Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
Madlen aus dem Stall heraus ein Gespräch zwischen Caspar und Irmla mit angehört, die sich in gedämpftem Ton auf dem Hof darüber unterhalten hatten.
»Sie hat ihn nur aus einem Grund genommen – weil er sie nicht im Bett belästigt.«
»Bist du sicher?«, war es zweifelnd von Caspar gekommen. »Ich habe nämlich letzthin gesehen, wie er sie umarmte!«
»Das mag sein, aber das Bett teilen sie nicht. Ich schlafe unter der Treppe und höre alles. Oder in dem Falle eben nichts.«
»Du meinst, sie haben gar nicht …«
»Du sagst es«, bestätigte Irmla. Dann fügte sie in misstrauischem Ton hinzu: »Wieso siehst du so zufrieden drein? Machst du dir etwa immer noch Hoffnung, du könntest hier eines Tages der Meister werden?«
»Unsinn.«
»Wirklich? Ich sehe dir an der Nasenspitze an, dass du das Gegenteil denkst. Aber lass dir sagen, dass es völlig sinnlos ist.«
»Wenn die Bruderschaft mich als Zunftgesellen aufnimmt, kann ich sehr wohl eines Tages ein Braumeister werden!«
Madlen hatte sich beim Belauschen dieses Gesprächs mit schlechtem Gewissen daran erinnert, dass sie deswegen immer noch nicht bei Onkel Eberhard vorgesprochen hatte. Sie nahm sich vor, es bei nächster Gelegenheit nachzuholen. Gleichzeitig war jedoch ihre Sorge wieder erwacht, dass das, worüber Caspar und Irmla gerade gesprochen hatten, Barthel zu Ohren kommen könnte. Die Lage war und blieb unangenehm.
Mitte März 1260
Johann maß mit großen Schritten den Innenraum der Braustube ab. Madlen stand mit verschränkten Armen daneben. Die Lehrbuben, die eine willkommene Gelegenheit für eine Pause gekommen sahen, hielten mit ihrer Beschäftigung inne, doch Madlen scheuchte sie sofort wieder an die Arbeit.
»Hier könnte der zweite Kamin hin«, sagte Johann und deutete auf eine seiner Ansicht nach passende Stelle an der Längswand des Hauses, unweit der bereits vorhandenen Feuerstelle. »Der Rauchfang sollte entsprechend groß sein, damit zwei Brennstellen darunter Platz finden.«
»An der Wand schlafe ich aber!«, mischte Willi sich ein.
»Du kannst bei Caspar auf dem Dachboden neben der Tenne schlafen, da ist Platz genug«, wies Madlen ihn zurecht. Beleidigt wandte Willi sich wieder der verhassten Schrotmühle zu.
»Wozu sollen die zusätzlichen Brennstellen gut sein?«, erkundigte sich Caspar. Er stand vor dem Maischbottich und rührte das Gebräu um.
»Um mehr Sudkessel gleichzeitig betreiben zu können. Was am Ende mehr Bier bedeutet.« Johann wuchtete sich einen Sack Malz auf die Schultern und schleppte ihn zur Mühle. »Hier, bevor der Nachschub ausgeht.« Willi zog ein Gesicht und stöhnte vernehmlich, doch Johann schob ihn zur Seite. »Du warst lange genug an der Mühle. Kümmere dich um den Gaul. Er muss gefüttert und getränkt werden, und der Stall gehört ausgemistet. Ich übernehme das Schroten für eine Weile.«
Erleichtert zog Willi ab. Johann schüttete Malz in den Trichter und zog sich dann das Wams aus, das er ordentlich über ein Fass legte. Mit beiden Händen packte er die Treibstange. Der Mahlstein begann sich knirschend zu drehen. Es war warm im Sudhaus, fast heiß, denn die Sonne entfaltete trotz der frühen Jahreszeit bereits einige Kraft, und die dampfenden Schwaden, die von den Kesseln aufstiegen, taten ein Übriges. Niemand konnte es einem Brauer verdenken, wenn er im Hemd oder gar mit nacktem Oberkörper arbeitete, um nicht in Schweiß zu ertrinken. Caspar und die Lehrbuben taten das bei entsprechender Witterung auch oft, und Konrad sowie Madlens Vater hatten es zu ihren Lebzeiten nicht anders gehalten. Doch das hatte Madlen nie so irritiert wie bei Johann. Sein Hemd stand vorn offen und ließ eine beträchtliche Fläche seiner breiten Brust sehen, und der durchgeschwitzte Stoff des Hemdes spannte sich über den Schultern und Oberarmen, sodass niemandem seine eindrucksvollen Muskeln verborgen bleiben konnten.
»Berni«, rief Madlen zur Tenne hinauf. »Komm mit in den Keller und hilf mir ein Fässchen hochtragen! Wir brauchen für heute Abend noch frisches Bier in der Schankstube.«
Sofort ließ Caspar das Maischholz fahren. » Ich helfe dir.«
»Du bleibst hier und gibst auf den Sud Acht«, befahl Johann ihm. Zu Madlen sagte er: »Ich komme mit.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und ging hinaus auf den Hof, wo er kurz bei der Hundehütte stehen blieb und sich bückte, um dem Spitz das Fell zu zausen, bevor er in die Toreinfahrt weiterging. Dort war vor der Haustür eine große eichene
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