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Das Ende meiner Sucht

Das Ende meiner Sucht

Titel: Das Ende meiner Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Ameisen
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gewissen Wert gefallen ist, müssen sie einen gehen lassen. Besorg mir einen Anwalt.«
    »Ich weiß nicht, was das medizinisch Richtige für dich ist, Olivier.«
    »Es ist jedenfalls nicht richtig, jemanden in die Klapse zu sperren ohne die fundierte medizinische Diagnose einer psychischen Krankheit, dass er nicht entscheidungsfähig ist. Hol mich hier raus, du Mistkerl!«
    Natürlich entgleiste das Gespräch an diesem Punkt.
    Ich rief Joan an. Ich wollte wissen, wieso man mich in die Psychiatrie gesteckt hatte. Sie sagte, es sei nicht so geplant gewesen, aber Tom habe sie so eingeschüchtert, dass sie den Dingen zu meinem Besten ihren Lauf gelassen habe. Um sicherzustellen, dass ich nicht wie üblich nach der akuten Entgiftung entlassen wurde, hatte Tom gelogen und erzählt, ich sei gefeuert worden, hätte Schulden und hätte gegen ärztlichen Rat den Entzug abgebrochen. Er hatte dem Krankenhauspersonal die Pistole auf die Brust gesetzt: »Wenn ihr den Burschen gehen lasst und ihm etwas passiert, werde ich die New York Post anrufen und euch die Sache anlasten.«
    Ich rief meine Mutter in Paris an. Sie sagte: »Lass zu, dass sie sich um dich kümmern.«
    Ich erwiderte: »Hätte es dir gefallen, wenn ich in Auschwitz gesagt hätte: ›Lass zu, dass sie sich um dich kümmern‹? Das hier ist Freiheitsberaubung. Mich mit einem gewalttätigen Schizophrenen in ein Zimmer zu sperren hat nichts mit medizinischer Fürsorge zu tun.«Alkoholiker sagen unweigerlich verletzende Dinge zu ihren Freunden und Angehörigen. In der erschreckenden, verwirrenden Situation, gegen meinen Willen eingesperrt zu sein, fühlte ich mich von jedermann verraten. Wie ein verwundetes Tier im Käfig schnappte ich nach jedem, der den Gitterstäben zu nahe kam. Ich erhielt 80 Milligramm Valium pro Tag und war immer noch in Panik.
    Kurzfristig hätte es nicht einmal eine Rolle gespielt, wenn ich meine ärztliche Zulassung für den Bundesstaat New York freiwillig zurückgegeben hätte. Eine bürokratische Mühle war in Bewegung gesetzt worden, und ich musste auf die eine oder andere Weise hindurch.
    In meiner verzweifelten Suche nach einem Ausweg aus der Falle rief ich André Gadaud in der französischen Botschaft in Bern an. Die Schweiz ist ein neutrales Land, sagte ich mir, dort kann mir niemand etwas tun. In einem Telefongespräch kurz zuvor hatte ich André endlich von meinem Alkoholproblem erzählt, wie ich es eigentlich schon ein Jahr zuvor im direkten Gespräch hatte tun wollen, und er hatte sehr einfühlsam reagiert.
    Ich schilderte meine Notlage und fragte ihn: »Wenn ich es schaffe, hier abzuhauen und ein Flugzeug zu bekommen, würdest du mir in der Botschaft Zuflucht gewähren? Ich würde niemandem sagen, wo ich bin, nicht einmal meiner Mutter.«
    »Kein Problem. Du kannst kommen, wann immer du willst, und bleiben, so lange du willst.«
    Für meine Flucht brauchte ich meine Kreditkarte und meinen Pass. Es war Freitag, der 10. Juli, und am Montag, dem Unheil verheißenden 13., sollte ein Fahrer von der Entzugsklinik Marworth bei Scranton mich abholen. In Marworth gedachte ich zu sagen, ich hätte bedauerlicherweise meine Kreditkarte nicht dabei, und dann würden sie mich sicher nach Hause schicken, um sie zu holen. Sobald ich allein war, würde ich zum Flughafen fahren und die erste Maschine nach Zürich nehmen. Es würde hart sein, während der Reise nicht zu trinken, aber ich war sicher, dass ich es aus lauter Verzweiflung schaffen könnte.
    Im Krankenhaus ließen sie mich nicht aus den Augen, so fuhren Joan und Steve am Samstag in meine Wohnung und packten ein paar Sachen für mich zusammen. Ich sagte zu Joan: »Vielen Dank, dass du mich in diese Scheiße reingeritten hast. Außer ein paar Sachen zum Anziehen brauche ich natürlich meine Kreditkarte und meinen Pass.«
    »Wozu brauchst du deinen Pass?«
    »Ich brauche ihn einfach und bitte dich, ihn mir mitzubringen. Du hast schon genug Unheil angerichtet. Du hast mich in die Notaufnahme geschickt und zugelassen, dass Lügen über mich erzählt wurden, und jetzt verliere ich womöglich meine Zulassung. Dank dir werde ich alles verlieren. Also, bringst du mir den Pass?«
    »Nein.«
    »Findest du das fair? Ich bin hier eingesperrt, obwohl ich nicht psychisch krank bin, und du machst dich zur Komplizin dieser Leute.«
    »Ich will die Verantwortung dafür, dir deinen Pass zu bringen, einfach nicht tragen.«
    »Sehr schön. Dann verschwinde. Es ist vorbei. Du wirst nichts mehr von mir hören.

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