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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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lästern, und so ist niemand da, der mich vor Katherines Neugier bewahren könnte.
    »Ihr habt doch einmal erzählt, dass sie und die Männer des Ehebruchs bezichtigt wurden«, fährt sie fort.
    »Das war vor Monaten.«
    »Ich weiß. Ich habe darüber nachgedacht.«
    »Ihr denkt äußerst langsam«, sage ich gehässig.
    »Ich weiß.« Sie ist nicht einmal verlegen. »Und ich habe mir gedacht, dass sie meine Cousine Anne Boleyn bloß deshalb des Hochverrats angeklagt haben, weil sie dem König untreu war, und dann haben sie ihr den Kopf abgeschlagen.« Sie schaut sich vorsichtig um. »Und ich habe mir gedacht, dass ich eigentlich in der gleichen Lage bin«, sagt sie. »Wenn irgendjemand davon erführe, dann würde er sagen, dass ich dem König untreu bin. Und vielleicht wäre dann auch von Hochverrat die Rede.«
    »Deshalb bewahren wir ja absolutes Stillschweigen«, sage ich. »Deshalb passen wir ja so gut auf. Erinnert Ihr Euch? Ich habe Euch von Anfang an gewarnt, aufzupassen.«
    »Aber warum habt Ihr mir geholfen, mit Thomas zusammenzukommen, da Ihr doch bereits vorher wusstet, wie gefährlich das ist? Wo doch Eure Schwägerin dafür hingerichtet worden ist?«
    Mir will keine Erwiderung einfallen. Ich hätte nie geglaubt, dass sie mir solche Fragen stellen würde. Aber in der Art einfältiger Menschen steuert sie manchmal zielstrebig auf den Kern der Sache zu. Ich wende den Kopf, als fesselte mich der Anblick der Themse, angeschwollen nach den letzten Regenfällen, blitzend wie ein scharfes französisches Schwert.
    »Weil Ihr mich gebeten habt, Euch zu helfen«, erinnere ich sie. »Ich bin Eure Freundin.«
    »Habt Ihr Anne Boleyn geholfen?«
    »Nein!«, entfährt es mir. »Ihr hätte ich niemals geholfen!«
    »Wart Ihr nicht ihre Freundin?«
    »Ich war ihre Schwägerin.«
    »Konnte sie Euch nicht leiden?«
    »Ich möchte bezweifeln, dass sie mich überhaupt wahrgenommen hat. Für sie war ich ein unbedeutendes Anhängsel.«
    Das bringt Katherine nicht zum Schweigen, wie ich beabsichtigt hatte, sondern gibt ihren Vermutungen neue Nahrung. Ich kann fast das langsame Kreisen ihrer Gedanken hören.
    »Sie mochte Euch also nicht?«, fragt sie. »Sie und Euer Mann und ihre Schwester, die drei waren stets zusammen. Aber Euch haben sie ausgeschlossen.«
    Ich lache, aber ich bin ganz und gar nicht fröhlich. »So, wie Ihr das sagt, klingt es wie bei Kindern auf einem Schulhof.«
    Sie nickt. »Am Königshof ist es ja auch so. Habt Ihr sie gehasst, weil sie Euch ausgeschlossen haben?«
    »Ich war eine Boleyn«, sage ich. »Ich war ebenso eine Boleyn wie sie. Ich war durch Heirat eine Boleyn geworden, ihr herzoglicher Onkel ist auch mein Onkel. Meine Interessen gelten ebenso der Familie.«
    »Und nun seid nur noch Ihr und Mary übrig«, sagt sie nachdenklich. »Aber Mary ist jetzt eine Stafford und meidet den Hof. Ihr seid die Letzte der Boleyns.«
    »Das stimmt«, sage ich. Ich denke, wie furchtbar traurig es klingt, die Letzte einer Familie zu sein: Als sei alles Schöne unwiderruflich dahin.
    »Wenn Ihr ebenso eine Boleyn wart, warum habt Ihr dann gegen die beiden ausgesagt?«, fragt die Königin.
    Ihre unvermittelte Anschuldigung erschreckt mich so, dass mir die Luft wegbleibt. Ich starre sie entsetzt an. »Wo habt Ihr das gehört? Warum sprecht Ihr davon?«
    »Catherine Carey hat es mir erzählt«, sagt sie in einem Ton, als sei es vollkommen normal, dass zwei blutjunge Mädchen über Verrat und Inzest und Tod sprechen. »Sie hat erzählt, Ihr hättet gegen Euren Ehemann und Eure Schwägerin ausgesagt. Ihr hättet Beweise geliefert, dass sie ein Liebespaar waren und den König verraten haben.«
    »Nein«, flüstere ich. »Das habe ich nicht getan.« Ich kann es nicht ertragen, dass dies ausgesprochen wird. Ich selbst denke nie daran, und ich will auch heute nicht daran erinnert werden. »So war es nicht«, widerspreche ich. »Ihr versteht das nicht, weil Ihr ein junges Mädchen seid. Ihr wart damals noch ein Kind. Ich habe versucht, ihn zu retten, ich habe versucht, sie zu retten. Es war ein kluger Plan, den Euer Onkel sich ausgedacht hatte. Er scheiterte, aber er hätte Erfolg haben müssen. Ich hatte geglaubt, George durch meine Aussage retten zu können, aber es kam alles anders.«
    »War es wirklich so?«
    »Es hat mir das Herz zerrissen!«, rufe ich in meinem Schmerz aus. »Ich versuchte, ihn zu retten, ich liebte ihn, ich hätte alles für ihn getan.«
    Ihr hübsches junges Gesicht ist voller Mitleid. »Ihr wolltet

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