Das Erbe der Azteken
Männer in grünen Overalls an der östlichen Grenze des Anwesens. Zwei hackten mit Macheten auf das dichte Laubwerk des Urwalds ein, während der dritte einen Rasenstreifen mähte. Die Villa selbst war ein massiver, wuchtiger Bau mit gut vierzehnhundert Quadratmetern Wohnfläche. Balkone liefen in jedem Stockwerk um das gesamte Haus herum. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks stand ein hoher Turm mit einer Radioantenne und einer TV-Satellitenschüssel.
»Siehst du das?«, fragte Remi.
»Was?«
»Auf dem Dach an der östlichen Ecke.«
Sam richtete das Fernglas dorthin, wohin Remi gezeigt hatte, und entdeckte einen Big-Eyes-Marinefeldstecher auf einem Stativ.
»Also«, sagte Sam, »die schlechte Neuigkeit ist, dass sie schon auf zehn Meilen alles sehen können, was sich ihnen von Südwesten nähert. Siehst du das Koaxialkabel, das sich aus dem Gehäuse herausschlängelt?«
»Ist ja nicht zu übersehen.«
»Das dürfte für die Fernbedienung und für die Überwachung sein. Wahrscheinlich gibt es dafür einen Kontrollraum innerhalb des Hauses. Die gute Neuigkeit ist: Ich glaube nicht, dass sie über ein Nachtsichtgerät verfügen.«
Sie schwenkten die Ferngläser und blickten den Steilhang hinab auf den Hubschrauberlandeplatz. Am Rand des weißen Steinkreises saß ein einzelner Mann in einem Khakioverall in einem Liegestuhl; an seinem linken Oberschenkel lehnte ein AK-47-Sturmgewehr, bekannter unter dem Namen Kalaschnikow.
»Er schläft«, sagte Remi.
»Das und der fehlende Helikopter verrät uns, dass der Boss außer Haus ist.« Sam ließ sein Fernglas weiter wandern. Nach einigen Sekunden sagte er: »Auf der Njiwa bewegt sich etwas.«
»Ich sehe es«, meinte Remi. »Es ist ein vertrautes Gesicht.«
Itzli Riveras hagere, sehnige Gestalt und sein schmales Gesicht waren unverwechselbar. Er stand auf dem Vorderdeck der Yacht und hatte ein Satellitentelefon am Ohr. Nachdem er einige Sekunden lang schweigend zugehört hatte, nickte er, schaute auf die Uhr, sagte etwas und trennte dann die Verbindung. Er wandte sich nach achtern, formte mit den Händen einen Schalltrichter und rief etwas. Kurz darauf kamen Nochtli und Yaotl eilig durch den Aufgang auf der Backbordseite des Wetterdecks und blieben vor Rivera stehen. Er redete für einige Zeit auf sie ein, dann entfernten sie sich wieder.
»Das sah fast so aus, als hätte Rivera einige Befehle von oben weitergegeben. Hoffen wir, dass es dabei um die Glocke ging.«
»Um unsere Glocke«, korrigierte ihn Remi lächelnd.
»Ich mag, wie du die Dinge siehst. Zählen wir mal die Wachen.«
Für die nächste Viertelstunde waren sie damit beschäftigt und kamen insgesamt auf vier Wächter: einer am Hubschrauberlandeplatz, einer auf der Straße zum Kai und zwei, die auf dem Grundstück patrouillierten. Falls ihnen nichts entgangen war, sah es so aus, als achtete kein Wächter darauf, wer oder was sich von See aus der Insel näherte.
»Wir dürfen Rivera und die beiden anderen Figuren nicht vergessen«, sagte Sam. »Sie bleiben wahrscheinlich an Bord. Wenn ja, müssen wir uns irgendetwas einfallen lassen, um sie von dort herunterzuholen.«
»Das wird nicht leicht sein. Wenn man bedenkt, welchen Aufwand sie getrieben haben, um die Glocke in die Finger zu bekommen, werden sie sich wahrscheinlich sogar neben ihr schlafen legen.«
Den restlichen Nachmittag verwandten sie darauf, eine detaillierte Karte von der Insel zu zeichnen und ihr improvisiertes Picknick aus Früchten, Nüssen und Mineralwasser einzunehmen. Kurz nach fünf hörten sie von Osten Hubschrauberlärm. Sie schwenkten ihre Ferngläser in diese Richtung, und schon bald war auch der Urheber des Lärms zu sehen. Ambonisye Okafors Eurocopter EC135, jettschwarz mit getönten Scheiben, näherte sich der Insel und drehte eine langsame Runde über ihr, als ob der Mann an Bord noch einen Blick auf sein privates Reich werfen wollte, ehe er über dem Landeplatz verharrte und langsam aufsetzte. Der diensthabende Wächter war bereits aufgesprungen, stand stramm und präsentierte das AK-47. Während die Rotoren langsamer wurden, öffnete sich die Seitentür des Eurocopters, und heraus kam ein hochgewachsener, schlanker Afrikaner in einer strahlend weißen Uniform, die Augen hinter einer verspiegelten Sonnenbrille verborgen.
»Der Spaß hat ein Ende«, sagte Sam. »Daddy ist wieder zu Hause.«
»Offensichtlich hat unser Gastgeber die gleiche Modeschule besucht wie Idi Amin«, sagte Remi. »Ich möchte wetten, dass sein
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