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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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prächtigen orientalischen Palästen, von wilden Reiterhorden, den goldenen Dächern und dem betörenden Zauber der Heiligen Stadt. Madlen zweifelte nicht daran, dass das meiste davon frei erfunden war, aber das minderte die Faszination kein bisschen. Genau wie die anderen lauschte sie diesen Erzählungen jedes Mal mit aufmerksam gespitzten Ohren und konnte kaum genug davon kriegen. Ab und zu gab Veit eine komische Anekdote zum Besten, bei der reihum alle in Gelächter ausbrachen. Mit wenigen Worten konnte er eine so fröhliche Stimmung verbreiten, wie sie in diesem Haus bislang nur selten geherrscht hatte.
    Alle mochten ihn, und binnen weniger Tage ließ Irmla ihm dieselbe Vorzugsbehandlung angedeihen wie dem alten Cuntz. Sie tat ihm die besten Bissen auf, steckte ihm zwischen den Mahlzeiten weitere Happen zu, holte ihm becherweise Bier aus der Schankstube, schüttelte ihm täglich den Strohsack auf und änderte einige von Konrads Kleidungsstücken für ihn. Die Sachen lagen seit einem Jahr ungetragen in der Kiste in Madlens Schlafkammer, eine Tatsache, die Irmla mehrmals gespielt beiläufig erwähnte, bis Madlen sich schließlich dazu durchrang, sie herauszuholen. Es fiel ihr nicht sonderlich schwer. Konrad wäre damit mehr als einverstanden gewesen, er hatte die Armen stets mit derselben Bereitwilligkeit unterstützt wie sie selbst. Er hätte Veit gerngehabt, so wie es alle hier taten, sogar der Brummbär Willi.
    Madlen war froh, dass sie sich dafür entschieden hatte, Veit bei sich aufzunehmen.
    In den folgenden Tagen spielte sich auch zwischen ihr und Johann alles etwas besser ein. Zumindest beim Arbeiten gewöhnte Madlen sich an Johanns Anwesenheit. Es störte sie zwar gelegentlich, dass er das Gesinde befehligte und die Aufgaben verteilte, wie er es für richtig und angemessen hielt, genau so, wie es jeder Meister tat. An seinen Entscheidungen gab es jedoch nichts auszusetzen, sie waren stets durchdacht, Madlen selbst hätte nichts anders gemacht.
    Das Einzige, was sie kaum ertrug, war seine Art, das Bier zu kosten. Als Brauer hatte er dafür zu sorgen, dass das Bier gelang, und die einzige Möglichkeit, sich über den guten Geschmack eines Suds Gewissheit zu verschaffen, bestand darin, ihn zu probieren. Johann tat es, indem er einen Schluck nahm, ihn mit geschlossenen Augen auf der Zunge herumrollen ließ – und ihn dann wieder ausspuckte. Das konnte Madlen rasend machen, und mehr als einmal drängte es sie, ihn deswegen anzugehen, doch dann kam es ihr albern vor und sie ließ ihn gewähren.
    Der Knecht und die Lehrbuben befolgten Johanns Anweisungen klaglos, doch es entging Madlen nicht, dass dieser Gehorsam teilweise von Widerwillen begleitet war. Vor allem Caspar schaute zuweilen skeptisch drein, wenn Johann ihm dieses oder jenes auftrug, und manchmal kam es Madlen so vor, als wolle der Knecht aufbegehren und sagen, dass er die Arbeit auch allein tun konnte, ohne eigens dazu angehalten zu werden.
    Willi schien nach einem Befehl von Johann manchmal noch langsamer zu arbeiten als sonst, sein Gang wurde dann schleppend, sein Gesicht spiegelte seinen Verdruss wider, und seine Bewegungen kamen so zögerlich, dass Madlen ihn mehr als einmal barsch an seine Pflichten erinnern musste. Nur Berni tat eifrig sofort alles, was Johann verlangte. Wie ein junger Hund wuselte er um ihn herum, der zerzauste rote Schopf leuchtete ständig in Johanns Nähe. Berni schaute sich viel von Johann ab und versuchte immer wieder, ihn über seine Ritterzeit auszufragen, ohne jedoch mehr als ein paar beiläufige und nichtssagende Antworten zu ernten. So arglos Berni sich im Allgemeinen verhielt, so ausgeprägt war jedoch auch seine Neugier, er ließ nicht nach in seinem Bestreben, mehr über den neuen Meister herauszufinden. Wenn er Madlen und Johann beisammenstehen sah, äugte er jedes Mal zu ihnen hinüber, einen unsicheren, fragenden Ausdruck in seinem sommersprossigen Gesicht. Es war klar, was ihm dabei durch den Kopf ging – dasselbe, was auch den Knecht und Willi umtrieb und was auch Irmlas Neugier anstachelte. Wahrscheinlich machte auch der alte Cuntz sich Gedanken darüber, obwohl er es sich am wenigsten anmerken ließ. Alle miteinander fragten sie sich nur eines: Warum hatte Madlen so kurz entschlossen und ohne jede Ankündigung ausgerechnet diesen Fremden mit der geheimnisvollen und zweifelhaften Vergangenheit zum Mann genommen, statt entweder Barthel oder Jacop zu wählen, wie alle Welt es erwartet hatte?
    Einmal hatte

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