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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Liebende fühlen. Vielleicht würde er sogar lachen und versprechen, dass ich nach Beendigung unserer Ehe Thomas heiraten darf! Vielleicht gibt er uns seinen Segen. Er hat doch bereits Menschen vergeben und besonders seinen Günstlingen. Ich bin ja nicht Margaret Douglas, die ohne seine Erlaubnis geheiratet hat! Ich habe mich ihm ja nicht widersetzt. Das würde ich nie tun.
    Mein Gott, sie muss geglaubt haben, dass sie hier sterben würde! Ich bin erst seit wenigen Tagen hier und spüre bereits das Bedürfnis, meinen Namen in die Mauern zu ritzen. Die Zimmer gehen auf schmale, lange Gärten hinaus, und ich sehe den Sonnenschein auf dem blassen Gras. Dies war einst ein Kloster, und die Nonnen, die hier lebten, waren ob der Strenge ihrer Klosterregel und der Schönheit ihres Gesangs der Stolz Englands. Zumindest sagt Lady Baynton das. Aber der König vertrieb die Nonnen und nahm das Kloster in Besitz. Deshalb ist das Gefühl geblieben, als wohnte man in einer Kirche, und ich könnte schwören, dass dieser Ort von traurigen Geistern bewohnt wird. Es ist kein Ort für mich. Immerhin bin ich die Königin von England, und wenn schon nicht das, dann immerhin Katherine Howard und Mitglied einer der vornehmsten Familien des Reiches. Einer Howard kommt stets eine besondere Behandlung zu.
    Dann werde ich mal überlegen, ich muss mich irgendwie aufheitern. Also: Was habe ich? Sechs Kleider, und das ist nicht sehr viel, und alle in sehr düsteren Farben, Farben für alte Frauen. Zwei Zimmer zum eigenen Gebrauch und einen kleinen Haushalt für meine Bedienung, also geht es mir doch ein klein wenig besser als Mistress Katherine Howard in Lambeth. Ich habe einen Mann, der mich liebt und den ich von ganzem Herzen wiederliebe, und es besteht die sehr große Möglichkeit, dass ich freigelassen werde, um ihn zu heiraten, glaube ich. Ich habe in Lady Rochford eine sehr treue Freundin, die zu meinen Gunsten aussagen wird, und Tom würde sterben, um mich zu beschützen. Also muss ich nur, wenn der Erzbischof wiederkommt, weiterhin Dinge mit Francis Dereham und Henry Manox gestehen und kein Wort über Tom sagen. Das kann ich. Selbst ein dummes Ding wie ich bringt das zuwege. Und dann werden sich meine ganzen Sorgen in nichts auflösen, und wenn ich das nächste Mal meine Besitztümer zähle, habe ich wieder viele schöne Dinge. Daran zweifele ich nicht. Daran zweifele ich überhaupt nicht.
    Doch während ich mir beruhigend zurede, strömen mir die Tränen aus den Augen, und ich kann nicht aufhören zu schluchzen. Ich kann einfach nicht aufhören, obwohl ich doch weiß, dass es Hoffnung gibt. Wirklich, die Dinge stehen doch gar nicht so schlecht - nur ich kann nicht aufhören zu weinen.

 
 
J ANE B OLEYN , T OWER , L ONDON , N OVEMBER 1541
 
    Ich habe solche Angst, dass ich befürchte, wirklich verrückt zu werden. Sie stellen mir immer wieder Fragen über Katherine und diesen Dummkopf Dereham, und zuerst glaubte ich, ich könnte einfach alles abstreiten. Ich war damals in Lambeth nicht dabei, und ich weiß genau, dass ihre Affäre danach beendet war. Also konnte ich guten Gewissens alles erzählen, was ich darüber wusste. Aber als das große, hölzerne Tor krachend hinter mir zuschlug und der Schatten des Towers auf mich fiel, verspürte ich ein nie gekanntes Entsetzen.
    Die Geister, die mich seit jenem Maitag verfolgen, nehmen mich nun vollends in Besitz. Ich wandle nun auf ihren Spuren, ich spüre den eisigen Schauer derselben Mauern, kenne die gleiche Furcht, empfinde die gleiche Todesangst.
    Mein Gott, so muss er empfunden haben, mein geliebter George. Auch er hat das Krachen des großen Tores gehört, und die steinerne Masse des Towers hat ihm den Blick auf den Himmel genommen. Er betrat den Tower im Bewusstsein, dass seine Freunde und seine Feinde irgendwo in diesen Mauern eingesperrt waren und das Blaue vom Himmel herunterlogen, um sich zu retten und ihm alle Schuld zuzuschieben. Und nun bin ich hier, gehe dort, wo er einst ging, fühle, was er einst fühlte, und fürchte mich wie er.
    Sollten Cranmer und seine Inquisitoren sich auf Katherines Mädchenzeit in Lambeth beschränken, dann haben sie bereits genug für ein Urteil an der Hand. Warum sollten sie mehr benötigen? Wenn sie sich auf Katherines Affären mit Manox und Dereham beschränken, brauchen sie von mir keine Aussage mehr. Also sollte ich nichts zu fürchten haben. Aber wenn dem so ist: Warum werde ich dann gefangen gehalten?
    Mein Kerker ist eng, der Boden ist aus

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