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Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance

Titel: Das Erbe der Königin - Gregory, P: Erbe der Königin - The Boleyn Inheritance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Sie zeigt auf sich und sagt: »Jane Boleyn«, und dann fügt sie sehr langsam und deutlich hinzu: »Ich werde Eure Freundin sein.«
    Und ich verstehe. Sie hat ein warmes Lächeln und ein ehrliches Gesicht. Mir wird klar, dass sie meint, sie wolle mir eine Freundin sein, und der Gedanke an eine Freundin, der ich inmitten dieser Heerschar neuer Leute und Gesichter vertrauen kann, schafft mir einen Kloß im Hals. Ich unterdrücke die Tränen und strecke ihr meine Hand entgegen, als wäre ich eine einfache Bäuerin auf dem Markt.
    »Boleyn?«, bringe ich heraus.
    »Ja«, erwidert sie und nimmt meine heiße Hand in ihre kühle. »Und ich weiß genau, wie erschreckend es ist, Königin von England zu werden. Wer sollte besser wissen als ich, wie schwer das wird? Also werde ich Eure Freundin sein«, wiederholt sie. »Ihr könnt mir vertrauen.« Und sie schüttelt mir warm die Hand, und ich glaube ihr, und wir lächeln beide.

 
 
J ANE B OLEYN , C ALAIS , D EZEMBER 1539
 
    Sie wird ihm niemals gefallen, das arme Kind, in diesem Leben nicht und nicht in tausend Jahren. Ich bin erstaunt, dass seine Gesandten ihn nicht gewarnt haben, aber sie haben wohl nur das Bündnis gegen Frankreich und Spanien im Auge gehabt, das Bündnis der Protestanten gegen die katholischen Herrscher, und nicht an König Heinrichs Geschmack in Bezug auf Frauen gedacht.
    Nichts könnte sie tun, um die Art Frau zu werden, die ihm gefällt. Er mag schlagfertige, hold lächelnde Frauen, Frauen mit einem viel versprechenden Benehmen. Selbst die ruhige und gehorsame Jane Seymour strahlte eine Willfährigkeit aus, die sinnliche Freuden versprach. Aber Anna von Kleve ist wie ein Kind, ein tapsiges Kind mit dem ehrlichen Blick und dem arglosen Lächeln eines Kindes. Sie freut sich kindlich, wenn sich jemand tief vor ihr verneigt, und als sie die Schiffe im Hafen erblickte, schien sie vor Freude in die Hände klatschen zu wollen. Wenn sie müde oder von Eindrücken überwältigt ist, wird sie blass und sieht aus, als wolle sie gleich anfangen zu weinen. Wenn sie Angst hat, rötet sich ihre Nase wie bei einem verschnupften Bauern. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte es eine herrliche Burleske sein, dass ausgerechnet dieses tapsige Mädchen in die diamantenbesetzten Schuhe der Anne Boleyn steigt. Was haben sie sich nur dabei gedacht, als sie Anna von Kleve auswählten?
    Aber ihre Unbeholfenheit liefert mir den Schlüssel zu ihrem Wesen. Ich kann ihr eine Freundin sein, eine beste Freundin und Vertraute. Sie wird eine Freundin brauchen, das arme, verlorene Mädchen, sie wird eine Freundin brauchen, die sich an einem Hof wie dem unsrigen auskennt. Ich kann ihr alles erklären, was sie wissen muss, kann sie alle Kniffe lehren. Wer sollte das auch besser können als ich, die ich inmitten des prächtigsten Hofes Englands gelebt habe und diesen in Flammen aufgehen sah? Wer sollte eine Königin besser schützen können als ich, die ich zusehen musste, wie eine Königin ihren Ruin herbeiführte und ihre Familie mit ins Verderben riss? Ich habe gelobt, dieser neuen Königin eine Freundin zu sein, und ich kann dieses Versprechen halten. Sie ist noch jung, erst vierundzwanzig, aber sie wird klüger werden. Sie ist unwissend, aber sie kann belehrt werden. Sie ist unerfahren, aber das Leben wird sie erfahren machen. Ich kann viel tun für diese wunderliche junge Frau, und es wird eine wahre Freude und eine einzigartige Gelegenheit sein, für sie Führerin und Mentorin zu spielen.

 
 
K ATHERINE , N ORFOLK H OUSE , L AMBETH , D EZEMBER 1539
 
    Mein Onkel kommt meine Großmutter besuchen, und ich muss bereit sein, falls er nach mir schickt. Wir alle wissen, was gespielt wird, aber ich bin so aufgeregt, als wäre mir noch eine Überraschung gewiss. Ich habe fleißig geübt, wie ich ihn begrüßen werde. Ich habe geübt, wie ich ihn anschauen werde, zuerst überrascht und dann voll seliger Freude, sobald er die wunderbare Neuigkeit ausspricht. Die Vorbereitungen machen mir Spaß, und ich probe mit Agnes und Joan in der Rolle meines Onkels, bis ich jeden Schritt exakt beherrsche und auf die Minute pünktlich meinen Knicks mache und einen leisen Ausruf der Freude loslasse.
    Die Mädchen sind krank vor Neid, als hätten sie zu viele unreife Äpfel gegessen. Ich aber sage, dass das ja nur vorauszusehen war. Schließlich bin ich eine Howard. Es ist ganz natürlich, dass ich an den Hof gerufen werde, während sie leider hierbleiben müssen. Zu traurig, aber das ist nun mal

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