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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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meinen Zögling unter ihren Schutz zu stellen? Was will der Rat der Zauberer von Ciri? Was wollen Dijkstra und König Wisimir von ihr, was die Temerier? Was will ein gewisser Rience von ihr, der in Sodden und Temerien schon drei Menschen ermordet hat, die vor zwei Jahren Kontakt mit mir und dem Mädchen hatten? Der um ein Haar Rittersporn ermordert hätte, als er versuchte, Informationen aus ihm herauszuholen? Wer ist dieser Rience, Philippa?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte die Zauberin. »Ich weiß nicht, wer dieser Rience ist. Aber genau wie du würde ich es sehr gern erfahren.«
    »Hat dieser Rience«, ließ sich unverhofft Shani vernehmen, »im Gesicht eine Narbe von einer Verbrennung dritten Grades? Wenn ja, dann weiß ich, wer er ist. Und ich weiß, wo er ist.«
    In der Stille, die eintrat, hörte man die ersten Regentropfen auf der Dachrinne auftreffen.
     

Mord ist immer Mord, ungeachtet der Beweggründe und Umstände. Daher sind jene, die morden oder einen Mord vorbereiten, Verbrecher, wer immer sie auch sein mögen: König, Fürst, Marschall oder Richter. Niemand, der Gewalt plant und ausübt, hat das Recht, sich für besser als ein gewöhnlicher Verbrecher zu halten. Denn jegliche Gewalt führt ihrem Wesen nach unweigerlich zum Verbrechen.
     
    Nicodemus de Boot,
Betrachtungen über das Leben,
das Glück und das Wohlergehen

Das sechste Kapitel
    »Wir wollen keinen Fehler machen«, sagte der König von Redanien, Wisimir, und vergrub die ringgeschmückten Finger im Haar an den Schläfen. »Wir können uns keinen Fehler oder Irrtum leisten.«
    Die Versammelten schwiegen. Demawend, der Herrscher Aedirns, saß in einen Sessel gelümmelt da, den Blick auf einen Bierkrug gerichtet, der ihm auf dem Bauch stand. Foltest, Herr über Temerien, Pontar, Mahakam und Sodden, seit kurzem auch Seniorprotektor von Brugge, zeigte allen sein edles Profil, indem er den Kopf zum Fenster hin abwandte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches hatte Henselt Platz genommen, der König von Kaedwen, und ließ den durchdringenden Blick aus seinen kleinen, über dem Räuberbart blitzenden Augen über die Teilnehmer der Beratung wandern. Meve, die Königin von Lyrien, spielte gedankenversunken mit den riesigen Rubinen ihres Halsbandes und verzog von Zeit zu Zeit die schönen, vollen Lippen zu einer vielsagenden Grimasse.
    »Wir wollen keinen Fehler machen«, wiederholte Wisimir. »Denn ein Fehler kann uns teuer zu stehen kommen. Machen wir uns fremde Erfahrungen zu Nutze. Als unsere Vorfahren vor fünfhundert Jahren an der Küste landeten, steckten die Elfen auch die Köpfe in den Sand. Wir entrissen ihnen das Land Stückchen für Stückchen, sie aber zogen sich zurück und glaubten immerzu, dies sei die letzte Grenze, weiter würden wir nicht kommen. Seien wir klüger! Denn jetzt sind wir an der Reihe. Jetzt sind wir die Elfen. Nilfgaard steht an der Jaruga, und ich höre hier: ›Soll es doch dort stehen.‹ Ich höre: ›Weiter kommen sie nicht.‹ Aber sie kommen, ihr werdet sehen. Ich wiederhole: Wir wollen nicht den Fehler machen, den die Elfen gemacht haben!«
    Gegen die Fensterscheiben klopften Regentropfen, der Wind begann gespenstisch zu heulen. Königin Meve hob den Kopf. Es kam ihr vor, als höre sie Raben und Krähen krächzen. Doch es war nur der Wind. Der Wind und der Regen.
    »Vergleiche uns nicht mit den Elfen«, sagte Henselt von Kaedwen. »Mit diesem Vergleich machst du uns Schande. Die Elfen verstanden es nicht, sich zu schlagen, sie sind vor unseren Vorfahren weggelaufen, haben sich in Bergen und Wäldern versteckt. Die Elfen haben unseren Vorfahren kein Sodden beschert. Wir aber haben den Nilfgaardern gezeigt, was es heißt, sich mit uns anzulegen. Mach uns keine Angst mit Nilfgaard, Wisimir, verbreite keine Propaganda. Nilfgaard, sagst du, steht an der Jaruga? Ich aber sage, dass Nilfgaard hinter dem Fluss sitzt wie die Maus im Loch. Denn bei Sodden haben wir ihnen das Rückgrat gebrochen! Wir haben sie militärisch vernichtet, vor allem aber moralisch. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, dass Emhyr var Emreis seinerzeit gegen eine Aggression dieses Ausmaßes war, dass der Angriff auf Cintra das Werk irgendeiner ihm feindselig gesonnenen Fraktion war. Ich nehme an, dass er, wenn er uns hätte besiegen können, applaudiert hätte, Privilegien und Lehen verteilt hätte. Aber nach Sodden stellte sich plötzlich heraus, dass er dagegen war und der Eigensinn der Marschälle an allem schuld ist. Und es fielen

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