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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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liegt so etwas wie Wärme, fast Wohlwollen in seiner Stimme. »Wem könnte ich meinen Ehrgeiz für die Familie besser anvertrauen? Euer Mut und Eure Geschicklichkeit haben uns so weit gebracht. Ich zweifle nicht daran, dass Ihr auf diesem Wege weitergehen werdet. Sicherlich kennt Ihr doch einen jungen Mann, der seine Chance bei der Königin wahrnehmen möchte! Ein junger Mann, den sie ganz zwanglos treffen könnte, ein entbehrlicher junger Mann, der später kein Verlust sein würde. Vielleicht einen der Günstlinge des Königs, denn diese ermutigt er ja geradezu zum Verkehr mit ihr.«
    Ich würge fast vor Angst. »Ihr versteht nicht«, sage ich. »Bitte Mylord, hört mich an. Ihr versteht nicht. Was ich damals tat ... habe ich aus meinem Gedächtnis gestrichen ... Ich spreche nie darüber, ich denke niemals daran. Wenn mich irgendjemand daran erinnert, dann werde ich verrückt ... Ich habe George geliebt ... Wirklich, erinnert mich nicht daran, lasst mich nicht daran denken.«
    Er erhebt sich. Er kommt um den Tisch herum und legt mir die Hände auf die Schultern. Es wäre fast eine zärtliche Geste, nur fühlt es sich eher so an, als drücke er mich auf den Stuhl hinab. »Ihr sollt dies entscheiden, teure Lady Jane. Ihr sollt gründlich darüber nachdenken und mir dann Euren Entschluss mitteilen. Ich vertraue Euch voll und ganz, ich bin sicher, dass auch Ihr das tun wollt, was für die Familie am besten ist. Ich vertraue darauf, dass Ihr stets tun werdet, was für Euch selbst das Beste ist.«

 
 
A NNA , R ICHMOND , F EBRUAR 1541
 
    Ich bin wieder daheim, und das ist so eine Erleichterung, dass ich fast über mich lachen könnte: Bin ich denn schon eine langweilige alte Jungfer, die sich zu Hause vergräbt? Aber es ist nicht nur die Freude, in meine eigenen Zimmer zurückzukehren und den Blick aus meinem Fenster zu genießen und von meiner Köchin bekocht zu werden - es ist die Freude, diesem Hof entronnen zu sein, diesem Hof der Finsternis. Meine Güte, was für eine vergiftete Luft sie dort atmen; ich wundere mich, wie es irgendjemand aushält! Der König ist launischer als je zuvor. Eben noch gibt er Kitty Howards feurigen Liebhaber, befummelt sie vor aller Augen wie ein Wüstling, dass sie vor Scham errötet, lacht über ihre Verlegenheit ..., und eine halbe Stunde später fährt er einen seiner Räte an, schleudert seine Kappe auf den Boden, schlägt einen Pagen oder hüllt sich in hasserfülltes und argwöhnisches Schweigen, während seine kleinen Augen umherflitzen und nach einem Schuldigen suchen, den er für sein Unglück verantwortlich machen kann. Sein Temperament, stets von allen gehätschelt, ist nun zu einer Gefahr für seine Mitmenschen geworden. Er hat sich nicht im Griff, er kann seine Furcht nicht kontrollieren. In jedem Zimmer vermutet er eine Verschwörung, in jeder Nische einen gedungenen Mörder. Die Höflinge sind Meister darin, ihn abzulenken, denn jeder fürchtet seine Stimmungsumschwünge.
    Katherine läuft zu ihm, wann immer er nach ihr verlangt, und scheut zurück wie einer seiner Greyhounds, wenn er schlechter Laune ist; mit der Zeit wird diese Anspannung ihren Tribut von dem Mädchen fordern. Und dann hat sie sich mit den dümmsten und ordinärsten jungen Frauen umgeben, die jemals in einem edlen Hause gewohnt haben. Sie tragen prächtige Kleider und zeigen so viel nackte Haut und Schmuck, dass es eben noch angeht, und sie haben sämtlich schlechte Manieren. Wenn der König Hof hält, sind sie sittsam und bescheiden, verneigen sich vor ihm wie vor einem grübelnden Götzenbild ..., doch sobald er fort ist, gebärden sie sich wie toll. Kitty tut nichts, um ihnen Einhalt zu gebieten, im Gegenteil: Hinter verschlossenen Türen gibt sie die Rädelsführerin. Den ganzen Tag gehen Pagen und junge Höflinge in ihren Gemächern ein und aus, die Musiker spielen auf, es wird getrunken, gewettet, geliebelt. Kitty ist immer noch so kindisch; es macht ihr den größten Spaß, in einem kostbaren Kleid bei einer Wasserschlacht mitzumachen und sich danach umzuziehen. Die Sitten bei Hofe verfallen zusehends. Sobald angekündigt wird, dass der König kommt, bemühen sich alle um den Anschein von Schicklichkeit, und Kitty, dieses kleine Schulmädchen, liebt das - aber dieser Hof kennt keine Disziplin mehr und kaum Moral.
    Es ist schwer vorauszusagen, was geschehen wird. Bereits im ersten Monat der Ehe verkündete sie, guter Hoffnung zu sein. Aber sie irrte sich und scheint kaum zu wissen, wie schwer

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