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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sie nach einer Weile. »Nach Dreiberg. Dort stehst du unter dem Schutz von Dijkstra und Philippa. Versuch nicht, den Helden zu spielen. Du bist in eine gefährliche Sache hineingeraten, Rittersporn.«
    »Das habe ich bemerkt.« Er verzog das Gesicht und rieb sich die schmerzende Schulter. »Ebendarum meine ich, dass man Geralt warnen muss. Nur du weißt, wo er zu finden ist. Du kennst den Weg. Ich nehme an, du warst dort schon  ... zu Gast.«
    Yennefer wandte sich ab. Rittersporn sah, wie sie die Lippen zusammenpresste, wie ein Muskel auf ihrer Wange zuckte.
    »Ja doch, ich war schon dort«, sagte sie, und in ihrer Stimme schwang etwas unfasslich Sonderbares. »Ich bin dort schon zu Gast gewesen. Aber nie ungebeten.«
     
    Der Wind heulte wütend auf, ließ die auf den Ruinen wachsenden Grasbüschel wogen, rauschte in den Weißdornbüschen und den hohen Dächern. Wolken zogen vor der Mondscheibe dahin, ließen für einen Augenblick Licht auf das Schloss fallen, erhellten den Burggraben und die Mauerreste mit bleichem, von Schatten durchwogtem Licht, zeigten Haufen von Schädeln, die die abgebrochenen Zähne bleckten und mit schwarzen Augenhöhlen ins Nichts blickten. Ciri schrie mit dünner Stimme auf und barg den Kopf unter dem Mantel des Hexers.
    Die Stute, mit den Fersen gelenkt, trat vorsichtig über einen Ziegelhaufen unter einen zerbrochenen Bogen. Die Hufeisen klapperten über die Steinplatten und weckten in den Mauern gespenstische Echos, die der heulende Wind übertönte. Ciri zitterte und krallte die Hände in die Mähne.
    »Ich fürchte mich«, flüsterte sie.
    »Du brauchst dich vor nichts zu fürchten«, antwortete der Hexer und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Auf der ganzen Welt gibt es keinen sichereren Ort. Das ist Kaer Morhen, die Heimstatt der Hexer. Hier stand einst ein schönes Schloss. Vor langer Zeit.«
    Sie antwortete nicht, senkte nur tief den Kopf. Die Stute des Hexers, die Plötze hieß, wieherte leise, als wolle sie sie beruhigen.
    Sie tauchten in einen dunklen Abgrund ein, in einen langen, endlosen Tunnel zwischen Säulen und Bögen. Plötze ging sicher und munter einher, ohne sich um die undurchdringliche Finsternis zu kümmern, klapperte frohgemut mit den Hufeisen auf dem Boden.
    Vor ihnen, am Ende des Tunnels, flammte plötzlich eine senkrechte Linie rot auf. Sie wuchs, wurde breiter, wurde zu einem Tor, hinter dem Licht hervorbrach, der flackernde Schein von Fackeln, die in eisernen Haltern an den Wänden steckten. In der Tür stand eine schwarze, im Lichtschein verschwimmende Gestalt.
    »Wer da?«, hörte Ciri eine böse, metallische Stimme fragen, die wie Hundegebell klang. »Geralt?«
    »Ja, Eskel. Ich bin es.«
    »Komm herein.«
    Der Hexer stieg ab, hob Ciri vom Sattel, stellte sie auf den Boden, drückte ihr das Bündel in die Hand, und sie packte es mit beiden Händen und bedauerte, dass es zu klein war, um sich dahinter ganz zu verstecken.
    »Warte hier bei Eskel«, sagte er. »Ich führe Plötze in den Stall.«
    »Komm ins Licht, Kleiner«, blaffte der Mann namens Eksel. »Bleib nicht im Dunkeln stehen.«
    Ciri schaute zu seinem Gesicht auf und unterdrückte mit Mühe einen Schrei. Das war kein Mensch. Obwohl er auf zwei Beinen stand, obwohl er nach Schweiß und Rauch roch, obwohl er gewöhnliche menschliche Kleidung trug, war das kein Mensch. Kein Mensch, dachte sie, kann so ein Gesicht haben.
    »Na, worauf wartest du?«, wiederholte Eskel.
    Sie rührte sich nicht. Aus dem Dunkel hörte sie das sich entfernende Klappern von Plötzes Hufeisen. Etwas Weiches und Quiekendes lief ihr über den Fuß. Sie sprang hoch.
    »Bleib nicht im Dunkeln stehen, Jungchen, sonst nagen dir die Ratten die Stiefelschäfte durch.«
    Ciri presste das Bündel an sich und ging rasch auf das Licht zu. Die Ratten huschten ihr quiekend unter den Füßen weg. Eskel beugte sich herab, nahm ihr das Bündel ab, schlug die Kapuze zurück.
    »Verdammt«, murmelte er. »Ein Mädchen. Das hat gerade noch gefehlt.«
    Sie schaute ihn erschrocken an. Eskel lächelte. Sie sah, dass es doch ein Mensch war, er hatte ein ganz normales Menschengesicht, nur entstellt von einer langen, hässlichen, halbrunden Narbe, die vom Mundwinkel über die ganze Wange bis zum Ohr verlief.
    »Wenn du schon mal da bist, willkommen in Kaer Morhen«, sagte er. »Wie ruft man dich?«
    »Ciri«, antwortete Geralt an ihrer Stelle und trat lautlos aus dem Dunkel. Eskel drehte sich um. Plötzlich, rasch, ohne ein Wort fielen sich

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