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Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Gräfin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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jedem Schlag, den er dem unnachgiebigen Fels versetzte, schien das Loch in seiner Brust jedoch weiter aufzureißen, und als er nach langem Toben schließlich erschöpft und gebrochen in sich zusammensank, fühlte er sich vollkommen ausgehöhlt.

Kapitel 33

    Burg Katzenstein, Anfang Juli 1368

    In einem Wirbel aus leuchtenden Farben drehten sich die Tänzer zu den heiteren Klängen von Fiedel, Schalmei und Trommeln, in die in diesem Moment jammernd ein Dudelsack mit einstimmte. Den einfachen Reigen der Landbevölkerung imitierend hielten sich die Damen und Ritter unter Lachen jeweils an einem bunten Tuch fest, das sie miteinander verband. Während der Tanz mit jedem Takt schneller wurde, flogen die langen Schleppen immer höher, sodass das Rot, Blau, Grün und Gelb der Gewänder schon bald zu einem Regenbogen verschmolz. Auf den von weißen Tüchern bedeckten Tischen in der Katzensteiner Halle stapelten sich allerhand Köstlichkeiten, die von den Pagen vorgelegt und serviert wurden.
    Adelheid von Oettingen, die sich erschöpft Luft zufächelte, ließ stolz den Blick über die Leckerbissen wandern, die ihr Gemahl zur Feier des Tages hatte auffahren lassen. Um den erfolgreichen Verkauf seiner Zucht und die Heimkehr seines Sohnes zu feiern, hatte er Gäste aus einem Umkreis von zwanzig Meilen geladen, die sich gierig an den Delikatessen gütlich taten. In der Mitte der Tafel prangte am Fuße eines riesigen, aus einem Käselaib geschnitzten Katers ein mit lebenden Forellen gestopfter Spanferkelbraten, um den sich schon bald die Schaulustigen scharten. Daneben lockten Ochsenaugen, Kalbshirn, mit Honig und Safran zubereitete Wachteln, zahlreiche, mit Pflanzensaft eingefärbte Pasteten, in Schmalz gebratene Enten, ein mit Brot gefüllter Kapaun und klebrig glänzende Süßigkeiten. Diese Auswahl wurde ergänzt durch Türme von Broten, Zöpfen, Brezeln und andere gebackene Kunstwerke, deren Höhepunkt eine Schar Teigenten bildete, die in einem See aus Erdbeermus und Sahne schwamm. Dazu reichten die Pagen süßen, mit Muskatnuss verfeinerten Rheinwein, Wacholder-, Galgant- und Ingwerbier. Krüge, Platten und Teller funkelten im Licht der Kerzen, deren Flammen im Luftzug der Tänzer hin und her flackerten. Da der Abend nach dem Gewitterguss schwül und drückend war, hatten die Bediensteten alle Fenster geöffnet und duftende Öllampen entzündet, die nicht nur die Insekten vertrieben, sondern auch den Geruch zu vieler Menschen überdeckten. Während Adelheid an einem der mit Mandeln garnierten Fruchttaler knabberte, beobachtete sie das heitere Treiben unter gesenkten Lidern hervor.
    Ihr Gemahl, Wulf von Katzenstein, der eigentlich in Hochstimmung hätte sein müssen, wirkte verstimmt und abwesend. Als sie ihn vor Beginn der Feier gefragt hatte, was ihn bedrückte, war er ihr schroff über den Mund gefahren und hatte eine spitze Bemerkung über die Sünde der Neugier fallen lassen. Daraufhin hatte er unflätige Verwünschungen murmelnd nach seinem Pagen geschickt und sie gebeten, ihn alleine zu lassen. Nachdenklich griff sie nach einer der eingelegten Feigen, die ihr Bruder, der Graf von Oettingen, als Geschenk mitgebracht hatte. Die furchtbare Stimmung ihres Gatten, der soeben eine hitzige Diskussion mit seinem Tischnachbarn begann, musste wohl etwas mit der Abwesenheit seines Sohnes zu tun haben, dachte sie, während sie sich ausmalte, was zwischen den beiden vorgefallen sein mochte.
    »Wo ist denn der Bursche?«, erkundigte sich – als habe er ihre Gedanken gelesen – soeben ihr Bruder, dessen Wangen bereits die Spuren übermäßigen Alkoholgenusses aufwiesen. »Wollt Ihr ihn uns nicht vorstellen?« Sein mit den unterschiedlichsten Soßen verschmierter Mund verzog sich zu einer Grimasse, die vermutlich Ermunterung ausdrücken sollte.
    Was für furchtbare Tischmanieren er doch hat!, dachte Adelheid schaudernd und tupfte den Honig von ihren Lippen, bevor sie einen Schluck Rheinwein trank.
    »Er ist verhindert«, spuckte Wulf von Katzenstein gallig aus und tat seinerseits einen tiefen Zug aus dem mit einer Jagdszene verzierten Pokal, um dem Grafen zu signalisieren, dass das Thema beendet war.
    Dieser bohrte jedoch neugierig weiter, nachdem er sich ein Stück Entenbrust zwischen die Zähne geschoben hatte. »Und warum wollt Ihr mir nicht sagen, wer seine Mutter war?«, kaute er. »Immerhin seid Ihr mit meiner Schwester vermählt. Habe ich da nicht ein Recht, es zu erfahren?«
    Eine Zornesader begann an Wulfs Hals zu pochen,

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