Das Ende meiner Sucht
mich mit AA-Bekannten und Freunden und kämpfte gegen das Verlangen nach Alkohol, das immer stärker wurde, je weiter die Zeit voranschritt.
Damals hatte ich zwei Arten von Gesprächen mit den Therapeuten im ambulanten Programm von St. Luke’s-Roosevelt und mit meinen Ärzten. Wenn ich trank, fragten sie: »Was glauben Sie, warum sind Sie diesmal rückfällig geworden?« Nie konnte ich eine Antwort geben, die sie oder mich befriedigte. Rückblickend sage ich, dass eine befriedigende Antwort einfach nicht existierte. Die Frage wäre nur sinnvoll, wenn Alkoholismus keine biologische Störung wäre, sondern ein rein spirituelles Problem. Es ist, als würde man einen Krebspatienten fragen: »Warum ist Ihr Krebs zurückgekommen? Haben Sie eine negative Einstellung?«
Zu der Zeit beschämte mich die Frage und verstärkte meinen Selbsthass, weil ich nicht in der Lage war, mit dem Trinkenaufzuhören. Wenn ich sagte, mein Hauptproblem sei die Angst, erwiderten Ärzte und Therapeuten unisono: »Wenn Sie mit dem Trinken aufhören, wird Ihre Angst verschwinden.«
Hatte ich es hingegen geschafft, ein paar Tage oder eine Woche oder sogar zwei nichts zu trinken, sagten Ärzte und Therapeuten: »Sie machen das großartig.«
Und ich erwiderte: »Aber ich fühle mich schrecklich.«
Die Wahrheit lautete, dass Alkohol zwar ein Gift sein mochte, aber ich mich nie besser fühlte, als wenn ich Alkohol getrunken hatte. Er beruhigte meine Ängste und gab mir ein Selbstbewusstsein, das sonst außerhalb meiner Reichweite lag. Aus meinen Gesprächen mit anderen Alkoholikern bei den AA, in dem ambulanten Programm im Krankenhaus und in allen möglichen Entzugskliniken wusste ich, dass sie das Suchtmittel nicht nur zur Erzeugung euphorischer Gefühle konsumierten, sondern um seelische Schmerzen zu betäuben, die schon lange vor ihrer Abhängigkeit bestanden hatten.
Leider verliert Alkohol wie jedes andere Suchtmittel als Medikament gegen Seelen-Not (als Gegensatz zu Seelen-Frieden, wie die AA sagen würden) früher oder später durch übermäßigen Einsatz seine Wirkung. Die Schwelle schwankt, und man kann keine exakte Dosis bestimmen, die wirksam bleiben wird, wie es bei Medikamenten gegen Bluthochdruck, Diabetes und vielen anderen Krankheiten möglich ist. Hemmungsloses Trinken bedeutet darum, dass man sich auf eine Achterbahnfahrt begibt mit langen gerade Strecken, ein paar Kicks und dem unvermeidlichen, schrecklichen Absturz in Kater, Stupor, Magen-Darm-Probleme, Blackouts und Schlimmeres.
Am Nationalfeiertag, dem 4. Juli, steckte ich mitten in diesem Kreislauf. Ich trank in düsterer Stimmung, um meine Angst und Panik abzuwehren. Am 5. Juli, einem Sonntag, brachte mir eine Frau namens Claudia, eine platonische Freundin, Suppe vorbei, und etwas später kam Joan. Wir redeten etwa eine Stunde, als ein Bekannter namens Tom auftauchte, ein PR-Mann, den ich über gemeinsame Freunde kennengelernt hatte.
Ich war froh, sie bei mir zu haben, bis Tom fragte: »Wann hast du eigentlich vor, mit dem Trinken aufzuhören?«
Mit einem Glas in der Hand erwiderte ich: »Also, Leute, ich beabsichtige in nächster Zukunft aufzuhören und in eine Klinik zu gehen, oder ich mache etwas anderes, damit ich für immer aufhören kann. Ich weiß nicht, wann und was es sein wird, aber heute ist es jedenfalls noch nicht so weit. Und wenn die AA und die Kliniken und meine Ärzte sich in einem Punkt einig sind, dann darin, dass die Entscheidung, mit dem Trinken aufzuhören, nur von dem Alkoholiker selbst kommen kann. Man muss psychisch dazu bereit sein. Es ist wie mit dem Rauchen. Man kann nicht von außen befehlen aufzuhören. Das funktioniert nicht.«
Tom meinte: »Ich denke, du gehörst in ein Krankenhaus.«
»Warum? Ich war schon in Krankenhäusern, und es hat nichts gebracht, außer dass ich mich schlecht gefühlt habe. Vielleicht gehe ich in ein paar Tagen ins Krankenhaus, oder ich mache die Entgiftung selbst, hier zu Hause.«
Tom erwiderte: »Schau dich doch an. Du trinkst, und du bist in einem fürchterlichen Zustand.«
»Trinken verstößt nicht gegen die Verfassung. Jeder Bürger hat das Recht, in seinen eigenen vier Wänden zu trinken. Ich störe niemanden, und wenn es dir nicht passt, darfst du gerne gehen.«
Tom wiederholte: »Ich denke, du gehörst in ein Krankenhaus.«
Joan mischte sich ein. »Nun, vielleicht auch nicht.«
Tom schob Joan aus dem Zimmer. Das empörte mich, und ich sagte zu ihm: »Bitte geh. Wenn du willst, kann ich auch die
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