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Das Ende meiner Sucht

Das Ende meiner Sucht

Titel: Das Ende meiner Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Ameisen
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hatte.
    Es war aufregend, wieder in der Stadt zu sein, die ich so sehr liebte. Ich fühlte mich zu Hause. Zugleich besaß die emotionale Erregungeine andere Qualität als vor der Zeit, als ich Baclofen genommen hatte. Statt dass im Hintergrund das Wissen um die Gefahr lauerte, ich könnte von meinen Gefühlen davongetragen werden, empfand ich mich als ruhig und geerdet. Nach ein paar Tagen kehrte ich nach Paris zurück, beunruhigt wegen Arifs Gesundheitszustand, aber froh, ihn gesehen zu haben, und begierig, die Studie über hoch dosiertes Baclofen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
    Der endgültige Entwurf für die Studie musste sehr bald beim PHRC eingereicht werden.
    Am Tag vor dem Termin informierten mich die Professoren X. und Y., sie hätten soeben entschieden, die Studie in der geplanten Form nicht durchzuführen, ihre Entscheidung sei unumstößlich. Sie würden nicht mehr hoch dosiertes Baclofen testen, sondern stattdessen eine Kombination von hoch dosiertem Baclofen und Naltrexon gegenüber Naltrexon allein.
    Ich war am Boden zerstört. Das würde der Studie jede definitive Aussagekraft über den Wert von hoch dosiertem Baclofen nehmen. Ein weiteres Problem bestand darin, dass »Baclotrexon«, wie ich die Mischung taufte, eine neue Medikation darstellte, bei der man nicht wusste, ob sie sicher war.
    Von einem Tag auf den anderen war die erste randomisierte Studie, die mit hoch dosiertem Baclofen durchgeführt werden sollte, gescheitert, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Trotz all der Arbeit, die ich in den Forschungsantrag investiert hatte, hoffte ich nun, dass das PHRC ihn ablehnen würde, damit er nicht die Chancen für künftige Versuche mit hoch dosiertem Baclofen verdarb.
    Giancarlo Colombo hatte mich eingeladen, am 12. April mit ihm zu Abend zu essen, am Tag vor Beginn der ESBRA-Tagung. Auf meine Frage per E-Mail, wie ich ihn erkennen würde, antwortete er, er sei zwei Meter groß. Ich erwartete trotzdem einen rundlichen, durch italienische Nudelgerichte beleibten, an einen Opernstar erinnernden Mann, aber stattdessen begrüßte mich ein schlanker, ruhiger, mirseelenverwandter Mann, mit dem ich mich auf Anhieb verstand. Auf jeden Fall hätte ich mir keine Sorgen machen müssen, ihn zu übersehen.
    Beim Kaffee auf der Terrasse des La Rotonde und dann im La Closerie des Lilas, das ich für das Abendessen vorgeschlagen hatte, wollte Giancarlo alles über meinen Kampf gegen den Alkoholismus und meine Erfahrungen mit Baclofen hören, und ich quetschte ihn über seine Forschungen aus. An einem Punkt in unserem Gespräch zog ich meinen Arztausweis hervor, ohne den ich Baclofen nie bekommen hätte, und sagte: »Das war meine Lebensversicherung.«
    Umgekehrt war es für mich faszinierend, als Giancarlo die Experimente in seinem Labor beschrieb, die nach David Roberts’ Nachweis der Wirkung von hoch dosiertem Baclofen bei kokainabhängigen Ratten gezeigt hatten, wie hinreichend hohe Dosen von Baclofen bewirkten, dass alkoholabhängige Ratten nicht länger den Hebel drückten, durch den sie Alkohol bekamen, und stattdessen Wasser tranken. Lebhaft gestikulierend schilderte Giancarlo, wie die Ratten erst eifrig den Hebel betätigten und dann komplett damit aufhörten. Sie hätten es weiter tun können, aber sie hatten die Motivation verloren, Alkohol zu konsumieren.
    Er erzählte mir außerdem, dass jeder Doktorand und Postdoc-Student, der neu in sein Labor komme, verpflichtet werde, meinen Fallbericht zu lesen. Er konnte es nicht mehr hören, wenn sie über seine Baclofen-Experimente sagten: »Da geht es doch nur um Ratten. Wir interessieren uns dafür, was bei Menschen wirkt.« Mein Paper war Giancarlos vorbeugende Reaktion auf solche Kommentare. Das befriedigte mich sehr, und ich schilderte, wie erstaunt ich gewesen war, dass die beiden Gutachter mein Paper nicht nur enthusiastisch für die Veröffentlichung in Alcohol and Alcoholism empfohlen hatten, sondern dass einer es auch noch als »Juwel, das es verdient, in der wissenschaftlichen Community verbreitet zu werden«, bezeichnet hatte.
    Giancarlo lächelte. »Der Gutachter war ich.«Die ESBRA-Tagung war eine großartige Gelegenheit, über Abhängigkeit im Allgemeinen und Baclofen im Besonderen mit einigen der führenden Forscher auf dem Gebiet zu diskutieren. Giancarlo stellte mich bereitwillig vielen Leute vor, darunter auch George Koob, mit dem ich per E-Mail Kontakt gehabt hatte, den ich aber nicht persönlich kannte. Bei einem privaten

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