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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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fluchte abermals.
    »Komm schon her, Kleine, hilf mir aufstehen.«
    »Ich bin nicht klein.«
    »In Ordnung. Was bist du dann?«
    »Eine Hexerin!«
    »Ha! Also komm näher und hilf mir aufstehen, Hexerin.«
    Das Mädchen rührte sich nicht vom Fleck. Sie trat von einem Fuß auf den anderen und nestelte mit der Hand an dem fingerlosen Wollhandschuh am Schwertgürtel, während sie Triss misstrauisch anschaute.
    »Keine Angst.« Die Zauberin lächelte. »Ich bin weder eine Räuberin noch jemand Fremdes. Ich heiße Triss Merigold und bin auf dem Weg nach Kaer Morhen. Die Hexer kennen mich. Glotz mich nicht so an. Ich lobe deine Wachsamkeit, aber überlege doch: Wäre ich bis hierher gekommen, ohne den Weg zu kennen? Bist du in der 
Spur
 jemals einer Menschenseele begegnet?«
    Das Mädchern überwand sein Zögern, kam näher, streckte die Hand aus. Triss stand auf und machte dabei von der Hilfe wenig Gebrauch. Denn nicht um die Hilfe ging es ihr. Sie wollte sich das Mädchen aus der Nähe anschauen. Und sie berühren.
    Die grünlichen Augen der kleinen Hexerin verrieten keinerlei Anzeichen einer Mutation, ebenso wenig löste die Berührung der kleinen Hand das leichte, angenehme Kribbeln aus, das so kennzeichnend für Hexer war. Obwohl das aschblonde Kind mit einem Schwert auf dem Rücken die 
Quälerei
 entlanglief, war es weder der Kräuterprobe noch den Umwandlungen unterzogen worden. Dessen war sich Triss sicher.
    »Zeig mir dein Knie, Kleine.«
    »Ich bin nicht klein.«
    »Entschuldige. Aber einen Namen hast du doch bestimmt?«
    »Ja. Ich bin  ... Ciri.«
    »Angenehm. Komm ein Stück näher, Ciri.«
    »Ich habe nichts.«
    »Ich möchte sehen, wie dieses ›Nichts‹ aussieht. Ach, das dachte ich mir. Das ›Nichts‹ sieht täuschend einer zerrissenen Hose und bis aufs Fleisch abgeschürfter Haut ähnlich. Steh still und hab keine Angst.«
    »Ich habe keine Angst  ... Auu!«
    Die Zauberin kicherte, rieb sich die vom Zauberspruch juckende Handfläche an der Hüfte. Das Mädchen bückte sich, betrachtete sein Knie.
    »Oh«, sagte sie. »Es tut nicht mehr weh! Und das Loch ist auch weg  ... Ist das Zauberei?«
    »Erraten.«
    »Du bist eine Zauberin?«
    »Du hast es wieder erraten. Obwohl ich gestehe, dass ich es vorziehe, wenn man mich Magierin nennt. Um nichts zu verwechseln, kannst du meinen Namen verwenden. Triss. Einfach Triss. Komm, Ciri. Unten wartet mein Pferd, lass uns zusammen nach Kaer Morhen reiten.«
    »Ich muss laufen.« Ciri schüttelte den Kopf. »Es ist nicht gut, den Lauf zu unterbrechen, denn dann bildet sich in den Muskeln Milch. Geralt sagt  ...«
    »Geralt ist in der Burg?«
    Ciris Miene verdüsterte sich, sie presste die Lippen zusammen, starrte die Zauberin unter dem aschblonden Haarschopf hervor an.
    Triss kicherte abermals. »Gut«, sagte sie. »Ich werde nicht fragen. Ein Geheimnis ist ein Geheimnis, du tust gut daran, wenn du es nicht jemandem verrätst, den du fast nicht kennst. Komm. An Ort und Stelle werden wir sehen, wer im Schloss ist und wer nicht. Und wegen der Muskeln mach dir keine Sorgen, ich weiß, was man gegen die Milchsäure tut.«
    Langsam stiegen sie den Hang hinab. »Schau, da ist mein Pferd. Warte, ich helfe dir  ...«
    Sie streckte eine Hand aus, doch Ciri brauchte keine Hilfe. Sie sprang leicht, geschickt in den Sattel, fast ohne sich abzustoßen. Der Wallach zuckte überrascht, stampfte auf der Stelle, doch das Mädchen griff rasch nach den Zügeln, beruhigte ihn.
    »Mit Pferden kommst du auch zurecht, wie ich sehe.«
    »Ich komme mit allem zurecht.«
    »Rutsch zum Sattelbogen hin.« Triss setzte einen Fuß in den Steigbügel, fasste die Mähne. »Lass mir etwas Platz. Und stich mir mit deinem Schwert kein Auge aus.«
    Mit einem Fersendruck angetrieben, ging der Wallach im Schritt das Bachbett entlang. Sie ritten durch die nächste Schlucht und kamen auf eine runde Anhöhe. Von hier aus war schon die an die Felshänge geschmiegte Ruine von Kaer Morhen zu sehen – das teilweise zerstörte Trapez der Schildmauer, die Reste des Zwingers und des Tores, der geborstene Stumpf des Bergfrieds.
    Der Wallach schnaubte und warf den Kopf hin und her, als sie auf den Überbleibseln der Brücke den Graben überquerten. Triss zog die Zügel an. Auf sie selbst machten die Schädel und Gerippe, mit denen der Boden des Grabens bedeckt war, keinen Eindruck. Sie hatte sie schon gesehen.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte das Mädchen plötzlich. »Das ist nicht so, wie es

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