Das Erbe der Jedi-Ritter 02 - Die schwarze Flut
kalt. Sie begegnen allen Situationen, ohne die Fähigkeiten anderer anzuerkennen. Sie zwingen ihnen lieber ihre Lösung auf. Das mag schneller gehen und gut funktionieren, aber ist es deshalb die bessere Lösung?«
Sie erhob sich leicht von ihrem Stuhl und kehrte das Gesicht der untergehenden Sonne zu. »Erinnerst du dich noch an die Taanab-Übung, die Aufgabe mit der Überschwemmung, die du im Zuge deiner Ausbildung bekämpfen solltest?«
Anakin nickte. »Klar. Ich habe gute Noten bei dieser Simulation bekommen. Ich habe mir die Daten angesehen, die man uns gegeben hatte, und mir fiel auf, dass man einen Steinschlag auslösen und Tonnen von Geröll zu einem Damm aufschichten konnte. Dadurch wurde die Flut gestoppt und ein Dorf vor der Vernichtung bewahrt. Ich habe einfach die Macht benutzt, um ein paar Felsen zu lockern und den Steinschlag in Gang zu setzen, und alle wurden gerettet.«
Mara hatte die Augen geschlossen, und ihr Gesicht war völlig ausdruckslos. Sie breitete die Arme zur Sonne hin aus, als wollte sie so viel Wärme aufnehmen wie nur möglich. »Dann erkläre mir mal, Anakin, aus welchem Grund das taanabianische Dorf in dieser Übung überhaupt von der Flut bedroht war.«
Er runzelte die Stirn. »Nun, weißt du, das Dorf stand an einer tief gelegenen Stelle.«
»Und war es vorher schon mal überschwemmt worden?«
»Das weiß ich nicht.«
»Hast du denn nicht die Geschichte studiert?« Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Soviel ich weiß, war die Lokalgeschichte Teil der Arbeitsgrundlagen.«
Anakin zuckte die Achseln. »Ich habe das vermutlich nicht für so wichtig gehalten, weil die drohende Überschwemmung das Hauptproblem war.«
»Und genau da hast du dich geirrt. Das Hauptproblem war, dass die Leute ihre Häuser in einer Schwemmlandebene gebaut hatten. Und sie taten das, weil Spekulanten von anderen Welten ihre angestammten Siedlungsgebiete gekauft hatten, in der Hoffnung, Alderaaner zur Gründung einer Kolonie bewegen zu können. Ihre Gier zwang die Bewohner des Planeten dazu, an ungeeigneten Orten zu bauen. Es ist dir vielleicht gelungen, die Flut für dieses eine Mal aufzuhalten, aber was ist mit dem nächsten Jahr oder dem Jahr danach?«
»Daran habe ich nicht gedacht…«
»Nein, das hast du nicht.« Mara drehte sich zu ihm um und verschränkte die Arme vor der Brust. »Und deine Lösung mit dem Felssturz hat ja auch funktioniert, aber du hast die Dorfbewohner durch diese Lösung zu nichts verpflichtet. Du hast sie gerettet, und sie würden es dir gedankt haben – zumindest bis zur nächsten drohenden Katastrophe, nach der sie sich gefragt hätten, weshalb du nicht da warst, um sie noch einmal zu retten.«
Anakin stand auf. »Gut, und was war deine Lösung?«
Mara lachte scharf auf. »Keine, die dein Onkel eines Jedi für würdig befunden hätte, aber nachdem ich die Spekulanten davon überzeugt hatte, dass ich ihren Profit empfindlich beschneiden würde, half ich bei der Evakuierung des Dorfes. Anschließend wollte ich den Leuten vor Ort zur Hand gehen, die vorhatten, gegen die Flut zu kämpfen und Dämme zu errichten. Ich hätte ihnen die Arbeit nicht abgenommen, sondern ihnen geholfen, sich selbst zu helfen.«
»Aber wenn du Zugriff auf die Macht hast und sie retten kannst, bist du dann nicht auch dazu verpflichtet?«
»Gute Frage. Aber gehe ihr nur mal bis zu ihrer logischen Konsequenz auf den Grund. Wir haben es mit intelligenten Wesen zu tun, die wissen, dass sie ihre Häuser in einer Schwemmlandebene gebaut haben. Sie wissen auch, dass sie die Flut bedroht. Bist du dazu verpflichtet, sie vor den Folgen ihrer eigenen Entscheidungen zu bewahren?«
»Ich kann sie doch nicht einfach sterben lassen.«
»Also weißt du besser, was gut für sie ist, als sie selbst?«
»In diesem Fall ja.« Er blickte auf den fernen Ozean hinaus, den die untergehende Sonne in die Farbe von Blut tauchte. »Oder nicht?«
»Wenn du erst einmal zu glauben anfängst, du wüsstest, was das Beste für die Leute ist, und ihnen die Möglichkeit nimmst, ihre eigenen Fehler zu machen…«
Anakin sog zischend Luft zwischen den Zähnen hindurch. »Es ist leicht, die Macht zu benutzen, und wenn man sich seiner selbst sicher ist, weiß man auch, was richtig ist, und macht sich zum Mittelpunkt der Wirklichkeit. Das ist pure Selbstsucht, und Selbstsucht ist der Kern des Bösen, der Dunklen Seite.«
Mara ging zu ihm und legte ihm einen Arm um die Schulter. »Sehr gut, Anakin. Wir müssen die Verantwortung
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