Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
„Welt“ arbeitet und zuletzt zwei sehr schöne, datengetriebene Geschichten gemacht hat – über die Steuerhinterziehungen bei Rainbow-Tours und über die Cash-Kuh „Youporn“. Auch die „TAZ“ will er da noch erwähnt wissen.
Maas wird immer öfter von Redaktionen eingeladen, Workshops zum Thema Datenjournalismus zu halten. Aber es ist – noch – ein wirklich überschaubarer Bereich. Vorzeigeprojekte könnten laut Maas in Zukunft übrigens auch vermehrt von Institutionen kommen – Greenpeace wäre hier ein Kandidat, aber auch Stromanbieter oder Verkehrsunternehmen. Dazu lassen die Aktivitäten von großen Marken wie Coca-Cola oder Red Bull auf diesem Sektor aufhorchen. Gut möglich, dass vor allem größere Unternehmen sich hier lieber auf eigene Daten-Content-Produktion verlassen wollen als zu warten, bis die klassischen Medien nachziehen.
Julius Tröger ist einer der bereits anerkannten Datenjournalisten in Deutschland. Seine Arbeit für die „Berliner Morgenpost“ „So twittern die Berliner Abgeordneten“ hatte Ende 2012 für Aufmerksamkeit im deutschen Blätterwald gesorgt. Er wertete 60.000 Tweets aus und ermöglichte in einer interaktiven Grafik einen Einblick in die Gedankenwelt der Volksvertreter. Für ihn sind die „Süddeutsche“ und „Die Zeit“ besonders zu erwähnen, wenn es um Projekte in Deutschland geht: „‚Zeit Online‘ hat mit seiner interaktiven Grafik zur Vorratsdatenspeicherung große Aufmerksamkeit bekommen und damit einen wichtigen Grundstein für Datenjournalismus in Deutschland gelegt. Das Team von Sascha Venohr veröffentlicht immer wieder interessante Daten-Projekte.“
Obwohl sich Tröger also bereits zu den wenigen etablierten Vorreitern des Datenjournalismus in Deutschland zählen darf, war er gerade auf einer Art Praktikum bei ProPublica, einem investigativen Online-Newsdesk in New York, und bei der US-Ausgabe des „Guardian“, auf dessen bahnbrechende Daten-Story ich ja schon hingewiesen habe. Bei ProPublica konnte Tröger bei einem Projekt mitarbeiten, das Newsroom-Coding 149 fördert, also die Erstellung von News-Apps von Journalisten in der Redaktion zu bestimmten Themen. „Das sind Storys. Geschrieben als Computerprogramm statt als Text. Viele Geschichten ergeben erst dadurch Sinn“, sagt Tröger, „nehmen Sie zum Beispiel die News App ,Dollars for Docs‘ – darin wird ausgewertet, wie viel Geld Ärzte von der Pharmaindustrie bekommen. Im Data-Design stecken Nachrichten“. Was der Datenjournalist aus Deutschland von seiner Hospitanz im Big Apple mitnahm? „Der größte Unterschied liegt darin, dass Programmierer dort direkt in den Redaktionen arbeiten. Ich bin der Meinung, dass wir das auch in Deutschland brauchen. Außerdem fand ich die individuelle und ständig wechselnde Teambildung aus Social-Media-Experten, Programmierern, Reportern und Designern spannend – je nachdem, wie es die Nachrichtenlage erfordert.“ Er ist überzeugt, dass einfach jeder Journalist, der im Web tätig ist, zumindest die grundlegenden Tools des Datenjournalismus beherrschen sollte. Zum Know-how eines Datenjournalisten gehören für Tröger der Umgang mit Datenbanken (SQL), ein Grundverständnis der aktuellen Tools wie „Datawrapper“, Web-Technologien und einer Skriptsprache wie Javascript oder Python. Außerdem sollte man sich nicht von riesigen Zahlenbergen in Excel-Tabellen abschrecken lassen.
Eine Studie des Zentrums für Journalismus und Kommunikationsmanagement der Donau-Universität Krems unter Journalistinnen und Journalisten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz ergab, dass bereits 60 Prozent der Befragten Datenjournalismus zumindest in geringem Ausmaß betreiben, wobei sich allerdings das Begriffsverständnis von Datenjournalismus als sehr heterogen darstellte. Ausbildungseinrichtungen beginnen sich darauf einzustellen. So hat das Institut für Politische Wissenschaften der Universität Zürich ab dem Herbstsemester 2013 einen Studienschwerpunkt „Politischer Datenjournalismus“ eingerichtet. Daten sind nicht mehr nur Recherchequellen, sondern zentraler Gegenstand des Journalismus, ein für die breite Öffentlichkeit aufbereitetes neues Erzählformat, begründet die Universität das neue Studienangebot, bei dem die Studierenden anhand von Praxisbeispielen in das „Kommunizieren wissenschaftlicher Zusammenhänge und in das datenbasierte Storytelling eingeführt werden“. 150
Auch in Österreich setzt sich, wie Julian Ausserhofer in seinem
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