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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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besitze sechs Paar Ärmel, sechs einfache Röcke und sechs Kleider, in Marineblau, Schwarz, Dunkelgrün und Grau. Ich besitze überhaupt keinen Schmuck mehr, ich habe nichts zum Spielen. Selbst mein Kätzchen haben sie mir genommen. Alles, was der König mir einst schenkte, ist von Sir Thomas Seymour - ein Seymour! Nimmt einer Howard die Sachen fort! Ob das wohl geduldet wird? - aus meinen Gemächern abgeholt worden, um es dem König zurückzugeben. Wie sich herausstellt, haben all die schönen Dinge, die ich früher aufgezählt habe, gar nicht mir gehört. Sie waren nur Leihgaben und keine Geschenke.
    Ich habe drei Zimmer mit sehr schäbigen Wandteppichen. Meine Diener wohnen in einem der Zimmer, und ich wohne mit meiner Halbschwester Isabel, mit Lady Baynton und zwei anderen Damen in den beiden anderen Zimmern. Keine von ihnen spricht mit mir, weil sie böse auf mich sind. Mein schlechtes Benehmen hat sie in diese Lage gebracht, und Isabel wurde aufgetragen, mich zur Einsicht in meine Sünden zu bringen. Ich muss schon sagen: Was für eine erbärmliche Gesellschaft auf beengtem Raum!
    Mein Beichtvater wartet darauf, dass ich ihn rufe. Als wäre ich so dumm und würde mich selbst an den Galgen bringen, indem ich ihm beichte, was ich vor allen anderen verleugnet habe! Zweimal am Tag schimpft Isabel mit mir, als wäre ich ihre Zofe.
    Ich habe ein paar Gebetbücher und eine Bibel. Ich habe etwas zu nähen, Hemden für die Armen - müssten die nicht allmählich genug Hemden haben? Ich habe keine Pagen mehr, keine Höflinge, keine Spaßmacher, weder Musikanten noch Sänger. Selbst meine Schoßhunde haben sie mir weggenommen, und ich weiß, dass sie sich grämen und nicht mehr fressen werden.
    Alle meine Freunde sind fort. Mein Onkel löste sich auf wie Morgennebel, und die meisten Angehörigen meines Haushaltes - Lady Rochford und Francis Dereham, Katherine Tylney und Joan Bulmer, Margaret Morton und Agnes Restwold - sind im Tower und werden verhört.
    Aber es kommt noch schlimmer: Heute habe ich gehört, dass sie auch Thomas Culpepper in den Tower gebracht haben. Mein armer, schöner Thomas! Allein der Gedanke, dass er von einem hässlichen Mann in Waffen verhaftet wird, ist furchtbar, aber die Vorstellung, dass mein Thomas nun verhört wird, zwingt mich auf die Knie, und ich bohre mein Gesicht in den rauen Stoff meiner Bettdecke und weine. Wären wir doch nur geflohen, sobald wir unsere Liebe zueinander entdeckten! Hätten wir uns doch kennengelernt, als ich noch ein Mädchen im Hause meiner Großmutter war, bevor ich an den Hof kam! Hätte ich ihm doch, gleich als ich an den Hof kam, gesagt, dass ich die Seine bin ...
    »Wünscht Ihr einen Beichtvater?«, fragt Lady Baynton kühl, als sie mich weinend vorfindet. Bestimmt haben sie ihr aufgetragen, das zu sagen. Sie wollen, dass ich zusammenbreche und alles verrate.
    »Nein«, entgegne ich rasch. »Ich habe nichts zu beichten.«
    Entsetzlich ist auch, dass Lady Margaret Douglas in diesen Zimmern eingesperrt war, weil sie das Verbrechen begangen hatte, sich zu verlieben. Stellt euch das vor! Sie war hier, genau hier. Wie ich wanderte sie ruhelos zwischen den Zimmern hin und her. Sie wurde gefangen gehalten, weil sie einen Mann liebte. Sie wusste weder, wie die Anklage lautete, noch, wie das Urteil ausfallen würde. Ganz allein war sie hier, in Ungnade gefallen, dreizehn Monate lang, immer hoffend, dass der König ihr vergeben würde, voller Bangen vor der Zukunft. Erst vor wenigen Tagen verließ sie die Abtei Syon, um Platz für mich zu machen, und sie haben sie nach Kenninghall gebracht, wo sie wieder gefangen sitzt, bis der König ihr verzeiht - falls er ihr verzeiht.
    Ich denke an sie, diese junge Frau, nur wenig älter als ich, eingesperrt und allein wie ich, eingekerkert für das Verbrechen, einen Mann zu lieben, der auch sie liebte. Ich wünsche mir jetzt, ich wäre vor dem König auf die Knie gefallen und hätte ihn um Gnade für sie angefleht. Aber wie hätte ich ahnen sollen, dass ich eines Tages in derselben Lage sein würde? In denselben Zimmern? Unter einem ähnlichen Verdacht stehend? Ich wünschte, ich hätte dem König gesagt, dass sie nur jung ist und ein bisschen dumm und dass sie den Rat erfahrener Menschen braucht, nicht jedoch Verhaftung und Strafe. Aber ich habe mich nicht für sie verwendet und auch nicht für die arme Margaret Pole. Ich habe für keine der armen Seelen, die in Smithfield hingerichtet wurden, beim König ein gutes Wort eingelegt.

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