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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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zugehe. Ich trage ein breites, glückliches Lächeln auf dem Gesicht, und ich schließe die Augen, damit ich ihn nicht ansehen muss. Seinen Geruch und seine Berührung muss ich zwar ertragen, aber ich kann dafür sorgen, dass ich nicht an ihn denke, während ich meiner Pflicht nachkomme. Und dann liege ich neben ihm und warte, bis sein leises, zufriedenes Schnaufen in pfeifendes Schnarchen übergegangen ist.

 
 
J ANE B OLEYN , A MPTHILL , O KTOBER 1541
 
    Ihre Regel kam eine Woche zu spät, aber das entmutigte mich nicht allzu sehr. Die bloße Möglichkeit einer Schwangerschaft reichte, um den König verliebter denn je zu machen, und Katherine hat ein für alle Mal begriffen, dass Thomas Culpepper, obwohl die Sonne nur für ihn scheint, nicht unbedingt in jedes kleine Geheimnis eingeweiht werden muss.
    Sie hat sich ohnedies auf dieser Sommerreise sehr gut benommen: Selbst wenn sie gelangweilt war und nicht zuhörte, brachte sie ein freundliches Lächeln zustande. Und sie hat es sich angewöhnt, dem König mit ein paar Schritten Abstand zu folgen und dabei den Anschein bescheidenen Gehorsams aufrechtzuerhalten. Sie bedient ihn im Bett wie eine Dirne, und sie sitzt beim Dinner neben ihm und zuckt nicht mit der Wimper, wenn er einen Wind abgehen lässt oder rülpst. Sie ist ein eigensüchtiges und dummes Mädchen, aber mit der Zeit könnte sie eine ganz passable Königin werden. Wenn sie ein Kind empfängt und England einen Sohn und Erben schenkt, dann könnte sie sogar lange genug leben, um eines Tages eine geliebte Königin zu werden.
    Der König jedenfalls ist verrückt nach ihr. Seine Nachsicht erleichtert uns die Aufgabe, Culpepper in ihre Schlafkammer einzuschleusen, ungemein. Auf Burg Pontefract erlebten wir eine schlimme Nacht, als der König Sir Anthony Denny unangemeldet in ihre Gemächer schickte und sie mit Culpepper zusammen eingeschlossen war. Denny rüttelte an der Tür und ging dann wieder, ohne ein Wort darüber zu verlieren. In einer anderen Nacht wurde der König wach, während sie im Nebenzimmer zugange waren, und Katherine musste aufstehen und zu ihrem alten Ehegespons eilen, noch feucht von den Küssen ihres Liebhabers. Hätte es in ihrem Schlafgemach nicht so nach den Winden des Königs gestunken, dann hätte er den Braten vermutlich gerochen. In Grafton Regis trieben es die beiden Liebenden auf dem Plumpsklo: Culpepper kroch die Treppe zu dem Örtchen mit den steinernen Wänden empor, das über dem Stadtgraben hängt, während sie ihren Damen vormachte, ihr sei übel und sie wolle allein sein. Und so verbrachte das Pärchen heftig vögelnd den Nachmittag, während wir Übrigen eifrig Schlaftrünke aus heißer Milch und Wein brauten. Wenn es nicht so gefährlich wäre, könnte man sich geradezu totlachen.
    Ich lache jedoch nicht. Ich denke an meinen Mann und dessen Schwester, und jegliches Lachen erstirbt in meinem Mund. Ich erinnere mich, wie er ihr versprach, sie durch alle Fährnisse zu begleiten. Ich erinnere mich an ihre verzweifelten Versuche, einen Sohn zu empfangen, weil sie glaubte, dass Heinrich keinen Erben mehr zustande bringen würde. Ich stelle mir den unheiligen Pakt vor, den die beiden vermutlich geschlossen haben. Und dann fällt mir ein, dass dies alles durchaus meiner Angst und meiner Fantasie entsprungen sein kann und dass es in Wirklichkeit gar nicht so war. Das Schlimmste am Tod der beiden ist, dass ich nun nie mehr erfahren werde, was wirklich passiert ist. In all diesen Jahren habe ich ihre Taten und die Rolle, die ich dabei spielte, nur ertragen, indem ich mir jeden Gedanken daran verbot. Ich spreche auch nicht darüber, und niemand spricht in meinem Beisein darüber. Es ist, als hätten die beiden nie existiert. Anders kann ich es nicht ertragen: die Tatsache, dass ich lebe, sie aber gestorben sind.
    »Als sie Königin Anne damals des Hochverrats angeklagt haben - war damit eigentlich Ehebruch gemeint?«, fragt Katherine.
    Diese Frage, die so genau meine eigenen Gedanken trifft, ist wie ein Messerstich. »Wie meint Ihr das?«, frage ich vorsichtig.
    Wir reiten von Collyweston nach Ampthill, es ist ein heller, kalter Oktobermorgen. Der König reitet weit voraus, er liefert sich ein Wettrennen mit den jungen Höflingen und meint zu gewinnen, denn sie halten ihre Pferde zurück, auch Thomas Culpepper. Katherine lässt ihre graue Stute langsam hinterhertrotten, und ich reite neben ihr auf einem der Howardschen Jagdpferde. Die Übrigen sind zurückgefallen, um in Ruhe zu

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