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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Kompliment willkommen, manche schauen mich nur skeptisch an. Nicht, dass sie Anne sehr geliebt hätten - gar nicht! -, aber ihr Sturz hat ihnen Angst gemacht. Nun erinnern sie sich, dass ich allein dem Henker entronnen bin. Es ist wie Zauberei, dass ich überlebt habe, und so bekreuzigen sie sich und raunen einander alte Gerüchte zu.
    Bessie Blount, die frühere Mätresse des Königs, die nun weit über ihrem Stand mit Lord Clinton verheiratet ist, begrüßt mich durchaus freundlich. Ich habe sie nicht mehr gesehen seit dem Tode ihres Sohnes Henry Fitzroy, den der König zum Herzog ernannte - zum Herzog von Richmond, obwohl er nichts weiter war als ein königlicher Bastard. Als ich zu Bessie sage, wie leid mir ihr Verlust tue (seichte Worte der Höflichkeit), ergreift sie plötzlich meine Hand und sieht mich mit bleichem, forschendem Gesicht an, als wollte sie mich stumm anflehen, ihr Genaues über seinen Tod zu berichten. Ob ich ihr wohl sagen kann, wie er gestorben ist?
    Ich jedoch lächele kühl und löse ihre Finger von meinem Handgelenk. Ich kann es ihr nicht sagen, weil ich nichts darüber weiß - und auch wenn ich etwas wüsste, würde ich ihr nichts sagen. Ich weiß nur, dass mein Gebieter, der Herzog, Bessies hübschen Sohn in aller Stille in einem Bleisarg beerdigen ließ, nur wenige Tage, bevor er als Thronfolger benannt werden sollte - ein königlicher Bastard, welcher der Sohn sein sollte, dessen der König bedurfte. Henry Fitzroy war auch seit Kurzem mit Mary Howard verheiratet gewesen, sodass wir Howards eine Verbindung zum Thron verloren, die der Herzog gerade so mühsam geschmiedet hatte. Wie der Junge starb und warum er starb, weiß ich nicht. Ich kenne jedoch das ungeschriebene Gesetz, dass man, je höher man bei Hofe aufsteigt, dem Tode umso näher kommt, und mein Gebieter, der Herzog, ist stets der erste Scharfrichter des Königs.
    »Es tut mir so leid, dass Ihr Euren Sohn verloren habt«, wiederhole ich.
    Sie wird vermutlich nie erfahren, warum oder wie Henry gestorben ist. Doch darin ähnelt ihr Schicksal dem Tausender Mütter, die ihre Söhne davonmarschieren sahen, um die Heiligtümer des Landes, um Gotteshäuser und Klöster zu beschützen, und Tausende von Söhnen kehrten niemals heim. Der König allein wird entscheiden, was Glaube und was Häresie ist, das Urteil darüber steht seinen Untertanen nicht zu. In dieser neuen und gefährlichen Welt darf nicht einmal mehr die Geistlichkeit ihre Stimme erheben. Der König wird entscheiden, wer leben darf und wer sterben muss, er besitzt jetzt die Macht Gottes. Wenn Bessie wirklich wissen will, wer ihren Sohn ermordet hat, sollte sie den König, seinen Vater, fragen, aber sie kennt Heinrich zu gut, um dies zu wagen.
    Die anderen Frauen haben gesehen, wie Bessie mich begrüßte, und drängen nun ebenfalls heran: Ich sehe eine Seymour, eine Percy, eine Culpepper, eine Neville: Alle mächtigen Familien des Landes haben ihre Töchter durch das enge Nadelöhr in den Dienst der königlichen Gemächer geschleust. Manche wissen Übles von mir und erwarten jetzt Schlimmeres. Doch das ist mir gleich. Ich habe schon Ärgeres durchgestanden als die Tücke eifersüchtiger Weiber. Außerdem bin ich mit den meisten von ihnen verwandt und in Konkurrenz. Wenn mir irgendeine von ihnen Steine in den Weg legen will, sollte sie daran denken, dass ich unter dem Schutz meines herzoglichen Gebieters stehe. Nur Thomas Cromwell ist mächtiger als er.
    Die eine, die ich fürchte, die ich wirklich nicht sehen möchte, ist Catherine Carey, die Tochter von Mary Boleyn, meiner niederträchtigen Schwägerin. Catherine ist zwar noch ein Kind, ein Mädchen von fünfzehn Jahren, das ich nicht fürchten sollte, aber - um die Wahrheit zu sagen - ihre Mutter ist eine Furcht erregende Frau, die mich nie besonders leiden konnte. Mein Gebieter, der Herzog, hat der jungen Catherine eine Stellung bei Hofe besorgt und ihrer Mutter befohlen, das Mädchen zur Quelle von Macht und Reichtum zu schicken - und Mary hat ihm widerwillig gehorcht. Ich kann mir gut vorstellen, mit welchem Widerstreben sie dem Kinde Kleider kaufte und das Haar frisierte und es knicksen und tanzen lehrte. Mary hatte ihre Familie durch Schönheit und Klugheit der Schwester und des Bruders in höchste Höhen aufsteigen sehen - und dann miterlebt, wie ihre Leichname stückweise in kleine Särge gepackt wurden. Anne wurde geköpft, ihr Körper wurde in eine Kiste gezwängt, ihr Kopf in einen Korb. Und George, mein George

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