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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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während er stumm ein Vaterunser betete.
    »Willst du beten oder pimpern?« Hermann klang ungeduldig. »Vier Pfennige, wenn du zu ihr willst.«
    »Ich habe nur drei«, platzte Jacop heraus. »Mehr muss ich nie für eine Stunde bezahlen.«
    »Wir haben die Preise erhöht.« Hermann dachte kurz nach. »Gib mir schon mal deine drei, den Rest kannst du beim nächsten Mal mitbringen.«
    Jacop wagte einen Widerspruch. »Ich sollte es vielleicht lieber Appolonia geben.«
    Hermann schüttelte nur den Kopf. »Du gibst es mir. Und ich gebe es ihr.«
    Eingeschüchtert rückte Jacop das Geld heraus. Er konnte nicht verhindern, dass seine Finger Hermanns Hand berührten, und während er mannhaft versuchte, sein Schaudern nicht zu zeigen, lächelte Hermann ihn sonnig an.
    »Sieh nur, hat doch gar nicht wehgetan.« Sein Grinsen wurde breiter. »Was nicht jeder von sich behaupten kann, der mit mir Geschäfte macht.«
    Jacop wandte sich zur Stiege. Soeben kam ein Mann von oben herunter, den er kannte. Es handelte sich um ein gut situiertes Ratsmitglied von der Rheinstraße, jemand aus der Richerzeche. Und er war mindestens fünfzig, ein Greis! Peinlich berührt wandte Jacop sich ab, damit der andere sein Gesicht nicht sah. Mit angehaltenem Atem wartete er, bis sich die Pforte hinter dem Besucher geschlossen hatte.
    »Na los«, meinte Hermann aufmunternd. »Je länger du hier herumstehst, umso weniger Zeit bleibt dir!«
    Jacop polterte bereits die Stiege hinauf.
    Am darauffolgenden Sonntag war der Tag der Entscheidung gekommen. Vor dem Kirchgang saßen alle Mitglieder von Madlens Haushalt um den großen Tisch in der Stube, jeder verspeiste seine Portion Haferbrei, nur Madlen brachte keinen Bissen herunter.
    Cuntz bemerkte es. »Du musst essen, Kind.«
    »Mir ist nicht danach.«
    »Hast du dich denn entschieden?«, fragte Irmla. Sie beugte sich über den Tisch, zog die Breischüssel heran und tat sich einen Nachschlag auf. »Du weißt doch, dass du einen der beiden nehmen musst, oder?« Es klang besorgt, als sehe sie sich schon auf der Straße sitzen.
    Madlen gab keine Antwort. Cuntz fasste tröstend nach ihrer Hand. »Du kannst in der Kirche noch einmal um Erleuchtung beten.«
    Das hatte Madlen schon die ganze Nacht über getan, sie hatte kaum geschlafen. Nach dem Aufstehen hatte sie gleich weitergebetet, zum Herrgott, zur Muttergottes, zum Erlöser und etlichen Heiligen.
    Madlen trank einen gut gefüllten Becher von einem kräftig gewürzten Bier, das sie neulich angesetzt hatte. Es prickelte leicht und schmeckte ausgezeichnet. Und es war sehr stark. Da sie ihren Brei verschmäht hatte, stieg ihr der Gerstensaft ungebührlich schnell zu Kopf, doch sie war dankbar für die Wirkung. Nach ein paar weiteren ordentlichen Schlucken kam ihr alles nur noch halb so schlimm vor. In der Kirche würde ihr schon einfallen, was richtig war.
    Auf dem Weg dorthin wich sie allen Blicken geflissentlich aus. Sie wollte sich nicht ablenken lassen, aber wie es schien, war das ein Ding der Unmöglichkeit: Barthel hatte sie schon vor dem Betreten der Kirche erspäht und ließ sie nicht mehr aus den Augen.
    Während des Introitus erwiderte sie seinen Blick, aber nur kurz. Das reichte. Ich nehme Jacop, durchfuhr es sie. Ich kann keinen Mann heiraten, der wie Barthel aussieht!
    Dankbar für diese Erkenntnis faltete sie die Hände und betrachtete den Priester, der mit segnend erhobenen Armen vorn beim Altar stand. Jacop würde ihr bei der Arbeit nicht dreinreden. Mit seinem Milchgesicht und seinen unschuldsvollen blauen Augen sah er zwar aus wie ein Knabe, aber dem würde die Zeit schon abhelfen.
    Bei diesem Gedanken angekommen, wurde Madlen jedoch unsicher. Mit seinen neunzehn Jahren war Jacop mitnichten ein Junge. Es war kein Geheimnis, dass er sein Geld am liebsten zu den Huren trug. Männer, die diesem Laster frönten, taten es immer wieder, ob verheiratet oder nicht. Jacop würde gewiss genauso weitermachen wie vorher, nur dass er dafür nicht sein, sondern ihr Geld verprassen würde. Dann wäre sie bald arm und musste in eine zugige Hütte am Stadtrand ziehen. Oder sogar in den Schuldturm, weil Jacop nicht nur vorhandenes Geld durchbringen, sondern sich vielleicht sogar fremdes leihen würde, um sich seine Ausschweifungen leisten zu können.
    Fieberhaft über dieses Problem nachsinnend, starrte Madlen den Priester an, ohne die Worte wahrzunehmen, die er sprach. Ihr war ein wenig schwindelig von dem Bier, was ihren Wankelmut noch zu verstärken

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