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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sich, öffnete eine kleine Kommode, holte einen alten Ledertornister hervor, zwei Stiefel mit Pelzbesatz und ein tönernes, mit Weidenruten umflochtenes Fläschchen. Ciri hörte, wie sie halblaut fluchte und gleichzeitig lächelte, sie sah, wie Yennefer die Fundstücke zurück in die Kommode schob. Sie konnte sich denken, wem sie gehörten. Wer sie hier zurückgelassen hatte.
    »Was heißt: so lange ich will?«, fragte sie. »Wenn mich deine Lehre langweilt oder mir nicht gefällt  ...«
    »Dann hörst du damit auf. Du brauchst es mir nur zu sagen. Oder zu erweisen.«
    »Erweisen? Wie?«
    »Falls wir uns für die Ausbildung entscheiden, werde ich absoluten Gehorsam verlangen. Ich wiederhole: absoluten. Wenn dir also der Unterricht leid wird, genügt es, wenn du mir Ungehorsam erweist. Dann hört die Ausbildung sofort auf. Klar?«
    Ciri nickte und schielte die Zauberin seitlich mit einem ihrer grünen Augen an.
    »Zweitens«, fuhr Yennefer fort, während sie die Satteltaschen auspackte, »werde ich absolute Ehrlichkeit verlangen. Du wirst nichts vor mir verheimlichen dürfen. Nichts. Wenn du also merkst, dass du genug hast, brauchst du nur zu lügen, mir etwas vorzumachen oder zu verheimlichen. Wenn ich dich nach etwas frage und du nicht ehrlich antwortest, bedeutet das ebenfalls das unverzügliche Ende der Ausbildung. Hast du mich verstanden?«
    »Ja«, murmelte Ciri. »Und diese  ... Ehrlichkeit  ... Gilt die für beide Seiten? Werde ich dir  ... Fragen stellen können?«
    Yennefer schaute sie an, und ihr Mund verzog sich sonderbar.
    »Natürlich«, antwortete sie nach einer Weile. »Das versteht sich von selbst. Darauf beruhen die Ausbildung und die Betreuung, die ich dir zuteil werden lassen will. Die Ehrlichkeit gilt für beide Seiten. Du kannst mir Fragen stellen. Jederzeit. Und ich werde sie beantworten. Ehrlich.«
    »Jede Frage?«
    »Jede.«
    »Von diesem Augenblick an?«
    »Ja. Von diesem Augenblick an.«
    »Was ist zwischen dir und Geralt, Frau Yennefer?«
    Ciri wurde beinahe ohnmächtig, frappiert von der eigenen Dreistigkeit, erstarrt von der Stille, die sich nach der Frage herabsenkte.
    Die Zauberin kam langsam auf sie zu, legte ihr die Hände auf die Schultern, schaute ihr tief in die Augen.
    »Sehnsucht«, sagte sie ernst. »Trauer. Hoffnung. Und Furcht. Ja, anscheinend habe ich nichts ausgelassen. Und nun können wir mit den Tests beginnen, du kleine grünäugige Schlange. Wir werden feststellen, ob du dich eignest. Obwohl ich mich nach deiner Frage sehr wundern würde, wenn sich herausstellte, dass du ungeeignet bist. Gehen wir, Eulchen.«
    Ciri zuckte zurück. »Warum nennst du mich so?«
    Um Yennefers Mundwinkel spielte ein Lächeln. »Weil ich dir Ehrlichkeit versprochen habe.«
     
    Ciri richtete sich irritiert auf, rutschte ungeduldig auf dem Stuhl hin und her, der hart war und nach mehreren Stunden des Sitzens gegen den Hintern drückte.
    »Dabei kommt nichts heraus!«, murrte sie und wischte die von dem Kohlestift schmutzigen Hände am Stuhl ab. »Weil ich ja nicht  ... Nichts gelingt mir! Ich eigne mich nicht zur Zauberin! Ich habe es von Anfang an gewusst, aber du hast nicht auf mich hören wollen! Du hast es überhaupt nicht beachtet!«
    Yennefer zog die Brauen hoch. »Ich wollte dir nicht zuhören, sagst du? Interessant. Für gewöhnlich achte ich auf jeden Satz, der in meiner Gegenwart gesagt wird, und merke ihn mir. Unter der Bedingung, dass der Satz wenigstens ein Quentchen Sinn enthält.«
    »Immerzu machst du dich lustig.« Ciri knirschte mit den Zähnen. »Aber ich wollte dir nur sagen  ... Na, wegen dieser Fähigkeiten. Denn weißt du, dort in Kaer Morhen, in den Bergen  ... Ich habe kein Hexerzeichen zustande gebracht. Kein einziges.«
    »Das weiß ich.«
    »Du weißt?«
    »Ja. Aber das hat nichts zu besagen.«
    »Wieso? Nun  ... Aber das ist noch nicht alles!«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Ich eigne mich nicht. Verstehst du das? Ich bin  ... zu jung.«
    »Ich war jünger, als ich begonnen habe.«
    »Aber bestimmt warst du nicht  ...«
    »Worum geht es dir, Mädchen? Hör auf zu stottern! Wenigstens einen vollständigen Satz, bitte sehr!«
    »Weil  ...« Ciri senkte den Kopf, wurde rot. »Weil Iola, Myrrhe, Eurneid und Katje, als wir beim Essen waren, sich über mich lustig gemacht und gesagt haben, dass Zauber nicht an mich herankommt und ich keinerlei Magie machen kann, weil  ... weil ich  ... eine Jungfrau bin, das heißt  ...«
    »Stell dir vor, ich

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