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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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werde.
    Der Mann, welcher mich als Erster in Calais willkommen hieß, mein teurer Lord Lisle, ist des Hochverrats und der Beteiligung an papistischen Umtrieben angeklagt, deren Ziel der Sturz des Königs ist. Es heißt, er habe mich nur deshalb so freudig willkommen geheißen, weil er genau wusste, dass ich mit dem König keinen Sohn zeugen würde. Lord Lisle ist verhaftet und einer Verschwörung bezichtigt worden, die mich als eines der tragenden Elemente benennt. Dass er unschuldig ist, spielt keine Rolle. Dass diese Verschwörung absurd ist, spielt keine Rolle. In den Kellern des Towers gibt es furchtbare Kammern, in denen böse Männer ein grausames Werk verrichten. Wenn sie einen Mann foltern, verrät er ihnen alles, was sie wollen. Der menschliche Körper kann den Schmerzen, die sie ihm antun, nicht widerstehen. Der König erlaubt, dass die Gefangenen gestreckt werden, dass ihnen die Beine vom Körper gerissen, die Arme aus den Schultern gekugelt werden. Solche Barbarei hat es in diesem Lande nie zuvor gegeben, aber nun ist sie gestattet. Lord Lisle ist von hoher Geburt und ein stiller, empfindlicher Mensch. Er kann Schmerz nicht aushalten, sicher wird er ihnen alles sagen, was sie hören wollen. Dann wird er als geständiger Verräter auf dem Schafott sterben - und wer weiß, was er in der Zwischenzeit über mich gestanden haben mag?
    Das Netz zieht sich um mich zusammen. Wenn Lord Lisle aussagt, dass er wusste, dass ich den König impotent machen würde, bedeutet es meinen Tod. Wenn Thomas Cromwell aussagt, dass ich bereits verlobt war und den König heiratete, obwohl ich nicht frei war, bedeutet es meinen Tod. Sie haben meinen Freund Lord Lisle in ihrer Gewalt, sie haben meinen Verbündeten Thomas Cromwell. Sie werden beide foltern, bis sie alle Beweise haben, die sie brauchen, und dann werden sie mich holen. In ganz England gibt es nur einen Mann, der mir helfen könnte. Ich hege nicht viel Hoffnung, aber ich habe sonst niemanden. Ich lasse meinen Botschafter Karl Harst rufen.
    Es ist ein heißer Tag, und alle Fenster stehen offen, um die frische Luft aus dem Park einzulassen. Ich höre den Lärm der Höflinge, die sich mit einer Bootsfahrt auf der Themse vergnügen. Sie schlagen die Laute und singen und lachen viel. Doch selbst auf diese Entfernung hin erkenne ich die falschen Töne erzwungener Fröhlichkeit. Dann trifft Dr. Harst ein.
    »Ich habe Pferde bekommen«, sagt er in unserer Muttersprache, die, wenn man flüstert, besonders zischend klingt. »Ich musste die ganze Stadt abklappern, um welche zu finden, und habe sie schließlich ein paar Hanse ... Kaufleuten abgekauft. Ich habe Geld für die Reise geliehen. Ich bin der Meinung, wir sollten unverzüglich fliehen.«
    »Ich kann jetzt nicht fort«, entgegne ich. »Er schickt mich nach Richmond. Wir reisen bald ab. Von dort wird die Flucht leichterfallen.«
    Er nickt.
    »Was könnt Ihr von Cromwell berichten?«, frage ich.
    »Es war barbarisch. Sie sind sehr primitiv in diesem Lande. Cromwell kam in die Sitzung des Kronrats, ohne eine Ahnung davon, was ihm bevorstand. Seine alten Freunde nahmen ihm die Insignien seines Amtes fort, rissen ihm den Hosenbandorden ab. Sie hackten auf ihn ein wie Krähen, die einen toten Hasen zerreißen. Er wurde wie ein Verbrecher abgeführt. Und nun bekommt er nicht einmal eine faire Gerichtsverhandlung, sie brauchen keine Zeugen vorzuladen, sie brauchen keine Anklage zu beweisen. Er wird aufgrund eines Parlamentsbeschlusses enthauptet werden, dazu bedarf es nur noch der Einwilligung des Königs.«
    »Könnte der König nicht ein gutes Wort für ihn einlegen? Kann er ihn nicht begnadigen? Immerhin hat er Cromwell vor wenigen Wochen erst zum Earl ernannt.«
    »Eine Finte war das, weiter nichts. Der König begünstigte ihn nur deshalb, um ihn jetzt umso stärker seinen Hass spüren zu lassen. Cromwell mag um Gnade und Vergebung flehen, aber er wird keine finden. Es ist ausgemacht, dass er als Verräter den Tod findet.«
    »Hat der König ihm Lebewohl gesagt?«, frage ich beiläufig.
    »Nein«, erwidert mein Botschafter. »Es gab keinerlei Anzeichen, die den Mann gewarnt hätten. Sie haben sich wie an jedem Tag verabschiedet, ohne dass besondere Worte gefallen wären. Cromwell kam in die Sitzung, als sei alles wie immer. Er wähnte noch, als Lordkanzler den Vorsitz zu führen, und plötzlich, Augenblicke später, sah er sich verhaftet, und alle seine alten Feinde lachten ihn aus.«
    »Der König hat ihm nicht Lebewohl

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