Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
gezogen war. Was nahmen wir über unsere Umgebung nicht alles auf, auch die Düfte. Immer roch es bei uns nach Räucherstäbchen, wobei das keine religiösen Gründe hatte. Es war einfach eine Frage der Ästhetik: Ich mochte es.
FOLCO: Ja, lauter schöne Häuser! Und am Schluss hast du dich hierher zurückgezogen, nach Orsigna.
TIZIANO: Hier fühle ich mich wohl. Denn all die anderen Häuser standen für den Traum eines Mannes, der in ärmlichen Verhältnissen geboren war und es zu Ruhm und Glanz bringen wollte. Und so hatten sich darin allmählich die Gegenstände eines ganzen Lebens angesammelt, die Statuen, Bilder und Teppiche, die Buddhas, das chinesische Bett und meine Bibliothek. Auch du, Folco, wirst merken, wenn du älter wirst, dass wir im Laufe des Lebens immer mehr Dinge anhäufen, nicht? Du kaufst Möbel, etwa einen schönen, neuen Esstisch, um Freunde einladen zu können; du baust dir ein Haus mit vier Zimmern, aber bald brauchst du schon acht, denn es fehlen noch das Zimmer für die Tochter und ein Gästezimmer. Es wird immer mehr und mehr, aber am Ende wird dir bewusst, dass zwischen den wunderbaren Häusern, in denen du dich verwirklicht hast, und dem Sarg, in dem ihr mich einäschern werdet - dass es ja ein schlichter wird, auch wenn sie euch einen aus poliertem Palisander und mit Goldbeschlägen aufzuschwatzen suchen! -, also dass zwischen jenen Häusern und deinem Sarg noch ein letzter Traum liegt: das Baumhaus, das du dir als Kind immer gewünscht hast, mitten im Laub …
So ein Häuschen habe ich mir hier gebaut: meine Gompa, in der ich jetzt lebe, einen kleinen Holzkasten mit tibetischen Farben und Gegenständen. Hier bin ich in meinem Element. Wie groß wird er sein? Zwei mal drei Meter? Und doch habe ich alles, was ich brauche, alles was mir noch das Gefühl gibt … wo ich mich wohl fühle.
Was habe ich in meinem Leben nicht für schöne Dinge besessen! Aber wie Mama immer so treffend sagt: Ein Sarg mit Gepäckträger ist noch nicht erfunden worden.
Wir lachen.
ZWISCHENSPIEL
TIZIANO: Angela?
ANGELA: Ja?
TIZIANO: Der Griesbrei … nicht zu fest, aber gut durchgegart. Und am Ende fügst du ein Eigelb hinzu. Sonst nichts.
ANGELA: Den Parmesankäse streust du dir selbst darüber?
TIZIANO: Ohne Parmesan. Wer hat denn von Parmesan gesprochen?
Wir lachen.
FOLCO: Mama? Weder zu heiß noch zu kalt, weder zuviel noch zuwenig, weder in dem blauen Schüsselchen noch in dem gelben. Und am besten bringst du gleich zwei Löffel mit, man kann ja nicht wissen, ob heute der Tee- oder der Esslöffel gewünscht wird.
Wir lachen.
TIZIANO: Du Schlingel! Also, Angela: einen schönen Griesbrei, nicht zu hart …
FOLCO: Nicht zu hart und nicht zu weich. Das ist eine Frage von wenigen Gramm!
ANGELA: Und dazu zwei Eier.
FOLCO: Nicht zwei - eins!
TIZIANO: ZWEI!
FOLCO: Nicht eins und nicht zwei.
Wir lachen.
ANGELA: Folco, du bringst mich ganz durcheinander.
Mama geht hinaus.
TIZIANO: Bin ich froh, dass dieser verdammte Kloß im Magen verschwunden ist!
FOLCO: Der Kaffee hat dir gut getan.
TIZIANO: Ja, sehr.
FOLCO: Du hast sogar das Essen bei dir behalten. Das ist das Wichtigste: vor dem Kloß nicht gleich zu kapitulieren.
TIZIANO: Stimmt, ein bisschen Kraft …
FOLCO: Immer wieder alles auszuspucken, würde jedermanns Magen strapazieren.
TIZIANO: Der Blutklumpen ist Gott sei Dank raus, jetzt fühle ich mich endlich besser.
Nach einer Weile kommt Mama mit einem Tablett.
TIZIANO: Was ist denn das?
ANGELA: Zwei Eier.
FOLCO: Nicht eins und nicht zwei.
TIZIANO: Parmesan und ein bisschen Butter. Butter! Wunderbar. So ist es recht. Noch ein bisschen mehr.
ANGELA: Noch mehr?
FOLCO: Was will das Kätzchen denn, Mama?
ANGELA: Es maunzt ohne Unterlass.
FOLCO: Es starrt ja vor Dreck! Ich muss es mal ordentlich mit dem Schlauch abspritzen.
ANGELA: Nein, das mag es nicht.
FOLCO: Das wird ihm nicht helfen - es ist schauderhaft dreckig!
ANGELA: Nein, das mag es gar nicht!
TIZIANO: Und hinterher stecken wir es zum Trocknen in den Ofen.
Wir lachen.
ANGELA: Man müsste es packen und im Gras abwischen, um es zu säubern.
Geräuschvoll isst Papa seinen Griesbrei.
TIZIANO: Lecker.
ANGELA: Er ist schön glatt geworden. Das kriege ich inzwischen hin. Und dann heißt es immer, ich könne nicht kochen!
TIZIANO: Herrlich, das Essen ohne diesen scheußlichen Kloß hinunterschlucken zu können.
ANGELA: Was meinst du, Tiziano, ist dieser Kloß psychischer Natur, oder ist er echt?
TIZIANO:
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