Das Erbe der Apothekerin - Roman
nicht, was für ein Mensch er ist.«
»Das werden wir gewiss ganz schnell herausgefunden haben, Donna!«
Der Mönch blickte sie dabei nicht an, sondern beobachtete angelegentlich die Dohlen, die sie um Futter anbettelten.
»Wie meint Ihr das, Frater?« Magdalena war freudig erschrocken, wagte aber nicht, an ihr Glück zu glauben. Vorsichtig wandte sie dem jungen Mann ihr Gesicht zu. Verlegen blickten jetzt die dunkelbraunen Augen des noch jungen Klosterbruders in ihre blauen. Bruder Johannes räusperte sich verlegen.
»Nun ja! Unser Vater Prior zeigt ebenfalls großes Interesse am kommenden Konzil. Da er selbst das Kloster nicht für längere Zeit verlassen kann, sendet er mich und noch zwei Mitbrüder – Frater Jakobus und Frater Andreas – in die Konzilsstadt. Dort befindet sich eine Niederlassung unseres Ordens. Wir drei sollen von Anfang bis Ende des Konzils dort verweilen, alles genau beobachten und regelmäßig Botschaft in unser Kloster senden.
Uns Mönchen liegt viel daran, endlich zu wissen, welchem Heiligen Vater wir eigentlich Respekt und Gehorsam schulden und was es mit den nötigen Reformen der Kirche auf sich hat. Kurz und gut: Was liegt also näher, als dass Ihr und Betz uns begleitet? Ich könnte in Konstanz ein wachsames Auge auf Euch haben, Euch manche Türen öffnen und überhaupt darauf achten, dass Ihr in der Stadt eingeführt werdet, dass man Vertrauen zu Euch fasst und Ihr genügend Zulauf von Patienten erhaltet, um gut davon leben zu können. Betz wird
schon von selbst älter und klüger werden; und mit der Zeit kann er Euer Beschützer sein, wenn ich längst wieder hier in meinem Kloster sein werde. Nun, was meint Ihr dazu?«
Magdalena kamen die Tränen, so glücklich war sie auf einmal. Das war die Lösung! Natürlich traute sie es sich zu, für sich selbst und für den jungen Betz zu sorgen. Sie hatte nur Bedenken wegen der Anfangsschwierigkeiten gehabt. Aber jetzt, mit Bruder Johannes’ Hilfe und Beistand, würde sie es spielend schaffen. Eine tiefe, warme Zuversicht durchströmte sie, ein Gefühl, das sie schon fast vergessen hatte.
Spontan erhob sich die junge Frau und fiel dem Mönch zu Füßen. Dankbar küsste sie seine Hand, ehe der junge Mann sie ihr errötend entzog.
»Nicht doch, Donna! Was tut Ihr? Nicht mir habt Ihr zu danken, sondern dem Vater Prior! Eigentlich war es seine Idee, Euch nach Konstanz mitzunehmen.«
»Durch Euch habe ich nicht nur meine Gesundheit wiedererlangt, sondern erneut den Glauben an den lieben Gott gefunden, Frater! Dafür werde ich Euch mein Leben lang dankbar sein. Dafür – und dass Ihr mir so viel beigebracht habt, während der letzten Zeit, die ich Euch im Infirmarium helfen durfte.«
Magdalena erhob sich von den Knien und nahm erneut neben Bruder Johannes Platz.
»Alle Mitbrüder waren erleichtert, dass Ihr bereit wart, mir und Frater Anselmus zu helfen während der Schlimmen Seuche, welche die Gegend vom Berner Oberland über die Rhône bis zu uns herüber heimgesucht hat«, erklärte der Ordensbruder mit einem sanften Lächeln. »Wie hätten wir es schaffen sollen, alle, die an schwerem Erbrechen, Durchfall, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen litten, zu versorgen? Ohne Euch wären wir ziemlich hilflos gewesen. Auch Euer
kleiner Schützling hat sich willig und geschickt angestellt. Der Knabe bringt die besten Voraussetzungen mit, um einst ein guter Apotheker oder Medicus – oder gar der Physicus eines hohen weltlichen oder geistlichen Herrn – zu werden. Vor allem, wenn es ihm gelänge, in Salerno Medizin zu studieren. «
»Wann wollen wir die Reise nach Konstanz antreten, Frater? « Magdalena dachte ans Nächstliegende, und die Freude darüber, endlich eine zukunftsweisende Entscheidung in Angriff nehmen zu können, blitzte aus ihren großen Augen. Fast klang sie unbeabsichtigt ein wenig ungeduldig.
Der Medicus lachte.
»Wir wollen nichts überstürzen, Donna. Aber ich verspreche Euch, dass es sehr bald sein wird. Ihr dürft Betz schon darauf vorbereiten. Allerdings solltet Ihr vorher einen unserer Klosterknechte zu seinem Vater schicken, mit der Bitte, Euch den Knaben zur Ausbildung zu überlassen. Erwähntet Ihr nicht, dass seine Eltern lediglich für ein Jahr auf ihren Sohn verzichten wollten?«
»Oh! Ja, natürlich! Mein Vetter Rudolf versprach dem Wirt, ihm seinen Sprössling wieder heil und gesund abzuliefern, wenn wir uns auf dem Rückweg von Italien nach Deutschland befänden. Ich werde den Mann fragen lassen, ob er mir
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