Das Erbe der Carringtons
heraussuchen konnte sie die
Zutaten schon. Jemanden zum Reden zu haben, während die Zaubertränke brauten,
war auch ganz nett.
Lorraine
und Iras Anrufe und Nachrichten ignorierte Sarah oder schrieb nur kurz zurück,
dass sie zu beschäftigt mit Lernen war und sich bei ihnen melden würde, sobald
sie mehr Freizeit hatte. Die Wahrheit war jedoch, dass sie die Konfrontation
mit ihnen vor sich herschob. Sie hasste Auseinandersetzungen und Streitereien.
Davon abgesehen, wollte sie nicht riskieren, doch wieder eingelullt zu werden.
Vielleicht war sie auch magisch manipuliert worden? Wieso hatte sie sonst so
lange gebraucht, um zu merken, was die Hexen taten? Sie wusste, dass sie
wahrscheinlich nur nicht hatte sehen wollen, was vor sich ging und es keine
magischen Gründe gab, ausschließen konnte sie es aber nicht. Außerdem war es
möglich, dass auch wenn Lorraine sie bisher nicht manipuliert hatte, sie jetzt
damit anfangen würde. Die andere Hexe war es gewöhnt, immer alles zu bekommen,
was sie wollte. Sarah war sich sicher, dass Lorraine sie trotz ihrer
Selbstbezogenheit mochte und gerne Zeit mit ihr verbracht hatte. Und genau
darin lag das Problem. Was Lorraine mochte, wollte sie haben. Dass sie Sarah
einfach gehen lassen würde, war unwahrscheinlich. Je mehr Sarah darüber
nachdachte, desto sicherer war sie sich dessen. Bevor sie Lorraine gegenübertrat,
musste sie ausreichend Schutzzauber herstellen und dafür sorgen, dass diese
stark genug waren. Sie konnte auf keinen Fall riskieren, selbst manipuliert zu
werden und sich hinterher wie einer von Elaine oder Cassys liebeskranken
Flirtopfern zu verhalten.
Zu
lange würde sie ihr Gespräch mit den Hexen allerdings nicht aufschieben dürfen.
Jeder Tag, an dem sie nichts tat, bedeutete einen mehr, an dem Menschen verhext
werden konnten. Das Gesicht des dunkelhaarigen Fremden mit den blauen Augen kam
ihr wieder in den Sinn. Ihn hatte sie mit Sicherheit schon verloren. Sarahs
Hände ballten sich zu Fäusten. Sie musste einen Weg finden, ihn zu retten. Auch
wenn er an ihr kein Interesse hatte, sie konnte nicht zulassen, dass Lorraine
ihn gegen seinen Willen an sich band. Er war ein freier Mensch, dem ihrer
Meinung nach das Recht zustand, selbst zu entscheiden, mit wem er ausgehen
wollte und allem Anschein nach war das nicht Lorraine gewesen.
Sarah
nahm sich eines ihrer Bücher und schlug den Index auf. Wenn es einen
Liebeszauber gab, um jemanden gefügig zu machen, musste es auch einen
Gegenzauber geben. Bevor sie sich Lorraine und den anderen stellte, würde sie
diesen finden und jede Menge davon herstellen.
Der
stärkste Anti-Liebeszauber, den Sarah finden konnte, war leider sehr
kompliziert und musste nach dem Brauen zwei Tage im Kühlschrank aufbewahrt
werden. Sollte das dazu beitragen, die hitzigen Liebesopfer abzukühlen? Sarah
hatte keine Ahnung, was ein kälterer Trank bringen sollte, beschloss aber, den Anweisungen
zu folgen. Der Autor des Buches wusste bestimmt, wovon er sprach. Außerdem gab
ihr die lange Vorbereitungszeit die Möglichkeit, sich selbst gut zuzureden,
noch Teleportieren zu üben, falls sie in einer heiklen Situation besser schnell
verschwand, und es bewahrte sie davor, heute schon Lorraine und den anderen
gegenüberzutreten. Sie war nicht in der Stimmung dazu.
Da
sie heute Zeit gehabt hatte und die Selbstverteidigungsschule, die sie sich
ausgesucht hatte, an diesem Spätnachmittag einen Kurs anbot, war sie das erste
Mal hingegangen. Es war auch alles gut gegangen und hatte sogar Spaß gemacht,
bis ihr Trainingspartner auf die Idee gekommen war, statt Anfängerübungen
lieber die Kicks der Fortgeschrittenen, die im anderen Teil des Raumes trainierten,
auszuprobieren. Natürlich war sie selbst schuld daran, dass sie mitgemacht
hatte, aber Kicks zu üben erschien auch ihr sinnvoller, als nur irgendwelche
seltsamen Bewegungen mehrfach zu wiederholen.
Seufzend
ließ Sarah sich auf ihr Bett zurückfallen, als sie sich daran erinnerte, wie
sie den Kick ausprobiert hatte. Dabei hatte sie aus Versehen angefangen zu
Schweben, entsetzt um sich getreten und ihren dumm dreinschauenden Partner mit
einem Kopftritt ausgeknockt. Glücklicherweise hatte niemand außer ihrem
Trainingspartner, der behauptete sich an nichts mehr zu erinnern, etwas
gesehen. Magische Fähigkeiten vor Prima Vista in nicht lebensbedrohlichen
Situationen zu benutzen, war ein Grund für Wächter einzugreifen. Sarah wusste
nicht, wie das Einschreiten eines Wächters aussehen würde,
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