Das Erbe der Jedi-Ritter 14 - Wege des Schicksals
sich das Kinn. »Die Frage ist, war es deutlich genug?«
Luke überließ Cal Omas dieser und anderen politischen Fragen und begab sich zum Flottenkommandoanbau, wo Vergere immer noch verhört wurde. Jacen war nach ein paar Stunden entlassen worden, aber die Flotte schien vorzuhaben, Vergere noch länger zu befragen.
Luke hielt das nicht unbedingt für eine schlechte Idee.
»Sie hat uns Unmengen Material geliefert«, sagte Geheimdienstchef Nylykerka. »Wir werden Hunderte von Stunden brauchen, um alles zu verarbeiten. Nichts widerspricht den Dingen, die wir bereits wissen − aber das wäre wohl auch dann nicht zu erwarten, wenn sie keine echte Überläuferin wäre, sondern vom Feind geschickt wurde.« Nylykerka schien amüsiert zu sein. »Außerdem hat sie inzwischen etwa das Doppelte ihres Gewichts vertilgt − so einen Appetit habe ich noch nie erlebt.«
»Wenn Sie fünfzig Jahre lang hätten essen müssen, was die Yuuzhan Vong kochen, wären Sie wahrscheinlich ebenfalls versessen auf unsere Speisen.« Luke fragte den Tammarianer, ob er selbst mit Vergere sprechen dürfe, und Nylykerka hatte nichts dagegen. »Was immer Sie aus ihr herausholen können …«, sagte er mit einem Winken.
Luke fand Vergere in ihrer Zelle, wo sie auf einem Hocker saß und sich eine Holosendung ansah − ein Nachrichtenprogramm, das über Luke und Cal Omas berichtete. »… imstande ist, den Charakter eines Mannes einzuschätzen«, sagte Cal gerade. Vergere schaltete den Ton ab, als Luke hereinkam.
»Zu meiner Zeit«, sagte sie, »hätte ein Jedi-Meister sich nicht auf diese Weise in eine Wahl eingemischt.«
»Zu Eurer Zeit«, erwiderte Luke, »wäre das auch nicht nötig gewesen.«
Vergere nahm das mit einem anmutigen Senken ihres seltsamen Kopfs zur Kenntnis. Luke raffte sein Gewand und setzte sich im Schneidersitz auf den Stuhl vor ihr.
Er versuchte, ruhiger zu werden. Er versuchte, Vergere nicht abzulehnen, obwohl er einen sehr, sehr guten Grund dafür hatte.
Raus damit, dachte er.
»Ich habe mit Jacen über seine Gefangenschaft gesprochen«, sagte er.
»Euer Schüler hat es gut ertragen«, sagte Vergere. »Man muss Euch gratulieren.«
Zorn brodelte in Lukes Herz. Er atmete bewusst tief aus und verbannte diese Emotion.
»Vielleicht hätte Jacen es überhaupt nicht ertragen müssen«, sagte er. »Er berichtete, dass Ihr ihn nicht weniger als dreimal den Yuuzhan Vong ausgeliefert habt.«
Vergere nickte. »Das habe ich«, bestätigte sie.
»Er wurde gefoltert«, sagte Luke. »Gefoltert bis kurz vor dem Tod. Und Ihr habt es zugelassen. Ihr hättet schon eher mit ihm fliehen können.«
»Ja.«
»Warum habt Ihr es dann nicht getan?«, fragte er.
Vergere saß sehr ruhig da, als lausche sie angestrengt. »Es war notwendig, dass Euer Schüler bestimmte Dinge lernt«, sagte sie.
»Wie zum Beispiel Verrat?« Luke versuchte, sich seinen Zorn nicht anmerken zu lassen. »Folter? Hilflosigkeit? Sklaverei? Erniedrigung? Schmerz?«
»Selbstverständlich all das«, sagte Vergere schlicht. »Aber vor allem musste er an den Rand der Verzweiflung gebracht werden und sich dann darüber hinausbewegen.« Sie sah Luke forschend aus ihren schrägen Augen an. »Ihr habt ihn gut ausgebildet, aber es war notwendig, dass er alles vergaß, was Ihr ihm beigebracht habt, indem er erfuhr, dass nichts von dem, was Ihr ihm gegeben habt, ihm helfen könnte.«
»Notwendig?« Lukes Empörung brach nun doch aus ihm heraus. »Notwendig wofür? Oder für wen?«
Vergere legte den Kopf schief und sah ihn erneut an. »Notwendig für meine Pläne selbstverständlich.«
»Wer hat Euch …« Luke unterdrückte seinen Zorn. »Wer hat Euch das Recht dazu gegeben?«
»Ein Recht, das gegeben wird, ist so nutzlos wie eine nicht angewandte Tugend«, sagte Vergere. »Rechte werden genutzt, oder sie haben keinen Wert, ebenso wie Tugenden angewandt werden müssen. Ich habe mir das Recht genommen, Euren Schüler anzulügen, ihn zu verraten, ihn zu quälen und ihn zu versklaven.« Sie plusterte das scheckige Gefieder auf, dann glättete sie es wieder: ein Achselzucken. »Und ich bin es auch, die persönlich die Konsequenzen trägt. Wenn Ihr als sein Meister mich bestrafen wollt, dann soll es eben so sein.«
»Hatte es irgendeinen Grund?«, Luke sah sie fragend an. »Über die Ausübung Eurer Rechte hinaus, meine ich?«
Vergere nickte. »Selbstverständlich, junger Meister«, antwortete sie. »Jacen Solo musste vollkommen allein sein, ohne Freunde, ohne Verwandte,
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