Das Erbe der Jedi-Ritter 13 - Verräter
nicht: Es ist nicht nur dein Recht, zu entscheiden, was eine Blume und was Unkraut ist, es ist auch deine Verantwortung. Was macht eine Blume aus? Was ein Unkraut? Du entscheidest.«
»Was?«
Mit einem Blitzschlagknistern und einem lauten Donnern zündete die Sonne der Zuchtanlage. Jacen verzog das Gesicht, schirmte die Augen gegen die plötzliche Helligkeit ab, und als er wieder sehen konnte, war Vergere schon weit weg und hüpfte von einer trockenen Insel zur anderen durch den Vonduun-Krabben-Sumpf.
Er starrte hinter ihr her.
Wenn die Macht Leben ist, wie kann es dann Leben ohne die Macht geben?
Er wusch und klammerte weiterhin Wunden, richtete Brüche und entfernte septisches Fleisch. Die Sonne wurde eingeschaltet, die Sonne wurde ausgeschaltet. Ein paar Sklaven ging es besser. Ein paar Sklaven starben. Die Überlebenden arbeiteten weiter.
Die Domäne des Dhuryam blühte. Bäume wuchsen zu fantastischer Größe, bewachsen mit schillernden Epiphyten. Dichtes Gras auf den Hügeln bewegte sich in dem Blasebalgatem, der durch die Ventilationsadern gepumpt wurde. Für Jacen sah es aus, als wäre das Land dieses Dhuryam besser entwickelt und eleganter als das seiner Nachbarn; wenn sich die Nebel genügend teilten, dass er die Ländereien über seinem Kopf sehen konnte, dachte er, dass die Domäne, in der er lebte, tatsächlich der entwickeltste Teil der gesamten Zuchtstation war. Er war sich jedoch bewusst, dass seine Ansicht vielleicht nicht vollkommen objektiv war.
Wenn die Macht Leben ist, hatte sie gesagt, wie kann es dann Leben ohne die Macht geben?
Er sehnte sich jeden Tag nach der Macht, jede Stunde. Jede Minute. Er war sich ununterbrochen schmerzhaft ihrer Abwesenheit in seinem Leben bewusst: Er erinnerte sich jedes Mal daran, wenn er eine Blutung abbinden musste, und bei jedem Stöhnen oder Schrei über Schmerzen, die er mit der Macht hätte lindern können.
Er erinnerte sich daran, als er Trasks Fuß mit einem Amphistab amputieren musste, den er vorsichtig und mit viel Mühe aus dem Hain gelockt hatte, indem er dem Polypen Stücke toter Sklaven zu fressen gab, bis dieser seine Amphistäbe abwarf und sie sich durch das Gras wanden, um sich auf die Suche nach neuem, fruchtbarem Boden zu machen und sich dort wieder einzupflanzen.
Er erinnerte sich daran, als der Bothan ein paar Tage später im Delirium starb.
Wenn die Macht Leben ist, wie kann es dann Leben ohne die Macht geben?
Die Frage verfolgte ihn. Sie pochte schmerzhaft in seinem Hinterkopf wie ein entzündeter Zahn. Vergere hätte ebenso gut über sein Leben sprechen können: Wie konnte er ohne die Macht leben?
Die Antwort lautete selbstverständlich, dass er es nicht konnte. Und es auch nicht tat. Die Macht war da.
Er konnte sie nur nicht spüren.
Anakin hatte immer behauptet, die Macht sei ein Werkzeug, wie ein Hammer. Wenn die Macht ein Hammer war, dachte Jacen, dann war er ein Zimmermann, dem man die Arme abgeschnitten hatte. Er konnte den Hammer nicht einmal mehr sehen. Er konnte sich nicht erinnern, wie er ausgesehen hatte.
Aber …
Wenn ich einer Spezies angehörte, die niemals Arme hatte, würde ich einen Hammer nicht erkennen − und nichts damit anfangen können, selbst wenn ich irgendwie erraten könnte, was es ist. Ein Hammer würde nichts mit mir zu tun haben.
So, wie die Macht nichts mit den Yuuzhan Vong zu tun hat.
Das war eine Hälfte der Antwort − aber die andere Hälfte wand sich und nagte weiter an der Innenseite seines Schädels.
Weil die Macht nicht nur ein Werkzeug war.
Wenn die Yuuzhan Vong außerhalb der Macht existierten, dann musste die Macht weniger sein, als man ihm beigebracht hatte. Weniger, als er wusste, dass sie war. Denn er wusste, wusste mit vollkommener Absolutheit und über jeden Zweifel hinaus, dass die Macht nicht weniger war, als er gedacht hatte. Sie war mehr.
Sie war alles.
Wenn es bei der Macht nur um Leben ging, wie konnte sie dann benutzt werden, um einen Stein hochzuheben, ein Lichtschwert oder einen X-Flügler? Um etwas mit der Macht zu bewegen, musste man es spüren. Selbst ein Stein hatte mehr Präsenz in der Macht als ein lebender Yuuzhan Vong.
Es gab hier ein Rätsel, eins, das ihn nicht ruhen ließ. Zum Glück hatte er viel Zeit, um darüber nachzudenken.
Ein Tag ging beinahe unmerklich in den anderen über, und das Dhuryam schien ein gewisses Verständnis dafür zu entwickeln, was Jacen tat; durch den Sklavensamen hatte es ihm hin und wieder ein kleines, beinahe liebevolles
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