Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
Buddhisten. Trotzdem erschauderte ich, als unser Gärtner Kamsing mir darlegte, wie wir uns von der Rattenplage befreien konnten. Er meinte, wir müssten uns eine schnappen und bei lebendigem Leibe verbrennen. Ihre erschütternden Schreie würden alle Ratten der näheren Umgebung vertreiben und so würden sie unsere Vögel in Ruhe lassen. Mir grauste beim Gedanken an diesen Ritus, aber irgendwie mussten wir uns ja wehren und so erlaubte ich Kamsing, ihn in meiner Abwesenheit durchzuführen.
Er lacht.
Ich muss zugeben, es hat funktioniert! Lange kamen die Ratten nicht wieder.
Unser Garten war reich bevölkert. Außer der Riesenschildkröte im Teich stieß man im Gras immer wieder auf kleine Landschildkröten, die sich zwar nur im Schneckentempo bewegten, aber dafür überall, wirklich überall hin krochen. Unser geliebter Familienhund Baolì konnte sie nicht leiden und knurrte sie immerzu an. Eines schönen Tages kam noch ein anderer Hund hinzu, ein Findling, der den Namen Chokdi, Glücksbringer, erhielt. Dabei hatte eigentlich ich ihm Glück gebracht, denn ich hatte ihn, räudig und verschreckt, unter meinem Auto gefunden, als ich einmal vom Chatuchak-Markt nach Hause fahren wollte. Außerdem gab es eine Reihe von Gänschen, die hin und wieder aufgestockt werden mussten, wenn wir vergaßen, die Schildkröte mit Hühnerbrust zu versorgen, Enten, die in einem kleinen Thai-Häuschen wohnten, Figuren aus Holz und Stein, die ich zwischen den Pflanzen aufgestellt hatte, und ganz hinten im Garten eine Statue von Ganesha, dem Elefantengott, eine Kopie, die ich mir in Angkor hatte anfertigen lassen.
FOLCO: Mein Lieblingsvogel war der, der Geräusche besser nachahmen konnte als ein Papagei und während eines Monsuns samt Käfig in den Teich fiel und ertrank.
TIZIANO: Ja, stimmt! Herrlich, ein myna, ein sprechender Vogel. Unser Haus war sehr groß und in verschiedene Flügel unterteilt, von denen einer vom Dienstpersonal bewohnt wurde. Wir hatten eine ausgezeichnete Köchin, die uns die leckersten thailändischen Gerichte vorsetzte, ein Dienstmädchen, einen Fahrer, der mich begleitete, wenn ich beruflich unterwegs war, und Kamsing. Sie aßen alle gemeinsam in einem hübschen Häuschen am Teich, und einer von ihnen erzählte mir, dass man dem myna das Sprechen beibringen konnte, indem man bei Morgengrauen aufstand, ein Handtuch über den Käfig deckte, selbst auch darunter schlüpfte und ihm im Dunkeln etwas vorsprach. Tagelang versuchten wir, ihm ein bisschen Italienisch beizubringen …
FOLCO: Nein, Papa, das war ganz anders! Keiner von uns hatte Lust, so früh aufzustehen, um dem myna etwas beizubringen! Eines Tages, als wir bei Tisch saßen, machte es auf einmal „Dringdriiiing, dring-driiiing“und ich ging ans Telefon, doch es meldete sich niemand. Das war der myna gewesen, der, weil wir ihm nichts anderes beigebracht hatten, nun den Klingelton des Telefons perfekt nachahmte!
Und dann gab es noch diesen anderen Vogel, Papa … TIZIANO: Meinst du die Turteltauben, die immer „U-uuuh, u-uuuh“machten?
FOLCO: Nein. Diesen schrecklichen, der uns den letzten Nerv raubte mit seinem durchdringenden ….
TIZIANO: Den gavao ! „Gavao-gavao-gavao-gavaooo!“FOLCO: Ah, dieser herrliche tropische Schrei!
TIZIANO: Nur war es dabei unmöglich zu schlafen. Morgens um fünf, wenn Kamsing aufstand, wachte auch er auf und begann mit seinem „gavao“. Erst stellten wir ihn nachts in mein Arbeitszimmer hinten im Garten, aber zu hören war er trotzdem. So beschlossen wir eines Tages, ihn freizulassen, damit er uns endlich in Ruhe ließ. Von wegen! Er setzte sich auf den Wipfel des Brotbaums und rief von dort aus weiter. Irgendwann flog er dann fort.
Ach, unser herrliches Schildkrötenhaus!
All die schönen Häuser, die wir bewohnt haben, waren letzte Bastionen eines asiatischen Lebensstils. Aus allen hat uns die Moderne vertrieben, die unaufhaltsam vorrückte und sich das Alte einverleibte. Die meisten wurden nach unserem Auszug abgerissen, auch in Bangkok begannen um uns herum Wolkenkratzer in den Himmel zu wachsen. Selbst die Welt der Schildkröte ist nicht mehr, was sie einmal war.
FOLCO: Ob ihr noch jemand zu fressen gibt?
TIZIANO: Sie hat bestimmt dran glauben müssen.
FOLCO: Was?! Wieso?
TIZIANO: Den Teich gibt es nicht mehr.
FOLCO: Wie bitte?
TIZIANO: Bestimmt nicht.
Wie haben wir unsere Häuser geliebt, diese alten, etwas heruntergekommenen Häuser mit ihrem Flair von Geschichte, durch die schon so viel Leben
Weitere Kostenlose Bücher