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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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dem Friedhof.
    Die »klugen« Ehefrauen hingegen waren Frauen mit Verantwortungsbewusstsein, welche die Zahl der Geburten einschränkten nach ihrem eigenen Willen, ihren Bedürfnissen
und ihren finanziellen Möglichkeiten. Was allerdings bedeutete, dass sie den Mut hatten, sich stillschweigend über die Anordnungen der Kirche hinwegzusetzen.
    Wie hatte Großmutter Elise einst zu ihr gesagt, als Lena sich mit zwölf Jahren anschickte, eine junge Frau zu werden? »Kind, merk dir eines: Lass niemals die Kirche – und sei’s auch dein Beichtvater – in dein Ehebett hineinregieren! Keinen Priester geht an, was dort geschieht. Überhaupt haben sich nach meiner Meinung die Pfaffen aus Dingen, die nur Mann und Frau betreffen, herauszuhalten. Eigentlich dürften sie als zölibatär Lebende davon gar nichts wissen! Aber gerade das ist in der Beichte für sie am interessantesten. Ich habe mein Leben lang jedem Pfaffen die Auskunft über mein Eheleben verweigert.«
    Und dann hatte die Großmutter noch hinter vorgehaltener Hand hinzugefügt: »Sollen die Kerle sich doch aufgeilen, woran sie wollen! Du aber, mein Kind, sei so klug und biete ihnen keine Möglichkeit, sich mittels deiner naiven Mitteilungssucht schmutzige Gedanken zu machen.«
    Magdalena wusste auch, dass die Frauen in der Stadt zu den Hebammen gingen, um Mittel gegen eine Empfängnis zu erhalten oder um eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Sie war sich sicher, dass auch Gertrude, Rolfs Mutter, eine Reihe von Kräuterextrakten und -suden kannte, die im frühen Stadium Kontraktionen der Gebärmutter und damit Fruchtabgänge auslösten.
    Da gab es etwa das gefährliche Mutterkorn, die Gartenraute, das Reinfarn- und das Petersilienöl, den Wacholder und den guten alten Sadebaum. Letzterer – bezeichnenderweise auch »Mägdebaum« geheißen – war am bekanntesten und am meisten gebräuchlich. Heilkundige Frauen wussten ihn gezielt einzusetzen.

    Ihr Vater hatte über diese Dinge ebenfalls Bescheid gewusst – aber seiner jungfräulichen Tochter hatte er die genaue Kenntnis darüber, vor allem über die richtige Dosierung, verwehrt.
    »Ich werde mir das Wissen irgendwie aneignen müssen«, nahm sich Magdalena in diesem Augenblick vor. Sie würde das baldmöglichst tun, um Frauen wie beispielsweise der Wirtin helfen zu können; und natürlich wollte sie auch selbst davon profitieren, denn so erbärmlich stellte sie sich ihr zukünftiges Leben als Frau nicht vor …
     
    Inzwischen war die kleine Reisegesellschaft wieder unterwegs, und Magdalena hatte gar nicht mehr auf die Witterung geachtet. Erst als Rolf ihr eine dicke Decke überwarf, um sie vor der Kälte zu schützen, bemerkte sie, wie sehr das Wetter sich verändert hatte. Mittlerweile goss es in Strömen. Wie aus Kübeln rann der Regen aus einem bleigrauen Himmel, und außerdem war es – der Jahreszeit zum Trotz – empfindlich kalt geworden.
    Utz, der wie gewohnt auf dem Kutschbock saß, hatte sich ein dicht gewebtes Tuch um die Schultern gelegt und einen festen Hut mit breiter Krempe aufgesetzt. Mit starken Händen dirigierte er das Maultiergespann, das seit diesem Morgen aus vier Tieren bestand.
    Der Weg war zum Teil sehr steil und bestand aus losem Geröll. Dazu kam noch die gefährliche Nässe, und die Maultiere hatten es nicht leicht, die schwere Fracht zu ziehen. Auch sie litten unter dem Dauerregen und ließen die langen Ohren traurig hängen. Kaum beschleunigten sie den Schritt, als für den Augenblick der Pfad gerade einmal eben dahinging.
    Der Wirt hatte ihnen vorgeschwärmt, wie lieblich das Tal
sei, das zu durchfahren sie sich anschickten: von sanften, grünen Matten, auf denen fettes Vieh weidete, von herrlichen, dichten Eichenwäldern, in welche die Dörfler in jedem Sommer ihre Schweine bis zum Spätherbst zu treiben pflegten, und vom Fischreichtum der Bäche, die von den höheren Felsen herniederstürzten, hatte er berichtet.
    Von alledem konnten die Reisenden nichts erkennen. Die dichten Regenschleier behinderten die Sicht, und zusätzlich stiegen von der warmen Erde Nebelschwaden auf, die alles, was sich in wenigen Metern Entfernung befand, nur schemenhaft erahnen ließen.
    »Beim nächsten Anstieg steige ich aus, um es den armen Viechern etwas leichter zu machen«, kündigte Rolf an. »Ich werde das linke vordere Maultier führen, das wird es dem Gespann und Utz erleichtern, bei diesem Sauwetter auf dem richtigen Weg zu bleiben. Und du, Betz, wirst mir dabei helfen. «
    Der

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