Das Erbe der Drachen Teil 1 - Der brennende Traum
vor sich hin stierte und dessen Wangenmuskeln zuckten. Doch von ihm wollte sich niemand die gute Laune verderben zu lassen.
Wo war der Barde?, hörte Aichame.
Wo waren die Spielleute?, wurde gefragt.
Wer sagte eigentlich, man müsse schon heute aufs Schiff zurück in die Heimat? Hier, bei König Connor, war es angenehm. Zwar war die Burg alt und nicht besonders gemütlich, aber die Speisen waren erlesen, die Bediensteten freundlich, obwohl sie nicht versklavt waren, die Mägde waren nett und, wie der eine oder andere letzte Nacht erlebt hatte, auch willig. Warum nicht noch Dandoria erkunden, wenn man schon mal hier war? Oder vielleicht sogar das Umland, bis hin zu den legendären Bergen, hinter denen die Riesen lebten?
Hunde bellten, draußen grunzte ein Schwein, jemand hatte eine Laute gefunden und zupfte auf verstimmten Saiten, was so grausig klang, dass es schon wieder schön war, und Aichame kam zu dem Schluss, dass nun endlich etwas geschehen musste. Sie war kurz davor, verrückt zu werden und hatte das Gefühl, die Haare ständen ihr zu Berge.
In diesem Moment schrie König Nj’Akish auf und seine Handfläche donnerte auf den Tisch.
Er stierte wie ein Wahnsinniger vor sich hin, seine Lippen bebten, und Speichel rann ihm aus dem Mundwinkel. Ganz langsam drehte er den Kopf zu Connor, und die schwarzen Augen des Südkönigs glühten wie Kohle. Sein Mund öffnete sich, als wolle er fluchen, dann entspannte er sich und fiel zurück auf das Schaffell seines Sitzes.
Aichames Herz raste. Was war geschehen? Was war in Akish gefahren? Warum hatte er ausgesehen, als wolle er Connor die Kehle durchtrennen? Das hatte etwas mit der Nachricht zu tun, die ihm der Rabbolo gebracht hatte, soviel stand fest, denn sein Kopf senkte sich , und Speichel tropfte auf das zerfranste Stückchen Papyyr. Er sah aus wie ein wütender Hund, der an die Kette genommen wird.
Es war totenstill in der Halle. Jeder blickte zu den Herrschern von Mittland und fragte sich, was geschehen war.
Soll ich zu ihm gehen? Er sagte, er wolle, dass ich seine Königin sein. Muss ich vor der Öffentlichkeit das Gesicht wahren?
Ceyda legte ihr die Hand auf den Unterarm.
»Warte, Mutter. Mache nichts. Warten wir, was geschieht.«
Das fand Aichame sehr vernünftig und war stolz auf die Besonnenheit der jungen Frau.
»Ist das Euer Ernst?«, stieß Akish hervor und starrte weiterhin vor sich auf den Zettel. Nun hörte man jedes Wort, denn noch immer herrschte Stille.
» Was meint Ihr?«, fragte Connor. »Geht es Euch nicht gut? Waren die Eier verdorben oder das Brot nicht frisch?«
Aichame nahm in des Königs Stimme einen kalten Sarkasmus wahr, der ihr eine Gänsehaut machte und erkannte, dass zwischen Connor und Akish etwas stattfand, dass weit mehr war als ein kleiner Streit.
Akish hob den Kopf und blickte Aichame an. Mit bebender Stimme sagte er: »Höre zu, Aichame. Auch du, Ceyda.«
Bei den Göttern, was geschieht hier?
Eisige Angst stieg in Aichame auf.
Connor legte den Kopf schräg und nagte an einer Scheibe Schinken.
»Ihr werdet in Dandoria bleiben. Alle beide. Habt ihr das verstanden?«
» Ja, mein König«, flüsterte Aichame, die ihren Ohren nicht traute. Ceyda neben ihr atmete schwer.
» Fragt nicht, warum. Ihr bleibt im Hause von König Connor. Ich wünsche das, damit ihr Dinge lernt, die wir im Süden nicht kennen. Ihr sollt erfahren, wie man hier im Osten lebt.«
Das ist absurd! Er würde uns nie hier lassen, damit wir unseren Bildungsstand entwickeln. Was ist in ihn gefahren?
» Ich möchte keine Fragen und keine weiteren Worte verlieren. Es ist befohlen.«
Er erhob sich und wirkte wie ein alter Mann. »Ich werde mit meinen Männern Dandoria verlassen. Jetzt sofort. Wir haben hier lange genug verweilt, wofür ich König Connor über alles danke. Die Gespräche waren fruchtbar. Der Aufenthalt war mehr als angenehm, aber irgendwann ist alles vorbei und die Heimat ruft.«
Einige seiner Soldaten und Wachen murrten, aber sie fügten sich und gingen in Habtachtstellung, und selbst jene, die tief in den Weinbecher geschaut hatten, wirkten wie ausgewechselt und wach.
Aichame saß starr wie aus Stein und merkte erst jetzt, dass ihr Mund offen stand.
Ich sehe vermutlich aus wie eine Närrin!
Sie wollte Fragen stellen, etwas sagen, dann spürte sie erneut die Hand ihrer Tochter auf dem Arm und hörte ihre leise geflüsterten Worte: »Bei den Göttern ... wir haben Glück. Oh Mutter, welches Glück wir haben.«
Ja, das haben wir.
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