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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Schutz verdient sogar ein Kater, der auf dem niedergebrannten Hof angesengt worden ist. Dazu werde ich Hexerin, dazu habe ich das Schwert, um solche zu verteidigen wie die von Sodden und dem Flussland, denn sie haben keine Schwerter, sie kennen die Schritte nicht, die Halbwendungen, Ausweichbewegungen und Pirouetten, niemand hat sie kämpfen gelehrt, sie sind schutzlos und machtlos gegenüber dem Werwolf und dem Nilfgaarder Marodeur. Mir bringt man das Kämpfen bei. Damit ich die Schutzlosen verteidigen kann. Und das werde ich tun. Immer. Ich werde niemals neutral sein. Ich werde niemals gleichgültig sein.
    Niemals!
    Sie wusste nicht, was sie aufmerken ließ – ob es die plötzliche Stille war, die wie ein kalter Schatten auf den Wald fiel, oder auch eine aus dem Augenwinkel erfasste Bewegung. Doch sie reagierte blitzschnell, instinktiv – mit dem Instinkt, den sie in den Wäldern des Flusslandes erworben hatte, als sie nach der Flucht aus Cintra mit dem Tod um die Wette lief. Sie fiel zu Boden, kroch unter einen Wacholderbusch und erstarrte reglos. Wenn nur das Pferd nicht wiehert, dachte sie.
    Am gegenüberliegenden Hang des Hohlwegs bewegte sich wieder etwas; sie bemerkte eine Silhouette, die zwischen dem Laub einherhuschte, verschwamm. Ein Elf schaute vorsichtig aus dem Gebüsch hervor. Er streifte die Kapuze vom Kopf, schaute sich einen Moment lang um, lauschte, dann bewegte er sich lautlos und schnell den Hügelkamm entlang. Hinter ihm tauchten zwei weitere Elfen aus dem dichten Laub auf. Und dann die nächsten. Viele. In einer langen Reihe hintereinander. Etwa die Hälfte war zu Pferde – diese ritten langsam, in den Sätteln aufgerichtet, angespannt, wachsam. Einen Moment lang sah sie alle genau und deutlich, als sie sich völlig geräuschlos vor dem Hintergrund des Himmels bewegten, in einer hellen Lücke in der Wand der Bäume, ehe sie im flirrenden Schatten des Waldes verschwanden, sich auflösten. Ohne ein Geräusch, ein Rascheln verschwanden, wie Geister. Keines der Pferde stampfte oder wieherte, kein Zweig knackte unter einem Fuß oder einem Hufeisen. Die Waffen, die sie trugen, klirrten nicht.
    Sie verschwanden, doch Ciri regte sich nicht, lag an den Boden gepresst unter dem Wacholderstrauch, versuchte möglichst leise zu atmen. Sie wusste, dass ein aufgescheuchter Vogel oder ein Tier sie verraten konnte, einen Vogel oder ein Tier aber konnte jeder Laut und jede Bewegung aufscheuchen – und seien sie noch so geringfügig, noch so vorsichtig. Sie stand erst auf, als der Wald sich vollends beruhigt hatte und in den Bäumen, zwischen denen die Elfen verschwunden waren, die Elstern zu schreien begannen.
    Sie stand auf, nur, um sich von starken Armen umklammert zu finden. Ein schwarzer Lederhandschuh schob sich vor ihren Mund, unterdrückte einen Schreckensschrei.
    »Sei still.«
    »Geralt?«
    »Still, hab ich gesagt.«
    »Hast du sie gesehen?«
    »Hab ich.«
    »Das sind sie  ...«, flüsterte sie. »Die Scioa’tael. Ja?«
    »Ja. Schnell, zu den Pferden. Pass auf, wo du hintrittst.«
    Vorsichtig und leise ritten sie den Hang hinab, kehrten aber nicht auf die Straße zurück, sondern blieben im Dickicht. Geralt blickte sich wachsam um, verwehrte ihr, selbständig zu reiten, gab ihr nicht die Zügel des Braunen, sondern führte ihn selbst.
    »Ciri«, sagte er plötzlich. »Kein Wort von dem, was wir gesehen haben. Weder zu Yarpen noch zu Wenck. Zu niemandem. Verstehst du?«
    »Nein«, murmelte sie mit gesenktem Kopf. »Ich verstehe nicht. Warum soll ich schweigen? Wir müssen sie doch warnen. Für wen sind wir, Geralt? Gegen wen? Wer ist unser Freund und wer unser Feind?«
    »Morgen trennen wir uns vom Konvoi«, sagte er, nachdem er eine Weile geschwiegen hatte. »Triss ist schon fast gesund. Wir verabschieden uns und gehen unserer eigenen Wege. Wir werden unsere eigenen Probleme haben, unsere eigenen Sorgen und unsere eigenen Schwierigkeiten. Dann, hoffe ich, wirst du endlich aufhören, zu versuchen, die Bewohner unserer Welt in Freunde und Feinde zu unterteilen.«
    »Wir sollen  ... neutral sein? Gleichgültig, ja? Aber wenn sie angreifen  ...«
    »Sie werden nicht angreifen.«
    »Aber wenn  ...«
    »Hör mir zu.« Er drehte sich zu ihr um. »Was meinst du, warum ein Transport von so großer Bedeutung, eine Ladung Gold und Silber, König Henselts geheime Hilfe für Aedirn, von Zwergen eskortiert wird und nicht von Menschen? Ich habe schon gestern einen Elf gesehen, der uns von einem Baum aus

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