Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
zweite stürmte jedoch im selben Moment an ihm vorbei, und aus den Augenwinkeln nahm Johann wahr, wie Berni sich ihm mit der angespitzten Latte entgegenwarf. Der Mann wich aus, zog ein Kurzschwert und stieß es Berni in die Brust. Im Hintergrund schrie Madlen, oben hörte man Irmla kreischen, und auf dem Hof gebärdete Hannibal sich wie toll, sein Gebell schien von allen Seiten widerzuhallen. All diese Geräusche waren jedoch für das Geschehen nur am Rande bedeutsam, sie begleiteten es wie das Heulen den Sturm.
Johann kämpfte mit dem dritten Mann, stellte sich ihm bei der Tür in den Weg, sodass der vierte nicht hereinkonnte. Sein Gegner war groß und kräftig und im Messerkampf erfahren, einer jener Söldner, die für eine Handvoll Silber vor keinem Mord zurückschreckten. Sein Dolch streifte Johanns Hemdsärmel, schlitzte ihn auf. Das reißende Geräusch fiel mit dem Gurgeln des Mannes zusammen, als Johann ihm die Damaszenerklinge quer über die Kehle zog und ihm den halben Hals durchtrennte.
Hinter ihm kreischte es unentwegt, Herz und Verstand wollten ihn zwingen, zu Madlen herumzufahren, doch seine Reflexe verhinderten, dass er dem Angreifer, der als Letzter hereindrängte, den Rücken zukehrte. Der Mann hielt eine Saufeder mit gekürztem Schaft, er drang mit dem Spieß auf Johann ein, der sich vor der mörderischen Spitze blitzartig zur Seite wandte, den Waffenarm des Mannes packte und ihn gleichzeitig vorwärts riss. Als der Angreifer, von seinem eigenen Schwung nach vorn getragen, über Johanns ausgestrecktes Bein fiel, sprang Johann ihm mit beiden Knien auf den Rücken, packte seinen Kopf und schnitt ihm von hinten die Kehle durch.
Das Schreien hatte aufgehört, Johann fuhr mit gezücktem Dolch herum. Der Mann, der Berni niedergestochen hatte, lag mit blicklos aufgerissenen Augen auf dem Rücken, die Zinken der Forke tief in der Brust vergraben, der Stiel wie ein Mahnmal senkrecht aus dem Körper zur Decke ragend. Veit hockte stöhnend neben ihm, er hatte den versehrten Arm unter die Achsel geklemmt. Madlen stand hinter ihm, dicht an die Wand gedrängt, die Augen weit aufgerissen, das Gesicht weiß wie Kreide. Johann war sofort bei ihr.
»Bist du verletzt?« Bevor sie antworten konnte, tastete er sie bereits fieberhaft ab, fuhr mit beiden Händen über ihren Kopf, ihre Brust, ihre Seiten. Nirgends war Blut.
»Mir fehlt nichts«, stieß sie hervor, dann drängte sie ihn zur Seite und stolperte an ihm vorbei zu Berni, der neben der Tür lag. Sie schrie und schluchzte, während sie neben dem Jungen in die Knie sank, den leblosen Körper in ihre Arme zog und ihn hielt. »Er ist tot! O Gott, er ist tot!«
»Geh von der Tür weg.« Johann packte sie und zog sie zurück, dann blickte er nach draußen. Überall rennende Gestalten, gereckte Waffen, Kampfgeschrei. Doch drüben, schräg gegenüber, auf der anderen Seite der Gasse, stand ein Mann, der nur beobachtete. Er spähte herüber wie ein Raubtier auf der Lauer, und als er erkannte, dass Johann ihn bemerkt hatte, zögerte er kurz, als sei er nicht sicher, was als Nächstes zu tun sei. Johann machte ihm die Entscheidung leicht, er trat mit dem bluttriefenden Dolch auf die Gasse hinaus, forderte den anderen stumm heraus. Jobst betrachtete ihn abwägend, dann drehte er sich um und lief mit ausgreifenden Schritten davon. Gleich darauf war er im Gewimmel der blindwütigen Raufbolde verschwunden.
Johann eilte zu Veit. »Wie steht es um dich?«
»Ich lebe noch«, kam es mit einem Ächzen zurück. »Du weißt doch, dass ein paar Kratzer mich nicht umbringen. Zum Glück hat der Kerl mir auf den Arm gehauen, den ich sowieso nicht mehr brauche.« Sein lakonischer Tonfall entlockte Johann einen Seufzer der Erleichterung. Doch als er sich die Verletzung ansah, fluchte er stumm. Ein tief klaffender Spalt zog sich über den Stumpf, das Blut floss in Strömen aus der Wunde. Veit versuchte heldenhaft, sein Stöhnen zu unterdrücken, doch ihm liefen vor Schmerzen die Tränen übers Gesicht.
»Ich hole Leinen zum Verbinden.« Madlen rannte zur Stiege.
Johann drehte sich zu Caspar um, der an der Wand neben der Tür lehnte und sich die ganze Zeit über nicht bewegt hatte. Die Hand, mit der er immer noch die provisorische Lanze umfasst hielt, hing schlaff herunter.
»Es ging alles so schnell«, sagte er hilflos. »Ich konnte gar nicht … Berni hatte schon … und dann war da Veit … Und plötzlich war alles vorbei.«
»Ich weiß«, sagte Johann. Er selbst hatte
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