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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Der kurze Skandal wegen der Liebesaffäre seiner Nichte ist vergessen; sie sitzt gefangen im Kloster Syon, und ihr Liebhaber ist fortgelaufen. Kitty Howard hat alles und jeden für die fehlende Disziplin in ihren Gemächern verantwortlich gemacht, nur nicht sich selbst, und ihr ist verziehen worden. Nichts soll den Frischvermählten das Weihnachtsfest verderben.
    Aber das hübsche Gesichtchen zieht schon wieder einen Schmollmund. Prinzessin Maria ist am Hof erschienen und macht vor ihrer neuen Stiefmutter den Hofknicks, gönnt der neuen Königin jedoch kein respektvolles Lächeln. Ganz offensichtlich lässt sie sich von einem neun Jahre jüngeren Mädchen nicht beeindrucken. Das Wort »Mutter« bringt sie einfach nicht über die Lippen. Prinzessin Maria, die immer ein hochgelehrtes, ernstes Mädchen war, ein Kind der Kirche, ein Kind Spaniens, kann es nicht ertragen, dass auf dem Thron ihrer Mutter jetzt ein dummes, junges Ding sitzt, das nichts Besseres zu tun hat, als jeder Aufforderung zum Tanz Folge zu leisten. Prinzessin Maria lernte Kitty Howard im vergangenen Frühjahr kennen, als sie die eitelste, dümmste Ehrenjungfer im Dienste der damaligen Königin war. Wie soll sie es verdauen können, dass dieser kleine Kobold inzwischen Königin geworden ist? Hätten wir Karneval, so würde Prinzessin Maria vielleicht darüber lachen. Aber diese Farce einer Herrscherehe ist nicht komisch, wenn sie jeden Tag aufgeführt wird. Prinzessin Maria sieht keinen Anlass zu lächeln.
    Der kleine Schmollmund zeigt dem König an, dass seine Kindbraut unzufrieden ist. Also nimmt er seine Tochter beiseite und ermahnt sie, auf ihre Manieren zu achten, wenn sie am Hofe bleiben will. Prinzessin Maria, die schon Schlimmeres erlitten hat, verbeißt sich jeglichen Kommentar und wartet ab. Sie sagt kein Wort gegen die Kind-Königin, sie beobachtet nur. Und etwas in Marias dunklem Blick lässt Katherine so unwichtig wirken wie ein kleines, lachendes Gespenst.
    Leider hat die machtvolle Stellung unsere kleine Kitty um keinen Deut gebessert. Andererseits hat das auch niemand geglaubt, außer ihrem verliebten Ehemann. Ihr Onkel Norfolk beobachtet ihr öffentliches Betragen mit strengem Blick und verlässt sich darauf, dass ich in ihren Privatgemächern die Ordnung aufrechterhalte. Bereits mehr als einmal hat er sie zu sich bestellt, um ihr eine scharfe Predigt über Schicklichkeit und das einer Königin geziemende Betragen zu halten. Katherine pflegt dann in reuige Tränen auszubrechen, die ihr stets so leicht zu Gebote stehen. Und er, erleichtert darüber, dass sie - anders als Anne - keine Widerworte gibt oder sein eigenes Verhalten gegen ihn wendet oder die höflichen Manieren des französischen Hofes zitiert oder ihm einfach ins Gesicht lacht, glaubt, dass sie in Zukunft brav sein wird. Aber schon in der Woche darauf wird in den königlichen Gemächern eine wilde Jagd veranstaltet. Die jungen Höflinge jagen die Mädchen durch sämtliche Zimmer, ja, sogar durch die Schlafkammer der Königin, und werfen mit Kissen nach ihnen, während die Königin kreischend und lachend auf ihrem Bett tanzt und Siegpunkte an die Parteien verteilt. Wie soll man da Einhalt gebieten?
    Keine Macht der Welt kann aus Katherine Howard eine vernünftige Frau machen, denn dazu ist keine Grundlage vorhanden. Es fehlt ihr an Bildung und Erziehung sowie an gesundem Menschenverstand. Gott allein weiß, was die Herzoginwitwe sich dachte, als sie die jungen Menschen in ihrem Hause erziehen wollte! Sie ließ Katherine Musikstunden nehmen - in denen sie von ihrem Musiklehrer verführt wurde -, aber sie brachte ihr weder Lesen noch Schreiben noch Rechnen bei. Dieses Kind beherrscht keine Fremdsprache, es kann - trotz der Aufmerksamkeiten von Henry Manox - keine Partitur lesen, es singt mit einem dünnen Stimmchen, es kann tanzen wie eine wohlfeile Dirne, und reiten muss es erst noch lernen. Kann Katherine noch etwas? Nein, das war's. Das ist alles.
    Sie hat genug Verstand, um einen Mann zu erfreuen, und durch ihre nächtlichen Eskapaden in Norfolk House hat sie eine Hand voll Dirnentricks erlernt. Zum Glück hat sie es sich zum Ziel gesetzt, dem König zu gefallen, und darin hat sie unglaublichen Erfolg. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, dass sie das vollkommene Mädchen ist. In seinen Augen ist sie die Tochter, die er nie liebte, die jungfräuliche Braut, die sein Bruder zuerst besaß, die Ehefrau, derer er nie sicher sein konnte. Für einen Mann, der bereits zwei

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