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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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und stellen sich zu beiden Seiten auf.
    Und mir wird eine unerwartete Ehre zuteil! Der Herzog von Norfolk persönlich steht am Ufer, um mich willkommen zu heißen. Bei ihm sind zwei oder drei Männer des Kronrates mit ihrem Gefolge, die meisten, wie ich sehe, Verwandte oder Verbündete der Howards. Dieser Empfang ehrt mich, und ich sehe an seinem ironischen Lächeln, dass es ihn ebenso belustigt wie mich.
    Wie ich es vorausgesehen habe, wimmelt es überall von Howards. Bis zum Sommer wird im Reich ein Ungleichgewicht herrschen. Der Herzog ist kein Mann, der sich eine Gelegenheit entgehen lässt; er wird seinen Vorteil ergreifen wie jeder erfahrene Veteran. Bis jetzt hat er den Hügel eingenommen, bald wird er den Krieg gewinnen. Dann werden wir ja sehen, wie lange es dauert, bis sich die Gemüter erhitzen, bis es im Lager der Seymours, der Percys, der Parrs, der Culpeppers und der Nevilles und unter den reformatorischen Geistlichen um Cranmer rumort. Sie alle sind an Macht und Einfluss gewöhnt und werden sich den Ausschluss von der Führerschaft nicht lange gefallen lassen.
    Man hilft mir an Land, und der Herzog verneigt sich vor mir. »Willkommen auf Hampton Court, Euer Gnaden«, sagt er, als wäre ich immer noch Königin.
    »Ich danke Euch«, erwidere ich. »Es freut mich, wieder hier zu sein.« Wir beide wissen ganz genau, wie sehr das stimmt, denn es gab einen Tag, nein, mehrere Tage, da ich glaubte, ich würde Hampton Court niemals wiedersehen. Für mich, so dachte ich damals, würde es nur noch das Wassertor am Tower geben, wohin die Verräter gebracht werden. Aber Hampton Court und das Weihnachtsfest - damit hätte ich nicht gerechnet.
    »Ihr müsst eine kalte Reise gehabt haben«, bemerkt er.
    Ich nehme seinen Arm, und wir schreiten den breiten Fahrweg zur Flussfront des Schlosses hinauf, als wären wir die besten Freunde.
    »Mir macht die Kälte nichts«, erwidere ich.
    »Königin Katherine erwartet Euch in ihren Gemächern.«
    »Ihre Majestät ist sehr großzügig«, sage ich. Da - nun habe ich es ausgesprochen. Ich habe das albernste aller Ehrenfräulein »Majestät« genannt, als wäre sie eine Göttin - und das vor ihrem Onkel.
    »Die Königin erwartet Euch gespannt«, sagt er. »Wir alle haben Euch schmerzlich vermisst.«
    Ich lächele mit niedergeschlagenen Augen. Nicht aus Bescheidenheit, oh nein, ich möchte vielmehr vermeiden, dass ich lache. Dieser Mann tut, als habe er mich vermisst, als hätte er nicht Beweise angehäuft, dass ich den König durch Hexenkunst entmannt hätte: eine Anklage, die geradewegs aufs Schafott hätte führen können.
    Ich schaue wieder auf. »Ich bin Euch für Eure Freundschaft sehr verbunden«, sage ich trocken.
    Wir betreten den Palast durch das Gartentor, und ich sehe ein halbes Dutzend Pagen und junge Edelmänner, die einst meinem Hofstaat angehörten. Sie haben zwischen dem Tor und den Gemächern der Königin gewartet, um mich zu begrüßen. Ich bin gerührter, als ich zu zeigen wage, doch als einer der jungen Pagen auf mich zukommt, sein Knie beugt und meine Hand küsst, muss ich doch schlucken und mich anstrengen, Haltung zu bewahren. Ich war so kurz ihre Herrin, nur ein wenig länger als sechs Monate, dass es mich berührt zu sehen, wie sehr sie mich noch mögen, selbst wenn nun ein anderes Mädchen in meinen Gemächern lebt und ihre Dienste in Anspruch nimmt.
    Der Herzog zieht ein Gesicht, sagt aber nichts. Ich bin viel zu vorsichtig, um etwas dazu zu sagen, und so verhalten wir uns, als seien die mir gezollte Ehrerbietung und die geflüsterten Segenswünsche vollkommen normal. Der Herzog führt mich zu den Gemächern der Königin. Auf sein Nicken stoßen die Soldaten die Türflügel auf und rufen: »Ihre Gnaden, die Herzogin von Kleve«, und ich trete ein.
    Der Thron ist verlassen. Dies ist mein erster belustigter Eindruck, und einen verrückten Moment lang kommt es mir vor, als sei alles nur ein Scherz gewesen, einer von diesen berühmten englischen Scherzen, und der Herzog werde sich gleich umdrehen und zu mir sagen: »Natürlich seid Ihr die Königin, nehmt Euren Platz wieder ein!« Und dann würden wir lachen, und alles wäre wie früher.
    Aber dann sehe ich, dass der Thron leer ist, weil die Königin auf dem Boden kniet und mit einem Kätzchen spielt. Ihre Hofdamen erheben sich und verneigen sich würdevoll, eifrig darauf bedacht, mir nicht zu viel Respekt zu erweisen, und endlich blickt das Kind Kitty Howard auf, sieht mich, ruft: »Euer Gnaden!« und

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