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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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furchtbar, als er die arme Gräfin Salisbury köpfen ließ, das ging mir entsetzlich nahe. Aber nun seien alle bösen Menschen entweder besiegt oder tot, und wir könnten endlich wieder ruhig schlafen, hat er gesagt. Er habe mit dem Kaiser ein Bündnis gegen den König von Frankreich geschlossen, das uns vor den Franzosen beschütze, sagt er - sie sind jetzt unsere Feinde, voilà!-, und auch das sei gut so.
    Ich sollte meine Zeit nicht mit Trauer über die Gräfin verschwenden, denn sie war ja schon sehr alt, so alt wie Großmama. Aber das Beste ist, dass wir in York mit dem schottischen Hof zusammenkommen werden und mit dem Neffen des Königs, König Jakob von Schottland. Der König freut sich schon darauf, und ich freue mich auch, denn es wird eine großartige Begegnung beider Länder sein. Es wird ein Turnier mit Lanzenstechen und Wettkämpfen veranstaltet, und die englischen Ritter werden bestimmt gewinnen, denn wir haben die tapfersten Männer und die besten Kämpfer. Tom Culpepper wird seine neue Rüstung tragen, und ich werde die Königin des Turniers sein, und die neuen Vorhänge für meine Loge sind auch schon fertig - ich kann es fast nicht erwarten.
    Ich habe mich gründlich vorbereitet. Ich habe geübt, die Stufen in meine Loge hinabzuschreiten und huldvoll lächelnd das Publikum zu begrüßen. Ich habe geübt, wie ich Platz nehme und mein anmutiges Königinnengesicht mache, wenn sie mich hochleben lassen. Und ich habe geübt, wie ich mich über den Rand der Loge beuge und Preise austeile.
    »Ihr könntet ebenso gut üben zu atmen«, sagt Joan Bulmer abfällig.
    »Ich möchte es gern richtig machen«, entgegne ich. »Alle werden mich anschauen. Ich will gut aussehen.«
    Über hundert englische Ritter werden in den Ring treten, und ich glaube, jeder Einzelne von ihnen hat darum gebeten, mein Minnetuch tragen zu dürfen. Thomas Culpepper ergriff die Gelegenheit und suchte mich im Audienzzimmer auf Lincoln Castle auf. Er beugte das Knie und fragte, ob er mein Ritter sein dürfe.
    »Hat der König es befohlen?«, frage ich, obwohl ich ganz genau weiß, dass er es nicht getan hat.
    Thomas besitzt immerhin so viel Anstand, die Augen niederzuschlagen, als sei er verlegen. »Es ist mein ureigenes Anliegen, das mir mein liebendes Herz diktiert«, sagt er.
    »Ihr seid nicht immer so bescheiden«, erwidere ich. Ich erinnere mich, wie er mich heftig küsste und seine Hände in meinen Po krallte, als wolle er mich gleich dort im Wandelgang besitzen ... Dies geschah, kurz bevor wir Hampton Court verließen, um die sommerliche Rundreise anzutreten.
    Er schaut zu mir auf, ein kurzer, dunkler Blick, und ich weiß, dass auch er an jenen Tag denkt. »Manchmal wage ich zu hoffen.«
    »Ihr handelt auf jeden Fall wie ein Mann mit Hoffnungen«, sage ich.
    Er lacht und senkt den Kopf. Ich hebe meine Hand an die Lippen und beiße in meinen Handschuh, um nicht herauszuplatzen.
    »Ich kenne meine Herrin und Königin«, sagt er ernst. »Mein Herz schlägt schneller, wenn sie nur an mir vorübergeht.«
    »Oh Thomas«, wispere ich.
    Es ist ein so reizvolles Spiel, dass ich es den ganzen Tag spielen könnte. Doch in diesem Augenblick nähert sich eine meiner Hofdamen. Ich fürchte schon, unterbrochen zu werden, doch da redet Lady Rochford die Dame an, und sie muss stehen bleiben.
    »Ich muss immer an den Menschen vorübergehen«, sage ich. »Ich kann niemals so lange anhalten, wie ich es möchte.«
    »Ich weiß«, sagt er, und unter seinem zärtlichen, neckenden Ton klingt Bedauern durch. »Ich weiß. Aber heute Nacht muss ich Euch sehen. Ich muss Euch berühren dürfen.«
    Ich wage wirklich nicht, darauf zu antworten, denn es ist zu leidenschaftlich, und obwohl wir nur von den Damen meines Hofstaates umgeben sind, weiß ich doch, dass mir das Begehren aus den Augen leuchtet.
    »Fragt Jane Boleyn«, flüstere ich. »Sie wird einen Weg finden.« Laut sage ich: »Wie dem auch sei, ich kann Euch mein Tuch nicht geben. Ich muss zuvor den König um Erlaubnis fragen.«
    »Ihr könnt Euer Tuch gern behalten, wenn Ihr mir nur ein Lächeln schenkt, bevor ich in den Kampf reite«, sagt er. »Es heißt, die Schotten seien große Kämpfer, starke Männer auf mächtigen Rössern. Versprecht mir, dass Ihr auf mich acht gebt, und hofft, dass ich nicht unter einer schottischen Lanze falle.«
    Das ist so ergreifend, dass ich fast in Tränen ausbreche. »Ich würde immer auf Euch acht geben, das wisst Ihr. Ich habe Euch immer beim Lanzenstechen

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