Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance
solch ein Fehler wiegen kann. Und seitdem hat es nicht wieder geklappt. Als ich abreiste, plagte den König wieder seine alte Beinverletzung, und er hatte sich ins Bett gelegt, wollte niemanden sehen. Katherine hat mir gestanden, sie glaube, dass er unfähig ist, ein Kind zu zeugen, dass er bei ihr, wie bei mir, impotent ist. Sie hat mir erzählt, welche Tricks sie anwendet, sodass er ein wenig Vergnügen hat, und wie sie ihm versichert, dass er potent und stark ist ... Die Wahrheit aber sei, dass er es kaum schafft, den Akt zu vollziehen.
»Wir tun so, als ob«, erzählte sie traurig. »Ich seufze und stöhne und sage, wie schön es sei, und er versucht zuzustoßen, aber um die Wahrheit zu sagen, er schafft es nicht, es ist eine traurige Nachahmung, nicht der wirkliche Akt.«
Ich warnte sie, nicht so zu mir zu sprechen. Aber sie fragte nur zutraulich, wer ihr denn raten solle. Ich schüttelte nur den Kopf. »Ihr könnt niemandem trauen«, sagte ich. »Sie hätten mich als Hexe gehängt, hätte ich auch nur die Hälfte von dem gesagt, was Ihr mir gerade anvertraut habt. Wenn Ihr sagt, dass der König impotent ist, oder wenn Ihr seinen Tod prophezeit, dann ist das Hochverrat, Kitty. Und auf Hochverrat steht der Tod. Ihr dürft niemals darüber sprechen, zu niemandem, und wenn mich irgendjemand fragen sollte, ob Ihr zu mir gesprochen habt, werde ich für Euch lügen und es verneinen.«
Ihr kleines Gesicht war ganz weiß geworden. »Aber was soll ich nur tun?«, fragte sie. »Wenn ich niemanden um Rat fragen kann und wenn ich nicht weiß, was ich tun soll? Soll es denn schon ein Verbrechen sein, jemandem zu erzählen, dass es nicht klappt? Was kann ich nur tun? Zu wem soll ich gehen?«
Ich gab ihr keine Antwort darauf, weil ich keine hatte. Als ich in der gleichen Lage war, in der gleichen Gefahr steckte, habe ich auch niemanden gefunden, der mir helfen konnte.
Das arme Kind, vielleicht hat der Herzog etwas für sie geplant, oder vielleicht weiß Lady Rochford, was zu tun ist. Aber wenn der König ihrer müde wird - und das muss er eines Tages, denn es wird ihr nicht möglich sein, ihn dauerhaft an sich zu fesseln -, wenn er also ihrer müde wird und wenn sie kein Kind bekommt, warum sollte er sie dann behalten? Und wenn ihm einfällt, sie loszuwerden, wird er ihr dann eine großzügige Abfindung zahlen, so wie mir, einer Herzogin mit mächtigen Freunden? Oder wird er einen schnelleren und billigeren Weg finden, sie loszuwerden?
K ATHERINE , H AMPTON C OURT , M ÄRZ 1541
Mal überlegen, was habe ich alles?
Meine Wintergarderobe ist komplett. Ein paar Frühlingskleider sind noch bei der Schneiderin, aber die nützen mir nichts, da demnächst die Fastenzeit kommt, und da kann ich sie nicht tragen.
Ich habe meine Weihnachts- und Neujahrsgeschenke vom König bekommen. Also, abgesehen von Plunder, den ich schon vergessen oder an meine Hofdamen weiterverschenkt habe, habe ich zwei Anhänger bekommen, einen mit sechsundzwanzig Tafeldiamanten und einen mit siebenundzwanzig gewöhnlichen Diamanten. Sie sind so schwer, dass ich mich anstrengen muss, den Kopf hochzuhalten. Ich habe eine Perlenkette mit zweihundert Perlen bekommen, die so groß sind wie Erdbeeren. Ich habe von meiner lieben Anna ein allerliebstes Pferd bekommen. Ich nenne sie jetzt Anna, und sie nennt mich Kitty, aber nur, wenn wir allein sind. Aber den Schmuck kann ich leider noch nicht tragen, denn auch auf ihn muss ich während der Fastenzeit verzichten.
Ich habe einen Chor neuer Sänger und Musiker, doch sie dürfen keine fröhliche Tanzmusik spielen, weil wir Fastenzeit haben. Außerdem bekomme ich wegen der Fasten nichts Anständiges zu essen. Ich darf nicht Karten spielen und nicht ausreiten, ich darf nicht tanzen und nicht wetten. Um auf der Themse Boot zu fahren, ist es zu kalt, und außerdem ginge das auch gar nicht - wegen der Fastenzeit. Ich darf nicht einmal mit meinen Hofdamen Streiche spielen oder in meinen Gemächern herumtoben oder Fangen spielen oder Rasenbowling, weil wir die öde, blöde Fastenzeit haben.
Und der König lässt sie in diesem Jahr aus irgendeinem Grunde vorzeitig beginnen. Aus reiner Bosheit hat er sich seit Februar in seine Gemächer zurückgezogen und kommt nicht einmal mehr zum abendlichen Dinner heraus. Er sieht mich nicht mehr und ist nicht mehr nett zu mir, und er hat mir seit dem Dreikönigstag nichts mehr geschenkt oder mich seine hübsche Rose genannt. Es heißt, er sei krank, aber da er stets hinkt
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