mit den Krallen an seinen Schultern kratzte.
    »Neue Schwestern machen sich ein Blutgeschenk. Komm.« Der Vierbeiner, der in Stolperzunges Hinterhalt verletzt worden war, humpelte auf sie zu.
    »Iss diese, um deine Schwestern stark zu machen. Ihre Knochen bergen Macht. Ihre siebente Mutter lebte jenseits des Daches in einem Nest aus Metall.« Es deutete mit einer Kralle auf den am Boden liegenden Steingesicht. »Nun benötigt das Bündnis ein Opfer von deiner Familie.«
    Es wartete. Stolperzunge sah, wie sich in der Ferne die ersten Platten des Daches verdunkelten. Genau über ihm schwebte eine Sphäre, eine der Flugmaschinen von Indranis Volk, und beobachtete alles, was er tat. Bist du da drin? Aber Indrani hätte ihm geholfen, wenn sie hier wäre. Dessen war sich Stolperzunge ganz sicher.
    Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, eine menschliche Hand. Dann roch er

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