Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
Gebote stehenden Möglichkeiten durch. Die restlichen Hintergründe kannte Barthel sicher nicht, sonst wäre er längst damit herausgeplatzt.
Barthel warf sich triumphierend in die Brust. »Wie kann eine Eheschließung rechtens sein, wenn Henker und Schinder sie bezeugen?«
»Wieso nicht?«, widersprach Jacop sofort.
»Weil sie Unehrliche sind!«
»Na, aber ich bin keiner, oder?«
Barthel sah aus, als wolle er quer über den Tisch hechten und Jacop an die Kehle gehen. »Wie kam es, dass sie überhaupt dabei waren?«
»Nun, ich schätze, sie liefen ihm über den Weg, weil sie eigentlich vorhatten, ihn zum Köpfen aus der Stadt zu bringen. Auf diese Weise sind sie bestimmt mit ihm ins Gespräch gekommen und haben ihn … ähm, ein Stück seines Wegs begleitet.« Jacop zuckte leicht zusammen, weil das Räuspern seines Vaters seine letzten Worte übertönte.
»Das alles mutet höchst seltsam an«, meinte Braumeister Eberhard grollend. »Der Vorgang als solcher ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Es gibt eine Urkunde über die Heirat, Madlen hat sie mir gezeigt. Die Namen der Zeugen habe ich nicht gründlich studiert, die Schrift war nicht die beste.« Er warf seinem Sohn einen Blick zu, der darauf schließen ließ, dass er noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hatte. »Die ganzen Umstände mögen etwas merkwürdig sein. Aber es steht außer Frage, dass ein Priester dabei war und der Eheschwur geleistet wurde.«
»Und wenn die Ehe gar nicht vollzogen ist?«, rief Barthel mit bebender Stimme.
»Mit solchem Unfug wirst du uns doch wohl nicht ernstlich kommen«, sagte der Braumeister ärgerlich.
Barthel gab nicht klein bei. »Der Papst hat schon viele Ehen wegen fehlenden Vollzugs für ungültig erklärt! Es müssen nur Zeugen dafür gefunden werden! Man sollte die Leute befragen! Das könnte ich übernehmen!«
»Schluss mit diesem Unsinn«, beschied Eberhard ihn mit fester Stimme. »Ich werde prüfen, ob der Mann ein Brauer ist und damit die Bedingung erfüllt, die wir Madlen gestellt haben. Ist er keiner, wird das Brauamt die Schließung ihres Sudhauses verfügen. Ist er einer, darf sie weitermachen.« Er blickte in die Runde. »Hat jemand Einwände, dass wir so verfahren?«
Barthel hob die Hand, um seine Gegenstimme kundzutun. Er zitterte, doch sein Wille war ungebrochen.
»Da niemand deiner Meinung folgt, bleibt es dabei«, erklärte Eberhard.
Barthel sank auf seinem Stuhl zusammen wie ein Blasebalg, den jemand angestochen hatte. Sein Gesicht war bleich, doch dann sah er zu Jacop hinüber, der voller Unbehagen seinen Blick erwiderte. Ein wildes Glühen stand in Barthels Augen, und Jacop erkannte, dass dieser Mann nicht so schnell aufgeben würde.
»Und deshalb musst du dich in Acht nehmen«, vertraute Jacop Madlen flüsternd an. Sie standen zusammen auf der Gasse vor dem Goldenen Fass , Jacop hatte Madlen unverzüglich nach der Sitzung aufgesucht. »Der Kerl bringt es fertig, alles noch zu ruinieren.«
»Aber wie will er das anstellen?«
»Indem er tatsächlich Zeugen aufmarschieren lässt, die bekunden, dass alles nur Theater ist.«
»Woher will er das denn wissen?«
»Keine Ahnung. Irgendwas weiß er aber. Sonst hätte er nicht so geredet. Es würde mich nicht wundern, wenn er schon damit begonnen hätte, die Leute auszuhorchen.«
Madlen kaute an ihrem Daumennagel. Was war, wenn Jacop recht hatte mit seinem Verdacht? Vor allem Irmla tratschte für ihr Leben gern. Nicht einmal für Caspar und die Jungen mochte Madlen die Hand ins Feuer legen, sie konnten arglos alles Mögliche ausplaudern. Ganz zu schweigen davon, was für Gefasel die auf Schmähreden versessene Nachbarin womöglich schon in die Welt gesetzt hatte.
Madlen nahm sich den nächsten Fingernagel vor, Sorge und Unmut hatten sich ihrer bemächtigt. Hörte das denn nie auf?
»Könntest du nicht …?«, fragte Jacop, den Rest der Frage bedeutungsschwer in der Luft hängen lassend.
Sie hörte auf zu kauen. »Könnte ich was?«, fuhr sie Jacop an, obwohl sie ganz genau wusste, was er meinte.
»Du müsstest es ja nicht mehrmals machen, einmal würde schon reichen«, sagte er.
»Halt den Mund.«
»Ich sage ja gar nichts mehr.« Doch sofort fuhr er fort:
»Wo ist er überhaupt?«
»Keine Ahnung.«
»Oje. Er wird doch nicht schon fortgezogen sein?«
Madlen gab keine Antwort, weil sie es nicht wusste. In der einen Woche, die seit ihrer Übereinkunft mit Johann verstrichen war, war er des Öfteren verschwunden, so auch an diesem
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