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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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wechseln. Denn derjenige, über den wir reden, ist ausnehmend dumm. Man schämt sich geradezu vor unserer jungen Adeptin. Was aber das Verständnis angeht, um das du mich gebeten hast  ... Ich werde verständnisvoll sein. Mit dem Herzen könnte es Schwierigkeiten geben, denn es wird allgemein angenommen, dass ich kein solches Organ besitze. Aber wir werden irgendwie zurechtkommen. Nicht wahr, Überraschungskind?«
    Sie lächelte Ciri zu, und gegen ihren Willen, der Wut und Gereiztheit zum Trotz, musste Ciri das Lächeln erwidern. Denn das Lächeln der Zauberin war unerwartet nett, wohlwollend, herzlich. Und sehr, sehr schön.
     
    Sie hörte sich Yennefers Rede an, wobei sie ihr demonstrativ den Rücken zukehrte und so tat, als gelte ihre ganze Aufmerksamkeit einer Hummel, die in der Blüte einer der Malven summte, welche unter der Tempelmauer wuchsen.
    »Es hat mich niemand gefragt«, murrte sie.
    »Wonach hat dich niemand gefragt?«
    Ciri wirbelte in einer Halbpirouette herum, hieb wütend mit der Faust nach der Malve. Die Hummel flog weg, summte dabei zornig und feindselig.
    »Es hat mich niemand gefragt, ob ich will, dass du mich unterrichtest!«
    Yennefer stemmte die Arme in die Hüften, ihre Augen blitzten. »Was für ein Zufall«, zischte sie. »Stell dir vor, mich hat auch niemand gefragt, ob ich Lust habe, dich zu unterrichten. Lust tut dabei übrigens nichts zur Sache. Ich befasse mich nicht mit dem Erstbesten, und du kannst dich entgegen allem Anschein immer noch als eine Erstbeste erweisen. Man hat mich gebeten festzustellen, wie es sich mit dir verhält. Zu untersuchen, was in dir steckt und welche Gefahr dir davon droht. Und ich habe mich, wenn auch widerstrebend, dazu bereit erklärt.«
    »Aber ich habe mich noch nicht bereit erklärt!«
    Die Zauberin hob die Hand, bewegte sie. Ciri spürte, wie sich in den Schläfen etwas spannte, und in den Ohren begann es zu rauschen, so, wie wenn sie Speichel hinterschluckte, nur viel stärker. Sie empfand Schläfrigkeit und Schwäche, eine Müdigkeit, die ihr den Hals steif machte, die Knie weich werden ließ.
    Yennefer senkte die Hand, und die Empfindungen verschwanden augenblicklich. »Hör aufmerksam zu, Überraschungskind«, sagte sie. »Ich kann dich mühelos verzaubern, hypnotisieren oder in Trance versetzen. Ich kann dich lähmen, dir gewaltsam ein Elixier einflößen, dich nackt ausziehen, auf den Tisch legen und ein paar Stunden lang untersuchen, dabei Erholungspausen machen, und du wirst daliegen und zur Decke starren, ohne auch nur die Augäpfel bewegen zu können. So würde ich mit der erstbesten Rotznase verfahren. Mir dir möchte ich nicht so verfahren, denn man sieht auf den ersten Blick, dass du ein intelligentes und stolzes Mädchen bist, dass du Charakter hast. Ich möchte weder dir noch mir Schande machen. Vor Geralt. Denn er ist es, der mich gebeten hat, deine Fähigkeiten zu untersuchen. Dir dabei zu helfen, mit ihnen zurechtzukommen.«
    »Er hat dich gebeten? Warum? Er hat mir nichts davon gesagt! Er hat mich überhaupt nicht gefragt  ...«
    »Darauf versteifst du dich immerzu«, fiel ihr die Zauberin ins Wort. »Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt, niemand hat sich die Mühe gemacht, festzustellen, was du willst und was nicht. Vielleicht hast du Anlass gegeben, dass man dich für eine widerspenstige, starrsinnige Rotznase hält, bei der sich solche Fragen nicht lohnen? Aber ich will es riskieren und dir die Frage stellen, die niemand gestellt hat. Wirst du dich den Tests unterwerfen?«
    »Und was ist das? Was sind das für Tests? Und warum  ...«
    »Ich habe es dir schon erklärt. Wenn du es nicht verstanden hast, wird es schwierig. Ich habe nicht vor, dein Wahrnehmungsvermögen zu verfeinern oder an deiner Intelligenz zu arbeiten. Testen kann ich eine Kluge ebenso gut wie eine Dumme.«
    »Ich bin nicht dumm! Ich habe alles verstanden!«
    »Umso besser.«
    »Aber ich eigne mich nicht zur Zauberin! Ich habe überhaupt keine Fähigkeiten! Ich werde niemals eine Zauberin und will auch keine sein! Ich bin Geral  ... Ich bin zur Hexerin vorherbestimmt! Hierher bin ich nur für kurze Zeit gekommen! Ich werde bald nach Kaer Morhen zurückkehren  ...«
    »Du starrst immerzu auf mein Dekolleté«, sagte Yennefer kalt und kniff die veilchenblauen Augen leicht zusammen. »Siehst du dort etwas Unerwartetes, oder bist du einfach nur neidisch?«
    »Dieser Stern  ...«, murmelte Ciri. »Woraus ist er? Diese Steinchen bewegen sich und

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